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Asienhaus-Rundbrief 10/2005, 22.6.2005

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In Kürze:
1) Vorankündigung: Focus Asien 22: Wiederaufbau und soziale Konflikte nach dem Tsunami in Südthailand 
2) 8.- 9. 7., Passau: Katastrophen und ihre Bewältigung

3.) Phuket: "Alternativer Tourismus" oder "Alternativen zum Tourismus"

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ad 1) Vorankündigung: Wiederaufbau und soziale Konflikte nach dem Tsunami in Südthailand
Bestellung an: vertrieb@asienhaus.de, Inhaltsverzeichnis 

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Ab dem  29. Juni ist die Ausgabe von Focus Asien 22 erhältlich. Sie befaßt sich mit dem Wiederaufbau und sozialen Konflikten in Südthailand nach dem Tsunami. Sie wurde im Auftrag des Asienhauses durch "Fernweh - Forum Tourismus & Kritik im iz3w. Das vollständige Inhaltsverzeichnis können Sie jetzt schon einsehen. In Kürze werden weitere Broschüren erscheinen, die sich mit der Situation in Sri Lanka und ACEH sowie den politischen, sozialen und ökologischen Dimensionen des Tsunami befassen.

Die Broschüre ist zum Preis von 3 Euro (plus Versandkosten) zu bestellen bei vertrieb@asienhaus.de

ad 2) Passau, 8.-9.7.: Workshop "Katastrophen und ihre Bewältigung"
Programm, Kontakt: MarioWilhelm@gmx.net 

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Der Workshop zum Thema „Katastrophen und deren Bewältigung: Eine Herausforderung an Wissenschaft und Praxis“ an der Universität Passau soll hierzu eine Möglichkeit des Dialogs zwischen Wissenschaft, NGOs und Entwicklungsorganisationen bieten.

Die wissenschaftliche Betrachtung von Katastrophen in Entwicklungsländern spielt in der Katastrophenforschung - bedingt durch Sprachbarrieren, kulturelle Unterschiede und eine geringe wissenschaftliche Dichte in diesen Ländern - nur eine Nebenrolle. Auch über die entwicklungspolitischen Implikationen von Katastrophen ist wenig bekannt. Der Tsunami in Süd- und Südostasien ist deshalb eine doppelte Herausforderung; sowohl für die Katastrophenforschung als auch für die Entwicklungspolitik.

Beide Aspekte kommen im Wiederaufbauprozess mit der Frage zusammen, wie sich Wiederaufbauprozesse analysieren und Hilfsmaßnahmen praktisch umsetzen lassen.

ad 3) "Alternativer Tourismus" oder "Alternativen zum Tourismus"
von Steffen Schülein, email: fernweh@iz3w.org 

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Im Rahmen der Informationsarbeit zu den Folgen des Tsunamis ist ab 29. Juni eine Broschüre zu der Situation in Phuket/Thailand erhältlich. Sie erscheint als Focus Asien 22 und ist für das Asienhaus durch "Fernweh - Forum Tourismus & Kritik im iz3w" erstellt worden. Unter anderem erhält die Broschüre den hier wiedergegebenen Artikel "Alternativer Tourismus" oder "Alternativen zum Tourismus" von Steffen Schülein. Das vollständige Inhaltsverzeichnis der Broschüre finden Sie hier.

Es scheint, als ob die Tsunami-Katastrophe die dünne Schicht des Gewohnten weggespült und die konfliktreichen Interessen all der verschiedenen betroffenen Gruppen an Tageslicht gebracht hätte“, schreibt eine Gruppe, die sich „Tsunami-Überlebende und UnterstützerInnen“ nennt. Diese Einschätzung gilt nicht nur für Thailand, sondern auch für Indonesien und Sri Lanka. Gemeint sind in erster Linie die Konflikte um Ressourcen, die bereits vor dem Tsunami schwelten, durch die Katastrophe aber zugespitzt wurden.  

Dies gilt insbesondere auch für die ökologischen und sozioökonomischen Folgen des Tourismus. Hier stehen sich die Perspektiven eines ‚Alternativen Tourismus’ oder aber von ‚Alternativen zum Tourismus’ gegenüber. Am Beispiel der Kleinfischerei  soll ein Blick auf eher traditionelle „Livelihoods“ und ihr Verhältnis zum Tourismus geworfen werden.

Traditionelle Ökonomien & Wiederaufbau 

„Tourismus ist nicht das einzige Problem, das wir haben“, brachte Amara Pongsapit, die Dekanin der Fakultät für Politikwissenschaft der Chulalongkorn Universität, ihre Kritik an den Prioritäten der thailändischen Regierung auf den Punkt. In den vom Tsunami betroffenen Provinzen lebte ein großer Teil der Bevölkerung nicht vom Tourismus, sondern von Fischfang, Garnelenzucht oder Landwirtschaft (sieht man einmal von den Städten ab). Besonders in touristisch wenig erschlossenen Regionen, beispielsweise in der Phang Nga Bucht, sind diese wirtschaftlichen Aktivitäten weit verbreitet. Die Flutwelle hat dort vor allem Fischerboote und die Fischereiausrüstung zerstört, Reisfelder versalzt oder mit Sand überspült und Häuser weggerissen. Das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) schätzt, dass in 500 Dörfern ca. 120.000 Menschen ihre Lebensgrundlage verloren haben und über 7.000 Fischerboote zerstört wurden.

Laut Pongsapit ist die Regierungsunterstützung der lokalen Bevölkerung nicht nur unzureichend und stellenweise überhaupt nicht vorhanden, sondern sogar kontraproduktiv, da sie die Grundbedürfnisse der Betroffenen nicht berücksichtige. So seien die neugebauten Häuser vielfach zu klein. Die DorfbewohnerInnen durften lediglich zwischen zwei Modellen auswählen: vier mal vier Meter oder sechs mal sechs Meter. Weitere Mitbestimmungsmöglichkeiten habe es nicht gegeben, und die Häuser hätten nicht einmal ein Abwassersystem, beschwerten sich die DorfbewohnerInnen. Viele Fischer klagen darüber, dass die neuen Häuser viel zu weit im Landesinneren lägen und sie ohne Zugang zum Wasser ihrer Beschäftigung nicht mehr nachgehen könnten. Somit hatten sie, auch wenn die neuen Häuser vielleicht außerhalb des Bereichs einer Flutwelle lägen, ihren Lebensunterhalt verloren.

Von privaten Hilfsorganisationen seien zwar Zusagen über den Bau von neuen Fischerbooten gekommen, aber bislang sei nichts geschehen. „Dies ist unser Platz. Ich glaube nicht, dass ich einen anderen Job als Fischfang machen könnte. Das gibt mir Freiheit und Würde. Wir brauchen nur Hilfe, um unsere Häuser wieder aufzubauen und neue Boote und Ausrüstung, dann können wir wieder anfangen“, sagt Pornchai Kawnthong, ein Fischer aus Ban Nam Khem. Obwohl sein Verdienst mit 200 bis 300 Baht pro Tag nur knapp ausreicht, um seine Familie zu ernähren, möchte er sein bisheriges Leben nicht aufgeben.  

Die blinden Flecken des top-down Ansatzes für den Wiederaufbau, bei dem nationale Masterpläne für weite Teile der vom Tsunami betroffenen Gebiete ohne die Möglichkeit der Mitgestaltung der Betroffenen umgesetzt werden, lassen eine deutliche Prioritätensetzung erkennen. Traditionelle, kleinbäuerliche und an lokalen Märkten orientierte Wirtschaftsweisen wurden schon vor der Katastrophe für ein Auslaufmodell gehalten, das mit den modernen Lebenswelten der thailändischen Mittel- und Oberschicht in den Städten nicht mithalten könne. Deshalb hätten sie keine Existenzberechtigung mehr und müssten langfristig durch eine moderne, staatlich kontrollierbare und zum Wachstum beitragende Wirtschaftsweise ersetzt werden. Wegen des harten Lebens und der geringen Konsummöglichkeiten werden jenseits des formellen Sektors ausgeübte Lebensweisen gering geschätzt und als unterentwickelt abgestempelt. Im Konfliktfall, wie anlässlich der aktuellen Landstreitigkeiten, wird die Forderung der Fischer auf ein „Leben in Würde und Freiheit“ von den Regierungsbehörden als „Starrsinnigkeit der lokalen Bevölkerung“ bezeichnet.

Die „Freiheit“ der Kleinfischer zu idealisieren wäre jedoch genauso falsch wie ihnen die Existenzberechtigung abzusprechen. Ihr Status am Rande des Existenzminimums, die harte Arbeit und die Auseinandersetzung mit den Gefahren des Meeres, die Konkurrenz der billigen Importe aus der Hochseefischerei sowie die Überfischung der Küstenmeere machen das Leben als Fischer zu einem schwierigen und ökonomisch durchaus heiklen Geschäft. Viele Fischergemeinden haben aus diesem Grund ihre Beschäftigung aufgegeben, ihr Land verkauft und sind in die Städte gezogen. Dazu kommt ein wachsender Druck zur Anpassung an die Konsumorientierung der modernen Küstenstädte. Besonders für die Jüngeren ist das vermeintlich leichte und Abwechslung versprechende Leben im Tourismusgeschäft attraktiv. Es verspricht die Möglichkeit, verhältnismäßig viel Geld mit wenig körperlich harter Arbeit zu verdienen. 

Veränderung des Fischereisektors

Gleichzeitig hat sich der Fischereisektor mit der Einführung großer mechanisierter Fischkutter (Trawler) und der Durchsetzung der modernen Hochseefischerei stark verändert. Die Fangquoten nahmen zu, während die Regenerationsfähigkeit des Fischbestands aufgrund der sich verschlechternden Wasserqualität und Beschädigung der Riffe abnahm. 

Das Resultat ist eine starke Überfischung der thailändischen Gewässer. Sie brachte besonders für die Kleinfischer deutliche Fangeinbußen, da sie mit ihren kleinen, schwach motorisierten Booten keine so große Reichweite erzielten und keine elektronischen Methoden zur Ortung der Fischschwärme einsetzen konnten. Viele der traditionellen Fischer, die kein Land verkaufen konnten oder wollten, aber mit der Kleinfischerei nicht mehr überleben konnten, heuerten als Arbeiter auf den Trawlern an - wie übrigens auch viele ehemalige Arbeiter der Holz- oder Zinnbergbauindustrie, darunter ein großer Teil burmesischer Migranten. Dieser Wechsel bedeutete zwar einen Verlust der ökonomischen Eigenständigkeit und die Einordnung in ein hierarchisches Arbeitssystem, war aber auch Garant für ein monatliches Einkommen, ohne den Fischereisektor verlassen zu müssen.

Perspektive Subsistenz?

Durch das Ausbleiben der TouristInnen kehren viele der ehemaligen Tourismusbeschäftigten in primäre Sektoren zurück und versuchen dort, die Folgen der Katastrophe zu überdauern. Diejenigen, die als saisonale ArbeitsmigrantInnen im Fremdenverkehr arbeiteten, nutzen vielfach die Möglichkeit, in ihre Heimatdörfer zurückzukehren und dort über die Familie oder die Dorfgemeinschaft wieder in arbeitsintensiven, subsistenzorientierten Bereichen wie Landwirtschaft oder Fischfang Arbeit zu finden. Trotz der hier ebenfalls nicht unerheblichen Schädigungen infolge der Flutwelle bieten diese Sektoren und die weniger konkurrenzorientierten Sozialstrukturen für viele eine Überlebensperspektive, die der Tourismus nicht bieten kann, zumindest in der aktuellen Situation und vermutlich auch in der nahen Zukunft. An den meisten Orten ermöglicht die Kombination aus Reisanbau, Subsistenzfischerei und Arbeit in den Kautschukplantagen ein erträgliches Auskommen. Die Diversifizierung der Überlebensstrategien und die Orientierung an den ländlichen Sozialstrukturen mit stärkerer Gemeindeorientierung und gegenseitiger Hilfe werden in der Krise als Rückhalt genutzt. 

Periphere Lebensbereiche gelten oft als marginalisiert und ökonomisch unattraktiv, wenn nicht gar als abhängig, etwa indem Gehälter aus den modernen Wirtschaftszonen über Familienbeziehungen in die peripheren Regionen transferiert werden. Deutlich wird in dieser Situation, dass die Abhängigkeit wechselseitig ist, da die Risiken der „fortschrittlichen“ ökonomischen Sektoren wie des Tourismus von den „traditionellen“ Sektoren aufgefangen werden. Dabei ist der Tsunami auch hier ein Ereignis, das etablierte Strukturen der Abhängigkeit und Verzahnung offen legt: Aufgrund der Saisonalität des Tourismus haben schon immer Austauschbeziehungen zwischen eher subsistenzorientierten Sektoren und dem Fremdenverkehr bestanden. Solche Strukturen sind in der staatlichen Tourismusentwicklung jedoch nie gefördert, sondern im Wesentlichen zugunsten einer modernen Dienstleistungsökonomie reduziert, wenn nicht gar ausgeschaltet worden.

Tourismus und Überlebenssicherung

Im Zuge seiner schnellen Expansion hat der Tourismus die lokalen Ökonomien sehr verändert. Einerseits haben sich die materiellen Lebensbedingungen für diejenigen verbessert, die vom Wachstum des Fremdenverkehrs profitieren konnten. Andererseits hat sich durch die Entwicklung der relativ kapitalintensiven touristischen Konkurrenzökonomie der soziale Zusammenhalt der Dorfgemeinschaften nachgelassen. Es sind ökonomische Abhängigkeiten von den Ankünften der TouristInnen entstanden, die jedoch vielfach nicht beachtet oder zumindest in Kauf genommen wurden. Mit der Häufung von Krisen - der Tsunami bewirkte nach Asienkrise, SARS und Vogelgrippe nicht die erste touristische Flaute - zeigt sich, dass die starke Abhängigkeit vom Tourismus eine riskante Strategie ist. Erstens wird das Einkommen aus dem Tourismus von Krisen, Trends und Saisonalität bestimmt. Zudem gibt es wenige Ausweichstrategien, was zusammen genommen zu einer erhöhten Verwundbarkeit der Betroffenen führt. Die Fluktuationen des Fremdenverkehrs sind für die lokalen Akteure nicht kontrollierbar, sondern hängen von der Stimmung auf dem Weltreisemarkt und damit von den unberechenbaren Launen der Reisenden ab. 

All diese Faktoren schwächen die Überlebenssicherheit (livelihood security) der betroffenen Bevölkerung. Besonders die Beschäftigten des informellen Tourismussektors, die StrandhändlerInnen oder Liegenbetreiber, die illegalisierten DienstleisterInnen und burmesischen MigrantInnen, werden in der Krise nicht nur durch das Ausbleiben der TouristInnen geschädigt, sondern auch durch die Restrukturierungen des Wiederaufbaus marginalisiert. 

Die Reduzierung des Landbesitzes der lokalen Bevölkerung durch Land-Aufkäufe hat sowohl den natürlichen Küstenschutz als auch das landwirtschaftlich nutzbare Land vermindert (siehe 1.1). Die Ressourcen für subsistenzorientierte Beschäftigungen schwinden auch nach dem Tsunami bedenklich. Dies liegt einerseits an den fortschreitenden Enteignungen durch die Tourismusförderung, aber vor allem auch daran, dass der Wiederaufbau der Dörfer und der Bau der Boote viele Ressourcen verschlingt. Vor allem Holz wird in so großen Mengen benötigt, dass die Asia Pacific Fisheries Commission (apfic) einen drohenden Kahlschlag der verbliebenen Wälder befürchtet, wenn nicht der Wiederaufbau gebremst und in nachhaltige Bahnen gelenkt wird. 

Chancen für alternativen Tourismus?

Die Spielräume für alternativen Tourismus sind in Thailand relativ eng und es gibt nur wenige Projekte zur Förderung eines sozialverträglicheren Tourismus. Die Chancen für eine nachhaltige Entwicklung nach dem Tsunami, die besonders von UmweltschützerInnen propagiert wurde, sind bereits von der Realität des Wiederaufbaus überrollt worden (siehe 3.1). Die partizipative Entwicklung eines Tourismusangebots, in dem die natürlichen Ressourcen nicht übernutzt, die Anzahl der TouristInnen stark begrenzt und die Gewinne zum Nutzen aller Gemeindemitglieder verteilt werden, ist ein äußerst ambitioniertes Unterfangen. Auch die Erwartung, dass sich die Reisenden respektvoll verhalten, gehört hierzu.

In Thailand gibt es bereits ein bekanntes, so genanntes gemeindebasiertes Tourismus-Projekt (Community-Based Tourism), das die Umsetzung dieser Ziele versucht: das von National Geographic preisgekrönte Projekt REST (Responsible Ecological Social Tours Project). In diesem Projekt versucht eine NGO in einigen Fischerdörfern die traditionelle Beschäftigung mit einem respektvollen, weniger umweltschädlichen Tourismus zu kombinieren. Das Angebot richtet sich an Gäste, die „nicht kommen, um den perfektesten Strand“ zu sehen, sondern um „sich mit den lokalen Gemeinden auszutauschen und von ihnen zu lernen“, wirbt REST. Auch nach dem Tsunami sei „die Kultur und der Lebensstil der südthailändischen Fischer ein attraktives Argument für eine Reise“. 

Selbstverständlich wollen Fischergemeinden sich über die Entwicklung eines touristischen Angebots zusätzliche Einnahmen erschließen. Doch bleibt der Erfolg aus mehreren Gründen fraglich. Nach dem Tsunami blieben auch bei REST die BesucherInnen und damit die Einnahmen aus, obwohl die Projektdörfer nicht direkt von der Flutwelle betroffen waren. Die Hoffnung auf die größere Kundenbindung verantwortungsvollerer Reisender im gemeinde- basierten Tourismus wurde enttäuscht. Das Marketing der gemeindebasierten Tourismus- Projekte wird oftmals zur Crux, da die Vermarktung weder über die Masse noch über den Preis umgesetzt werden kann, sondern allenfalls über ein Netz von Umwelt- oder alternativen Reiseorganisationen. Ein starker Anstieg der Touristenzahlen würde wiederum die Sozialverträglichkeit gefährden. 

Die Werbung von REST setzt auf das exotische Bild von der „Kultur der traditionellen Fischerei“, die für die TouristInnen authentisch präsentiert wird, während gleichzeitig ein „Voneinander-Lernen“ propagiert wird, das eigentlich dieses Bild hinterfragen müsste. „Nun haben unsere lokalen Fischer-Freunde noch mehr Geschichten zu erzählen“, heißt es in einem Bericht der Organisation. Das Zusammenbringen von Erholungs- und Erlebniswert auf der einen und moralischer Helfer-Motivation auf der anderen Seite ist jedoch problematisch. 

Nicht nur bei REST machen die Einnahmen aus dem Tourismus nur einen geringen Teil der Versorgung der Gemeindemitglieder aus. Auch bei dem überwiegenden Teil der anderen „alternativen“ Tourismusprojekte weltweit wird die lokale Ökonomie in diesen Projekten von Aktivitäten wie Fischfang oder Landwirtschaft getragen. Dennoch wird der Tourismusaspekt dieser Projekte in der internationalen Öffentlichkeit überproportional herausgestellt, ohne ihre Widersprüche und Begrenzungen zu benennen. Es drängt sich die Frage auf, ob diese vereinzelten Best Practice-Beispiele nicht für die ökologische und soziale Schönfärberei der Tourismusbranche instrumentalisiert werden. Eine großflächige Reform des existierenden Tourismus ist angesichts der weiterbestehenden Strukturen und der mangelnden Umsetzung sozialer und ökologischer Verbesserungen nicht zu erkennen. Der gemeindebasierte Tourismus kann insofern vor allem als Konzept für vereinzelte Modellprojekte oder als Nischenprodukt für anspruchsvollere Reisende bezeichnet werden.

Die Berücksichtigung der Verflechtungen und gegenseitigen Abhängigkeiten von modernen und traditionellen Sektoren und die Suche nach Alternativen zum Tourismus erscheinen angesichts der Krisenanfälligkeit des Tourismus wichtiger denn je. Denn durch den aktuellen politischen Fokus auf die Tourismusentwicklung werden die Verfügungsrechte der lokalen Bevölkerung über die natürlichen Ressourcen zunehmend eingeschränkt. Es bleibt die Befürchtung, dass sich die sozialen Spannungen und Konflikte multiplizieren werden.

 

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