In den Philippinen, die nach dem friedlichen Sturz des Diktators Ferdinand Marcos 1986 lange als Vorreiterin einer demokratischen Entwicklung in Asien galten, ist die Idee universeller Menschenrechte unter immensen Druck geraten. Im Juli 2016 trat Rodrigo Duterte das Amt des philippinischen Präsidenten mit dem ausdrücklichen Versprechen an, zehntausende mutmaßliche Drogenkriminelle töten lassen zu wollen. Heute, zur Halbzeit seiner sechsjährigen Amtszeit, wird deutlich, dass dieses Versprechen grausame Realität geworden ist. Aber auch jenseits des sogenannten „Kriegs gegen die Drogen“ gab Duterte all jene, die sich gegen ihn und seine Politik stellten, buchstäblich zum Abschuss frei. Der vorliegende Bericht zeigt, wie die vom Präsidenten verbreitete Rhetorik der Gewalt zu einer Menschenrechtskatastrophe geführt hat, die die ohnehin prekäre Situation unter seinen Vorgänger*innen in einen traurigen Schatten stellt.
In den Philippinen, die nach dem friedlichen Sturz des Diktators Ferdinand Marcos 1986 lange als Vorreiterin einer demokratischen Entwicklung in Asien galten, ist die Idee universeller Menschenrechte unter immensen Druck geraten. Im Juli 2016 trat Rodrigo Duterte das Amt des philippinischen Präsidenten mit dem ausdrücklichen Versprechen an, zehntausende mutmaßliche Drogenkriminelle töten lassen zu wollen. Heute, zur Halbzeit seiner sechsjährigen Amtszeit, wird deutlich, dass dieses Versprechen grausame Realität geworden ist. Aber auch jenseits des sogenannten „Kriegs gegen die Drogen“ gab Duterte all jene, die sich gegen ihn und seine Politik stellten, buchstäblich zum Abschuss frei. Der vorliegende Bericht zeigt, wie die vom Präsidenten verbreitete Rhetorik der Gewalt zu einer Menschenrechtskatastrophe geführt hat, die die ohnehin prekäre Situation unter seinen Vorgänger*innen in einen traurigen Schatten stellt.
Unmittelbar nach der Bekanntgabe des Wahlsiegs Dutertes häuften sich Berichte über Tötungen von mutmaßlichen Kriminellen während Polizeioperationen. Mittlerweile ist klar, dass Duterte sein Wahlversprechen wahr gemacht hat, auf massenhafte außergerichtliche Hinrichtungen zurückzugreifen, mit dem Ziel, die Drogenkriminalität im Land auszumerzen. Der philippinischen Menschenrechtskommission zufolge könnte die Zahl der Todesopfer des Kriegs gegen die Drogen mittlerweile 27.000 erreicht haben. Deutlich wurde auch, dass die Tötungen systematisch geplant und durchgeführt werden. Die Namen der Opfer, die ganz überwiegend der ärmsten Bevölkerungsschicht des Landes entstammen, werden ohne jegliches rechtsstaatliches Verfahren auf Überwachungslisten gesammelt. Auch werden gezielt Beweise gefälscht, um eine strafrechtliche Verfolgung der Täter*innen, die in den Reihen der Polizei, aber auch in den von diesen kontrollierten kriminellen Banden zu suchen sind, zu verhindern. Bei dieser gezielten Massenmordkampagne der Regierung könnte es sich um ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne des internationalen Strafrechts handeln.
Stark bedroht sind unter Duterte aber auch Menschenrechtsverteidiger*innen, Oppositionspolitiker*innen und unabhängige Medien. So wurden zwischen Juli 2016 und August 2019 mindestens 200 Menschenrechtsverteidiger*innen und 14 Journalist*innen getötet. Zwar waren die Philippinen auch schon vor Duterte eines der gefährlichsten Länder der Welt für diese Gruppen, die Zahl der Morde hat aber noch einmal deutlich zugenommen. Dies liegt auch daran, dass die Regierung oppositionelle Kräfte systematisch als staatsfeindlich denunziert und ihnen oftmals unterstellt, Unterstützer*innen der kommunistischen Rebellen der New People’s Army (NPA) zu sein. Kritische Stimmen, die so gebrandmarkt werden, werden besonders häufig Opfer von tödlicher Gewalt oder werden, vielfach unter falschen Anschuldigungen, kriminalisiert.
Schwere Menschenrechtsverletzungen bleiben in den Philippinen auch weiterhin fast immer ungeahndet. In nur einem einzigen Fall einer Tötung im Kontext des Kriegs gegen die Drogen wurden die verantwortlichen Polizist*innen wegen Mordes verurteilt. Dem stehen vermutlich zehntausende Fälle außergerichtlicher Hinrichtungen mutmaßlicher Krimineller und über 200 Morde an Menschenrechtsverteidiger*innen und Journalist*innen gegenüber. Die fast absolute Straflosigkeit für schwere Menschenrechtsverletzungen, die auch schon unter Vorgängerregierungen ein strukturelles Problem darstellte, liegt nun nicht mehr nur in einem dysfunktionalen und unterfinanzierten Justizsystem begründet. Der Präsident selbst versprach den Mitgliedern der Sicherheitskräfte mehrfach, Anklagen gegen sie nicht zuzulassen.
Diese Weigerung, systematische Menschenrechtsverletzungen aufzuklären, richtet sich nicht nur gegen die eigene Justiz, sondern auch gegen internationale Menschenrechtsmechanismen. So traten die Philippinen nicht nur aus dem Internationalen Strafgerichtshof aus, nachdem dieser die Eröffnung einer vorläufigen Untersuchung angekündigt hatte. Die Regierung weigert sich auch, mit dem UN-Menschenrechtsrat zu kooperieren, und sprach sogar gegen mehrere Vertreter*innen des UN-Systems direkte Drohungen aus.
Weiterhin sind auch die Mitglieder der indigenen Gemeinschaften der Philippinen und insbesondere die Lumads auf der Insel Mindanao im Süden der Philippinen von schweren Menschenrechtsverletzungen betroffen. Indigene geraten dabei vor allem zwischen die Fronten des innerstaatlichen Konflikts zwischen philippinischer Regierung und dem Aufstand der kommunistischen NPA. Unabhängige Indigenenschulen werden systematisch von Militär und Paramilitärs verdächtigt, als Ausbildungslager der NPA zu dienen, und aus diesem Grund angegriffen. Bergbauvorhaben und Großplantagen auf indigenen Gebieten sind ein weiterer Grund für Vertreibung.
Zusammen zeichnen diese Entwicklungen ein düsteres Bild für die Philippinen. In nur drei Jahren wurden nicht nur vermutlich mehrere zehntausend Menschen Opfer tödlicher Gewalt. Die Regierung Duterte versucht auch systematisch, all jene zum Schweigen zu bringen, die Kritik an ihr üben. Dabei werden wichtige Erfolge der Demokratisierung und Etablierung von Rechtsstaatlichkeit, die die Philippinen nach dem Ende der Marcos-Diktatur mühsam errungen hatten, im Eiltempo wieder zunichtegemacht. Dies alles geschieht mit der offenen oder zumindest stillschweigenden Unterstützung eines Großteils der philippinischen Bevölkerung. Umso wichtiger ist es, dass die internationale Gemeinschaft die demokratischen Kräfte in der philippinischen Zivilgesellschaft unterstützt und die Regierung deutlich und unmissverständlich zur sofortigen Einhaltung internationaler Menschenrechtsstandards auffordert.
AMP Bericht 2019: Menschenrechte in den Philippinen unter Duterte
AMP Report 2019 (english): Human Rights in the Philippines under Duterte
Der AMP Bericht in gedruckter Form (englisch oder deutsch) wird gegen eine Portogebühr durch das philippinenbüro verschickt.