Asienhaus-Rundbrief 4/2003, 18.1.2003

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In Kürze:
1.) Zur Erinnerung: 28.1. Diskussion über Asienpolitik in Berlin
2.) Bericht über das Asia Social Forum, Hyderabad (2.-7.1.2003)
3.) Bibliothek des Asienhauses: Zwei neue Kataloge online
4.) Chinesisch-Sprachkurse für Kinder und Erwachsene im Asienhaus
5.) 5.2., 19:00, Berlin: Begegnung mit Agus R. Sarjono
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ad 1): Zur Erinnerung: 28.1., 17 Uhr: Diskussion über deutsche Asienpolitik
Ort: Galerie der Heinrich-Böll-Stiftung, Rosenthaler Str. 40/41 (Hackesche Höfe), Berlin
Anmeldungen erbeten an: Nord-Süd-Forum (rjaura@gccforum.net)

Miteinander und mit dem Publikum diskutieren: Dr. Renate Müller-Wollermann (amnesty international), Dr. Volker Stanzel (Auswärtiges Amt), Prof. Eberhard Sandschneider (FU Berlin), Sven Hansen (TAZ).

Die Diskussionsveranstaltung soll zur Beantwortung der folgenden Fragen beitragen:

ad 2): Bericht über das Asia Social Forum, Hyderabad (2.-7.1.2003):
Mit dem Geist von Bandung gegen imperialistische Globalisierung?
von Peter Franke, Kontakt: frankewycisk@geonet.de
Der Autor war  langjähriger Redakteur von Südostasien (bis 1998). Er arbeitet seit 2002 als Asia-Europe Issue Interpreter bei ARENA (Asian Regional Exchange for New Alternatives) in Hong Kong.

Gut 15.000 offiziell gemeldete Delegierte darunter 780 nicht aus Indien waren zum Asiatischen Sozialforum (ASF) nach Hyderabad der Hauptstadt des indischen Bundesstaates Andhra Pradesh gekommen. 840 Organisationen waren vertreten. Von außerhalb Indiens waren einige wenige Organisationen (Focus on the Global South, Jubilee South, Asia Peace Alliance, Heinrich Böll Stiftung, Action Aid) ersichtlich präsent. Zu den Großveranstaltungen geladen waren bekannte Personen wie Waldon Bello, Martin Khor, Samir Amin, Vertreter/innen von Organisationen aus Lateinamerika, Südafrika, Palästina und dem Irak sowie die gesamte Prominenz der KPI-M nahestehenden indischen Linken. Zwischen der Eröffnung am 2. und dem Abschluss am 7. Januar fanden 8 Plena, 160 Seminare und 164 Workshops sowie zahllose Kultur- und Filmdarbietungen statt. 

In zwei großen Zelten auf dem Fußballplatz des Nizam College verfolgten jeweils ca. 2.000 Menschen drei Stunden lang eine agitatorische Rede nach der anderen. Nach 2 Stunden fragte ich mich, wie lange ich mich denn noch mit meist nichtsagenden Phrasen anschreien lassen sollte.

Raum für den Erfahrungsaustausch zwischen Organisationen und Menschen aus den verschieden Landesteilen Indiens und Ländern Asiens sollte in den Seminaren und Workshops sein, ganz nach dem Vorbild des Weltsozialforums. Es ist schwer einzuschätzen ob und wie dieser “Raum” genutzt wurde, wo die Räumlichkeiten dafür großen Teils weit ab von dem Nizam College, dem zentralen Veranstaltungsort, stattfanden. Einige Teilnehmer/innen irrten durch die Stadt und fanden zu den angegebenen Zeitpunkten ein leeres Klassenzimmer vor. Kolalateralschaden bei einer Großveranstaltung oder schlechte Organisation? 

Leider hatte ich das Pech, gerade in die Seminare und Workshops zu geraten, in denen kaum ein Austausch zwischen Referent/inn/en und Teilnehmer/innen, geschweige denn unter letzteren stattfand. Die Referent/inn/en verließen häufig nach ihrem Referat mitten in der Veranstaltung mit ihren Anhänger/innen den Raum. Kein Wunder, denn viele von ihnen sind in den 6 Tagen auf 10 Veranstaltungen aufgetreten. 

Dafür wurde ich immer wieder von indischen politischen Aktivisten unterschiedlichster Färbung angesprochen und über Herkunft und politische Ansichten befragt und somit in spontane und zum Teil spannende Diskussionen verwickelt. 

Die Differenzen der Organisatoren des Gastgeberlandes wurden nicht-indischen Teilnehmer/innen erst im Verlauf des Forums deutlich. Über 20.000 Teilnehmer sollen eine alternative Großveranstaltung außerhalb des ASF-Veranstaltungsgeländes besucht haben. Der zentrale Streitpunkt ist die dominierende Rolle von indischen Massenorganisationen bei der organisatorischen Durchführung des ASF, die zu linken Parteien im Umfeld der KPI-M gehören, welche in einigen indischen Bundesländern Regierungsverantwortung tragen. Kritiker halten das ASF für eine Schwatzbude, andere im Zusammenhang mit dem Welt Sozialforum sogar für den “Schatten des Imperialismus”, finanziert mit Geldern von der Ford-Foundation. Anschauungen, die es wohl nicht nur in Asien gibt. 

Eine konkrete Vorstellungen darüber, wie diese imperialistische Globalisierung zu bekämpfen sei, wurden bereits bei der Auftaktveranstaltung von Walden Bello angesprochen und am folgenden Tag auf einem Plenum zum Thema “Frieden und Sicherheit” von Samir Amin und Chandra Muzaffar näher ausgeführt. Der Geist von Bandung, wo 1955 in Indonesien die Bewegung der Blockfreien Staaten auf Initiative von Chou En Lai (China), Nehru (Indien) und Sukarno (Indoneisen) gegründet wurde, müsste erneut ins Leben gerufen werde. Die sozialen Bewegungen des Südens müssten ihre Staaten für Solidarität, soziale Gerechtigkeit und Frieden gegen die imperialistische Triade USA, EU und Japan mobilisieren. Wird ein solcher Griff in die Mottenkiste der Geschichte den Weg in eine andere Welt weisen können?

War das eine machtvolle Demonstration der asiatischen, globalisierungskritischen Bewegung? Wohl kaum. Eher eine PR-trächtige Großveranstaltung der überwiegend indischen Antiglobalisierungskräfte, fein säuberlich unterschieden in NGOs, Massen- und Volksbewegungen und im Hintergrund kommunistische/sozialistische Parteien. Es war eine indische Großveranstaltung mit ein wenig Input aus anderen asiatischen Ländern. Verstünde ich Hindi und Telugu, die Landessprache Andhra Pradesh, so hätte ich viele Nuancen der politischen Kultur Indiens kennenlernen können. So habe ich bis zum Überdruss gelernt, dass Globalisierung die Hölle ist und die US-Regierung der Teufel. 

Dass trotz Differenzen in vielen Einzelfragen so viele indische Organisationen zusammengekommen sind, um gegen die imperialistische Globalisierung zu kämpfen, wird in einer von den Veranstaltern veröffentlichten Broschüre als Erfolg gewertet. Als Forum für kontinuierlichen grenzüberschreitenden Dialog und Austausch scheint es mir kaum tauglich, vielleicht als Marktplatz, um Neues kennenzulernen. Ein indischer Freund meint, dass sei doch immer so bei solchen Großveranstaltungen, nicht nur in Indien, sondern auch in Brasilien oder Europa. Vielleicht ein Grund mehr über andere “demonstrative” Formen globaler Kommunikation, Diskussion und Zusammenarbeit nachzudenken, bei denen der Aufwand an Energie und Geld in einem günstigerem Verhältnis zum Nutzen steht.

ad 3) Bibliothek des Asienhauses: Zwei neue Kataloge online
Kontakt: bibliothek@asienhaus.de

Zwei neue Bibliothekskataloge sind jetzt online recherchierbar.

Und hier geht es zu allen Bibliothekskatalogen

ad 4) Chinesisch-Sprachkurse für deutsche Kinder und Erwachsene
Kontakt: Frau Pei Pei Li, 0234/582691

Die chinesische Sprachschule Dehua, die im Asienhaus ihren Platz gefunden hat, bietet jetzt auch Sprachkurse für deutsche Kinder und Erwachsene an. 

Am Donnerstag, den 6.2., beginnt der Sprachkurs für deutsche Kinder im Alter von 10-14 Jahren. Die Unterrichtszeit ist 16.30 - 18.00. Die Gruppe wird zwischen 4 und 7 TeilnehmerInnen haben, die Kosten betragen 12,50 Euro pro Doppelstunde. Unterrichtsort ist das Asienhaus.

Ein Anfängerkurs für Erwachsene ist in Vorbereitung. InteressentInnen melden sich bitte bei Frau Li.

ad 5) 5.2., 19 Uhr: Begegnung mit Agus R. Sarjono
Lyriker und Schriftsteller aus Indonesien
Ort: Galerie der Heinrich-Böll-Stiftung, Rosenthaler Str. 40/41 (Hackesche Höfe), Berlin
Kontakt: Christiane Molt (molt@boell.de)

Agus R. Sarjono ist zur Zeit Stipendiat im Heinrich-Böll-Haus Langenbroich. Er diskutiert mit Silke Behl (Kulturredakteurin bei Radio Bremen), Berthold Damshäuser (Experte indonesischer Literatur und literarischer Übersetzer, Köln), Hans-Georg Knopp (Intendant, Haus der Kulturen der Welt, Berlin), Peter Ripken (Leitung, Gesellschaft zur Förderung der Literatur aus Afrika, Asien und Lateinamerika, Frankfurt a.M.). Moderation: Nele Wasmuth, Köln.

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Bestellung und Abbestellung des Asienhaus-Rundbriefes
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Asienstiftung Essen/Asienhaus Essen, Bullmannaue 11, D-45327 Essen,
Tel.: +49-201-8303838, Fax: +49-201-8303830

Burma.Initiative: burma@asienhaus.de
Koreaverband: koreaverband@asienhaus.de
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SOA-Infostelle: soainfo@asienhaus.de
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