Asienhaus-Rundbrief 23/2003, 1.8.2003

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In Kürze:
1.) Erinnerung: Bitte um Feedback zum Asienhaus-Rundbrief 
2.) China-Arbeitsgruppe im Asienhaus in Vorbereitung
3.) VCD zur Arbeit der malaysischen Menschenrechtsorganisation SUARAM erhältlich
4.) Kristin Kupfer: Proteste gegen neue Sicherheitsgesetze in Hongkong
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Tagungsprogramm: "Soziale Folgen der Globalisierung in Asien", 8.-10.10.2003
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ad 1) Erinnerung: Bitte um Feedback zum Asienhaus-Rundbrief
Kontakt: klaus.fritsche@asienhaus.de

Bitte nehmen Sie sich  - wenn noch nicht geschehen - drei Minuten, um uns ein Feedback zum Asienhaus-Rundbrief zu geben. Nach Ausfüllen des Fragebogens erhalten Sie sofort einen Blick auf den Stand der Befragung. Bitte gehen Sie zu
www.asienhaus.de/angebote/ah-leserumfrage.htm.

Wie schon im letzten Asienhaus-Rundbrief ausgeführt, dient diese Umfrage dazu, den Rundbrief weiter zu verbessern und auf die Bedürfnisse und Interessen der Leser abzustimmen. 

ad 2) China-Arbeitsgruppe im Asienhaus in Vorbereitung
Kontakt: chinaag@asienhaus.de

Die Entwicklung der Arbeit des Asienhauses zu China nimmt nun konkretere Gestalt an. Unser Ziel ist es, eine kontinuierliche Arbeitsgruppe aufzubauen, die sich vor allem mit den sozialen Entwicklungen und der Entwicklung der Zivilgesellschaft in China befassen soll.

Als Auftakt planen wir für den 22. November einen Workshop, der sich mit verschiedenen Aspekten der sozialen Entwicklung in China sowie der Arbeit der geplanten Arbeitsgruppe befassen soll. Auch in die Planung des Workshops möchten wir schon Interessierte einbeziehen. Wir laden deshalb für Donnerstag, den 14. August, 17 Uhr, zu einem Treffen im Asienhaus ein, um den geplanten Workshop inhaltlich zu gestalten. Sie sind herzlich zu diesem Treffen eingeladen. Sie können aber auch per e-mail chinaag@asienhaus.de Ihre Rückmeldungen.an uns schicken. 

ad 3) VCD zur Arbeit der malaysischen Menschenrechtsorganisation SUARAM erhältlich
Bestellung
: vertrieb@asienhaus.de 

Über das Asienhaus können Sie eine VCD erhalten, in der die malaysische Menschenrechtsorganisation SUARAM über ihre Arbeit und über die Menschenrechtslage in Malaysia informiert. Der Film hat eine Länge von 20 Minuten.

Sie können die VCD zum Selbstkostenpreis von 5 Euro über den Vertrieb des Asienhauses bestellen.

ad 4) Hongkong: Proteste gegen neue Sicherheitsgesetze
Kristin Kupfer, M.A., Sektion Politik Ostasiens, Ruhr-Universität Bochum, Kontakt: kristin.kupfer@ruhr-uni-bochum.de

Am 1. Juli demonstrierten in Hongkong 500.000 Menschen gegen die Vorlage eines Gesetzentwurfes zur nationalen Sicherheit, der von weiten Teilen der Bevölkerung Hongkongs als Angriff auf politische Freiheiten und Rechte verstanden wurde. Weitere Demonstrationen folgten und führten zu Rücktritten in der Regierung. Der Gesetzentwurf wurde zurückgezogen und ein neuer Entwurf für den September angekündigt (siehe die Chronologie der Ereignisse am Ende).

Autonomie Hongkongs auf dem Prüfstand

6 Jahre sind seit der Übergabe Hongkongs an die Volksrepublik (VR) China am 1. Juli 1997 vergangen. Unter der Formel „Ein Land, zwei Systeme“ garantiert die chinesische Regierung der ehemaligen britischen Kronkolonie im Rahmen des sogenannten Hongkonger Grundgesetztes (Basic Law) weitgehende wirtschaftliche und politischen Freiheiten. Bis dato ist dieser Sonderstatus mit einigen Eintrübungen gewahrt worden. Die Ereignisse, welche sich an den Protest des 1. Juli angeschlossen haben und anschießen werden, sind ein weiterer Testfall für die Autonomie Hongkongs.

Verschärfung der Sicherheitsgesetze als Auslöser

Der Auslöser für die Demonstrationen war ein bereits im September letzten Jahres vorgelegte Gesetzesentwurf zur nationalen Sicherheit, der sich auf  Artikel 23 des Hongkonger Grundgesetzes bezieht. Nach diesem Entwurf sollen u.a. aufrührerische Aktivitäten, der Diebstahl von Staatsgeheimnissen sowie ausländische politische Organisationen und solche Gruppen, die bereits in der VRC für illegal erklärt worden sind, strafrechtlich verfolgt werden. Die Definition dieser Kategorien sind vage gehalten und somit willkürlich auslegbar. Neben den Inhalten des Gesetzesentwurfes sorgte zudem der forcierte Konsultationsprozess für Unmut unter der Hongkonger Bevölkerung. 

Die große Beteiligung an den Protesten ist nicht nur mit einem tief verwurzelten Bewusstsein für politische Freiheiten und Rechte, sondern auch mit einer wachsenden Unzufriedenheit gegenüber der Regierung von Tung Chee-hwa zu erklären. Insbesondere die desolate Wirtschaftspolitik, welche die Arbeitslosenquote auf 8,6% klettern ließ, sowie ein schwerfälliger und intransparenter Beamtenapparat haben die Hongkonger Führung in den Augen der Bevölkerung diskreditiert. Die Zustimmungsrate für Regierungschef (Chief Executive) Tung ist im Juli auf 38,9% gesunken, über zwei Drittel der Bevölkerung zeigen sich unzufrieden mit der Regierung. 

Breite Protestbewegung formiert sich

Der Unmut gegenüber dem Gesetzesentwurf und der Regierung hat eine breite Protestbewegung auf die Beine gebracht, welche Oppositionspolitiker innerhalb der Legislativversammlung (kurz: LegCo), politische Aktivisten, zahlreiche Nichtregierungsorganisationen (NROs) aus verschiedenen Sektoren und ausländische Organisationen wie Amnesty International vereint. Neben dem gemeinsamen Ziel, den Entwurf zu verhindern, gehen die Meinungen über weitere politische Forderungen jedoch auseinander. In Strategiefragen dominiert bis dato die Civil Human Rights Front (CHRF), zu der sich im September letzten Jahres 45 NROs zusammen geschlossen hatten. Als Organisator der Proteste hat die CHRF das Datum des 1. Juli, an dem der chinesische Ministerpräsident Wen Jiabao zu Feierlichkeiten in Hongkong weilte, sicherlich nicht zufällig gewählt. Jedoch hat man bewusst auf kritische Äußerungen gegenüber Beijing verzichtet, um die chinesische Regierung nicht zu provozieren. Die Erinnerung an das Tiananmen-Massaker sitzt tief. Durch die temporäre Aussetzung von Demonstrationen nach dem 13. Juli, zu der sich aktuell auch Gruppen mit weitreichenderen politischen Forderungen bekennen, räumt man sowohl Tung als auch Beijing Zeit und Spielraum ein. Es bleibt abzuwarten, in wie weit sich diese Strategie innerhalb der Protestbewegung weiterhin durchsetzen kann.  

Sorgen in Beijing

Aus Sicht Beijings ist die Unbeliebtheit und Glücklosigkeit des von Ex-Staats- und Parteichef Jiang Zemin durchgeboxten Regierungschefs Tung ein zunehmender Grund zur Sorge. Diese wird durch die offensichtlich schwindende Unterstützung der Unternehmer, in Gestalt der Liberal Party noch verstärkt; die Allianz des Big Business mit der Hongkonger Regierung galt bislang als Garant für die Stabilität und Fähigkeit der Hongkonger Führung, sich Forderungen nach mehr Demokratie zu widersetzen. 

Trotz ihrer offensichtlichen Unzufriedenheit muss die chinesische Regierung aus zwei Gründen bis auf weiteres an Tung festhalten. Erstens würde sie durch deren Absetzung und die nach geltendem Wahlrecht lenkbare Einsetzung eines neuen Regierungschefs noch größere politische Proteste und eine längerfristige politische Destabilisierung Hongkongs riskieren. Zweitens würde durch diese direkte Einmischung die Formel „Ein Land, zwei Systeme“ diskreditiert, mit der Beijing auch Taiwan eine Wiedervereinigung schmackhaft machen möchte. 

Nach den Demonstrationen beeilte sich die chinesische Führung erneut zu versichern, dass man der als abtrünnige Provinz betrachteten Insel eine noch weitreichendere Autonomie einzuräumen bereit sei, d.h. anderes als in Hongkong werde die VR China keine Beamten und Soldaten entsenden. Beobachter sehen die Möglichkeit, dass die Zentralregierung nun einerseits verstärkt versuchen wird, Kanäle vorbei an Tung zu Beijing-treuen Politikern zu nutzen, um politische Entscheidungen in Hongkong zu beeinflussen. Die chinesische Führung könnte andererseits auch durch eigene Institutionen vor Ort, wie zum Beispiel das sogenannte Verbindungsbüro der Zentralregierung (Liasion Office) oder auch die Xinhua News Agency (welche als Schaltstelle der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) in Hongkong gilt)  die Kontrolle über Hongkongs Politik forcieren.

Beijing beugt sich vorübergehend den Protesten

Das Konfliktpotential der Nationalen Sicherheitsgesetzgebung in Hongkong ist nur vorübergehend entschärft. Auch wenn  Beijing sich zum ersten Mal der „Macht der Straße“ gebeugt sowie laut Ministerpräsident Wen „ernste und breite Konsultationen“ wünscht, hat die chinesische Führung klargemacht, dass das Gesetz implementiert werden muss. Dazu fehlt Tung jedoch die gesetzlich erforderliche Mehrheit im LegCo. Zudem ist es fraglich, ob die Hongkonger Bevölkerung in puncto Sicherheitsgesetzgebung kompromissbereit ist und nicht eine weitere Serie von Protesten initiiert. 

Die Oppositionsparteien werden das bereits durch die Proteste vorzeitig auf die öffentliche Agenda gerückte Thema Direktwahl von LegCo und Regierungschef (laut Grundgesetz „ultimatives Ziel“, aber letztlich nur mit Zustimmung von Beijing nach 2007 möglich) weiterverfolgen. Durch die Wahlen zum LegCo im Herbst 2004, bei der zum ersten Mal die Hälfte der 60 Sitze direkt gewählt werden, könnte sich das Kräfteverhältnis zugunsten der demokratischen Kräfte verschieben und zu einer Pattsituation im LegCo führen. Hongkong und Beijing stehen also noch einige Auseinandersetzungen bevor. Darüber hinaus werden sowohl die chinesische Bevölkerung und als vielleicht auch mögliche existierende Befürworter weiterer zaghafter politischer Reformen in der chinesische Führung die kommenden Ereignisse in Hongkong genau mitverfolgen und ihre eigenen Schlüsse daraus ziehen.

 Chronik der Ereignisse

September 2002

Die Hongkonger Regierung legt den Gesetzesentwurf zu Artikel 23 des Grundgesetzes vor; im Folgenden kommt es zu Protesten und Debatten zwischen Gegnern und Befürwortern. Die Regierung hält jedoch an einer Verabschiedung des Gesetzes für Anfang/Mitte Juli fest.

1. Juli 2003

Rund 500.000 Menschen demonstrieren gegen den Gesetzesentwurf; zudem werden Forderungen nach den Rücktritt von Regierungschef Tung Chee-hwa und sofortigen Direktwahlen laut

3. Juli 

Der Vorsitzende der Liberal Party, James Tien, und zwei weitere Pro-Beijing-Mitglieder der Legislativversammlung (kurz: LegCo) werden in Beijing empfangen.

6. Juli 

Tien erklärt seinen Rücktritt. Durch den damit besiegelten Wegfall der Liberal Party als Unterstützer des Gesetzesentwurfes ist eine Mehrheit im LegCo nicht mehr gegeben

7. Juli

Tung gibt bekannt, dass der Gesetzesentwurf vorerst nicht zur Abstimmung vorgelegt werde, da er weiterer Konsultationen bedürfe

9. Juli und 13 Juli

Weitere Demonstrationen mit einigen tausend bis zehntausend Teilnehmern. Unterschiedliche Strömungen innerhalb der Protestbewegungen formieren sich

16. Juli 

Die Ministerin für Sicherheit, Regina Ip und der Minister für Finanzen, Antony Leung, erklären ihren Rücktritt 

23. Juli 

Die Hongkonger Regierung verkündet, dass ein neuer Gesetzesentwurf zur öffentlichen Konsultation im September vorgelegt werden soll

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Bestellung und Abbestellung des Asienhaus-Rundbriefes

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