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Corona in Asien: Zivilgesellschaftliche Länderperspektiven

Wie sollte die Unterstützung marginalisierter Menschen in den Philippinen aussehen?

Joshua Makalintal und Maria Khristine Alvarez schreiben über Manila unter Quarantäne. Sie diskutieren urbane Ungleicheiten und problematisieren Art und Weise der Nothilfe. Es ist eine Kritik an einer elitären und privilegierten Perspektive auf das, was marginalisierte Menschen in Krisenzeiten an Hilfs- und Versorgungsmaßnahmen (nicht) brauchen und verdienen. Hinzu kommt die autoritäre und gewaltvolle Durchsetzung der Quarantänemaßnahmen, die vor allem in Armut lebende Menschen weiter prekarisiert und verarmen lässt. Die Autor*innen rufen dazu auf, das Gesundheitssystem, die Wohnungspolitik und Soziale Sicherheitssysteme umzustrukturieren und sich insbesondere an den marginalisierten Menschen zu orientieren, anstatt sie zu strafen.

COVID-19 - Ein Weckruf zur Umbildung der Wirtschaft von Timor-Leste

In Timor-Leste erleben wir, was passiert, wenn ein Land mit einem schwachen Gesundheits- und Bildungssystem sowie einer unterentwickelten Landwirtschaft mit einer großen Krise konfrontiert wird. Langfristig, so Joao da Cruz Cardoso, ist es jedoch unerlässlich, in diese Schlüsselsektoren zu investieren. "Heute könnte COVID-19 die Krise sein, die uns zwingen kann, unseren Entwicklungsansatz zu ändern, bevor unsere knappen Ölgelder ihr Ende finden."

Coronakrise verschärft Situation der Armen in Indien

«Uns haben sie vergessen». Nach Schätzungen sind in Indien mehr als 90 Prozent aller Arbeitnehmer*innen im informellen Sektor beschäftigt. Sie sind tagtäglich darauf angewiesen, Arbeit zu finden, um sich und ihre Familien über Wasser halten zu können. Die Auswirkungen der weitgehende Ausgangs- und Kontaktsperre sind für die armen Bevölkerungsschichten verheerend, zeigt Muriel Weinmann ( Südasien-Büro der Rosa-Luxemburg-Stiftung, 6.04.2020) auf. 

Die Regierung verspricht Hilfe und steht vor dem Problem der Umsetzung. Viele Wanderarbeiter*innen verfügten weder über die notwendigen Dokumente noch über ein Bankkonto, um die Hilfsprogramme der Regierung in Anspruch nehmen zu können, so die Gewerkschaftlerin Lokesh. Gewerkschaften und zivilgesellschaftliche Organisationen arbeiteten daher daran, diese Wissenslücken zu schließen und die betroffenen Menschen zu organisieren. 

"Zu Beginn der fünften Woche des großen Hausarrestes werden die wirtschaftlichen Folgen mehr als deutlich", schreibt Marion Müller in ihrem Beitrag „Indien in Zeiten der SARS-CoV-2 Pandemie: ein Bild voller Widersprüche“ (hbs, 28.04.2020) : Etwa 90 Millionen Saisonarbeiter/innen seien arbeitslos, staatliche Hilfsfonds aufgebraucht oder bis an ihre Grenzen ausgelastet. Zu einer täglich steigenden Arbeitslosigkeit komme eine drohende Nahrungsmittelknappheit für ca. 650 Millionen Menschen. Es gäbe nur wenig gut aufgearbeitete Berichte darüber, wie die am stärksten betroffenen Menschen mit der Situation umgehen bzw. umgehen können. Dafür aber umso mehr Medienkampagnen, in denen Minderheiten, Ausländer/innen und vor allem die muslimische Bevölkerung des Landes für die Ausbreitung des Virus verantwortlich gemacht werden.

„Wenn am Ende der Krise die Mehrheit der Bevölkerung dieses Landes dem Sterben durch Hunger oder Krankheit überlassen bleibt“, meint Linda Chhakchhuak, „und wir die Chance nicht nutzen, um auch sozial gerecht und ökologisch umzudenken, dann war alles andere sinnlos. Die Frage, die wir uns stellen müssen ist doch die: Wie soll das Indien aussehen, in das wir eintreten, sobald wir die Ausgangssperre verlassen können?“ 

Randgruppen und Minderheiten bekommen die wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Auswirkungen der Ausgangssperre sofort und unmittelbar zu spüren, mahnt Mihir S. Sharma in seinem Beitrag „Willkommene Sündenböcke: In Indien treibt das rechte Establishment im Schatten von COVID-19 seine Spaltungsagenda voran“ (igp-journal,m 16.04.2020). „Das Perverse an der populistischer Politik in Indien und anderswo ist, dass die starken Männer sich eklatante Fehler leisten können und ihre Wählerinnen und Wähler ihnen trotzdem keinen Vorwurf machen. Stattdessen werden andere Sündenböcke ausfindig gemacht. In Indien sind dies traditionell die religiösen Minderheiten.“

Obdachlosigkeit während der Coronakrise in Megacities

Während "Zuhause bleiben" eine gute Maßnahme ist, um der Ausbreitung des Coronavirus entgegenzuwirken, ist dies keine Option für wohnungslose Menschen. Der Artikel der Friedrich-Ebert-Stiftung thematisiert, wie Menschen in Megacities wie Hong Kong oder Delhi unter schlechten Wohnbedingungen oder sogar Obdachlosigkeit leiden. Und schlechte Lebensbedingungen erhöhen das Ansteckungsrisiko. Auch ist COVID-19 der Auslöser dafür, dass viele Menschen erst obdachlos werden- die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie treffen arme Menschen besonders hart.

Shutdown in Timor-Leste

Die Corona-Pandemie trifft Timor-Leste, das zu den ärmsten Ländern Asiens gehört, mitten in einer Regierungskrise. Zur Bekämpfung von Corona wurde der Ausnahmezustand ausgerufen, die Grenzen geschlossen und der öffentliche Nahverkehr eingestellt. Im Gesundheitswesen mangelt es an lebenswichtigen Medikamenten, Preise für Grundnahrungsmittel (etwa Reis) steigen rapide. Die Organisation Casa Produsaun Audiovisual (CPA) vermittelt Präventionsmaßnahmen zu COVID-19 in animierte Aufklärungsfilme auf Tetum – der indigenen nationalen Sprache Timors.  

Malaysia: Regierung verbreitet sexistische Tipps gegen häusliche Gewalt

Aufgrund anhaltender Ausgangssperren in der Coronakrise sind die Fallzahlen häuslicher Gewalt in vielen Ländern extrem angestiegen. So auch in Malaysia. Die Regierung gab daher Anfang April mehrere Tipps, wie Frauen Konflikte mit ihren Ehemänner vermeiden können. Dazu gehört: sich nicht in bequemen Kleidung zeigen, sich schminken und nicht am Ehemann nörgeln. Diese Tipps suggerieren, dass die Frau verantwortlich für den Hausfrieden ist und Schuld hat an häuslicher Gewalt. Entsprechend gab es auch keine Tipps für Männder.  Diese eindeutig sexistischen Hinweise führten zu einem öffentlichen Aufschrei. Das Ministerium löschte daraufhin die Tipps und entschuldigte sich bei der Bevölkerung, jedoch ohne auf die sexistischen Konotation einzugehen. Malaysia schnitt im World Economic Forum's Global Gender Gap Report von 153 Ländern mit Platz 104 schlecht ab, insbesondere bei den Punkten wirtschaftliche Teilnahme und politische Mitwirkung von Frauen.

Die Folgen von COVID-19 in Timor-Leste

Ein Ausbruch des Coronavirus würde in Timor-Leste nicht nur das Gesundheitssystem überfordern, sondern auch die Armut des Landes vertiefen, warnt Guteriano Neves in seinem Beitrag in The Interpreter vom 3. April 2020: Die bestehenden sozialen und wirtschaftlichen Probleme werden verstärkt.

Die Regierung hat eine Reihe von Präventionsmaßnahmen ergriffen und für die Dauer von 4 Wochen (28.3. - 24.4.2020) den Ausnahmezustand verhängt.

Aufgrund der innenpolitischen Krisen - vorgezogenen Neuwahlen in 2018 und einem Auseinanderbrechen der Regierungskoalition im Januar 2020, begleitet von einer Nicht Verabschiedung von Haushaltsplänen – erlebte das Land seit 2017 deutliche Einbrüche im Wirtschaftswachstum. Mit der Corona-Pandemie wird Timor-Leste in die Rezession zurückkehren. Das jüngste World Bank East Asia and Pacific Economic Update prognostiziert für 2020 eine Wachstumsrate von minus 2,8%.

Dies wird sich unweigerlich auf die Beschäftigung, das Einkommen und das allgemeine Wohlergehen der Menschen auswirken. Es gibt nur wenig Arbeitsplätze im formellen Sektor. Rund 250.000 Menschen droht der Verlust ihrer Einkommensquelle. Die Armut im Land wird sich weiter verschärfen.

Binnenflüchtlingskrise in Kachin und Shan

Seitdem der Waffenstillstand zwischen der Kachin Independence Army und dem Militär 2011 aufgekündigt wurde, wurden über 100.000 Zivilist*inn innerhalb Myanmars vertrieben. Sie leben in Binnenflüchtlingscamps im Norden, wo sie nur wenig Perspektiven auf eine bessere Zukunft haben. Die bewaffneten Konflikte halten weiterhin an und die Corona-Pandemie verschärft nun zusätzlich ihre Unsicherheit und prekäre Situation. Ein Kommentar und Redeauszüge von Lahpai Seng Raw, Mitbegründerin der Metta Development Foundation and der NGO Airavati.