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Corona in Asien: Zivilgesellschaftliche Länderperspektiven

Im "Kampf" gegen Corona

Seit dem Ausbruch von COVID-19 haben hunderte Regierungschefs ihre Macht über Wissenschaft, Forschung und öffentliche Gesundheit gestellt. In vielen Fällen wird die Eindämmung des Virus mit Krieg gleichgesetzt. Dies legitimiert die tiefen Einschnitte in die Rechte der Bürger und lenkt vom Versagen der Regierungen im Gesundheitssektor ab. Auch in Südostasien und Indien wird diese Methode genutzt um Stärke zu demonstrieren und Kontrolle auszuüben.

Corona-Warn-App: Notwendiges Mittel gegen Infektionen oder Einfallstor für Überwachung?

Während die Regierungen in den ASEAN-Staaten die Sperrmaßnahmen lockern, werden COVID-19-Smartphone-Anwendungen zur Kontaktverfolgung eingeführt, um eine erneute Ausbreitung des Virus einzudämmen. Dabei werden jedoch mehr Bedenken laut, die Eingriffe in digitale Datenschutzrechte und das Ausspionieren personenbezogener Daten befürchten. Ähnlichen Diskussionen sieht sich die indische Regierung ausgesetzt, die bereits für das umstrittene biometrische ID-System Aadhaar stark kritisiert wurde. 

Corona-Pandemie erhöht Arbeitslosigkeit und Kriminalität in Indien

Seit einem Monat gelten in Indien neue Corona-Maßnahmen. Durch die Lockerungen kommt es zu mehr Straßenkriminalität. Grund hierfür ist die aus der Coronakrise resultierende Arbeitslosigkeit, da besonders in den großen Städten Firmen ihr Personal entlassen mussten. Betroffen davon sind vor allem Wanderarbeiter*innen, inbesondere Frauen. Doch nicht nur die Straßenkriminalität steigt neben der Infektionsrate, sondern auch die Cyber-Kriminalität. Laut Polizeibeamt*innen und Cybersicherheitsexpert*innen tauchen verstärkt falsche Webseiten auf, die sich als Lieferdienste tarnen oder mit kostenlosen Corona-Tests werben.

Südasien: Unterschiedliche Ansätze, um mit der Pandemie fertig zu werden

Fünf Expert*innen aus Politik und Wissenschaft widmen sich in einem Webinar der London School of Economics dem Umgang mit der Corona-Krise in Südasien. Dabei werden digitale Lösungen, die Auswirkungen auf schwächer gestellte Gruppen wie Wanderarbeiter*innen und eine wirtschaftliche Erholung ohne erneut hohe Ansteckungszahlen diskutiert. Beispiele werden vor allem anhand der Länder Bangladesch, Indien und Pakistan gegeben. 

Harte Maßnahmen, aber was sind die Folgen? Indiens Regierung in der Corona-Krise

In einem detaillierten Podcast geben zwei Experten Einblicke in die Politik der indischen Regierung seit Beginn der Corona-Pandemie. Dabei legen sie sowohl ein Augenmerk auf schnelle Gegenmaßnahmen, als auch auf die Situation benachteiligter Menschen im Land und die Aussichten auf einen wirtschaftlichen Wiederaufschwung.

"Corona"-Rassismus in Indien

In Indien haben Menschen der Nordöstlichen Region mit Diskriminierung zu kämpfen, da sie Chinesen physisch sehr ähnlich sehen. Ein Aktivist berichtet davon, wie Menschen aus ihren Wohnungen vertrieben oder asymptomatische Patienten mit ansteckenden COVID-19-Patienten in Quarantäne gezwungen werden. Die Regierung kündigte an, die Vorfälle polizeilich zu untersuchen und die Täter entsprechend zu bestrafen. Auch soll Unterkunft für die Menschen angeboten werden, die aus ihren Wohnungen vertrieben wurden.

Kategorien Menschenrechte | Indien

Grenzen der Solidarität

Hunderte Rohingya befinden sich auf zwei Booten in der Bucht von Bengalen in der Hoffnung auf Asyl. Und wieder einmal entziehen sich anliegende Staaten ihrer Verantwortung, Hilfe zu leisten und Asyl zu gewähren. Die Corona-Pandemie und der Schutz der Bürger*innen wird hier wie auch anderswo als zentrales Argument vorgeschoben. Dominique Virgil beleuchtet kritisch in seinem Beitrag in der Bangkok Post, warum COVID-19 keine Rechtfertigung für die Verletzung internationaler Vereinbarungen und daraus abgeleiteter staatlicher Pflichten sein kann.

Coronakrise verschärft Situation der Armen in Indien

«Uns haben sie vergessen». Nach Schätzungen sind in Indien mehr als 90 Prozent aller Arbeitnehmer*innen im informellen Sektor beschäftigt. Sie sind tagtäglich darauf angewiesen, Arbeit zu finden, um sich und ihre Familien über Wasser halten zu können. Die Auswirkungen der weitgehende Ausgangs- und Kontaktsperre sind für die armen Bevölkerungsschichten verheerend, zeigt Muriel Weinmann ( Südasien-Büro der Rosa-Luxemburg-Stiftung, 6.04.2020) auf. 

Die Regierung verspricht Hilfe und steht vor dem Problem der Umsetzung. Viele Wanderarbeiter*innen verfügten weder über die notwendigen Dokumente noch über ein Bankkonto, um die Hilfsprogramme der Regierung in Anspruch nehmen zu können, so die Gewerkschaftlerin Lokesh. Gewerkschaften und zivilgesellschaftliche Organisationen arbeiteten daher daran, diese Wissenslücken zu schließen und die betroffenen Menschen zu organisieren. 

"Zu Beginn der fünften Woche des großen Hausarrestes werden die wirtschaftlichen Folgen mehr als deutlich", schreibt Marion Müller in ihrem Beitrag „Indien in Zeiten der SARS-CoV-2 Pandemie: ein Bild voller Widersprüche“ (hbs, 28.04.2020) : Etwa 90 Millionen Saisonarbeiter/innen seien arbeitslos, staatliche Hilfsfonds aufgebraucht oder bis an ihre Grenzen ausgelastet. Zu einer täglich steigenden Arbeitslosigkeit komme eine drohende Nahrungsmittelknappheit für ca. 650 Millionen Menschen. Es gäbe nur wenig gut aufgearbeitete Berichte darüber, wie die am stärksten betroffenen Menschen mit der Situation umgehen bzw. umgehen können. Dafür aber umso mehr Medienkampagnen, in denen Minderheiten, Ausländer/innen und vor allem die muslimische Bevölkerung des Landes für die Ausbreitung des Virus verantwortlich gemacht werden.

„Wenn am Ende der Krise die Mehrheit der Bevölkerung dieses Landes dem Sterben durch Hunger oder Krankheit überlassen bleibt“, meint Linda Chhakchhuak, „und wir die Chance nicht nutzen, um auch sozial gerecht und ökologisch umzudenken, dann war alles andere sinnlos. Die Frage, die wir uns stellen müssen ist doch die: Wie soll das Indien aussehen, in das wir eintreten, sobald wir die Ausgangssperre verlassen können?“ 

Randgruppen und Minderheiten bekommen die wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Auswirkungen der Ausgangssperre sofort und unmittelbar zu spüren, mahnt Mihir S. Sharma in seinem Beitrag „Willkommene Sündenböcke: In Indien treibt das rechte Establishment im Schatten von COVID-19 seine Spaltungsagenda voran“ (igp-journal,m 16.04.2020). „Das Perverse an der populistischer Politik in Indien und anderswo ist, dass die starken Männer sich eklatante Fehler leisten können und ihre Wählerinnen und Wähler ihnen trotzdem keinen Vorwurf machen. Stattdessen werden andere Sündenböcke ausfindig gemacht. In Indien sind dies traditionell die religiösen Minderheiten.“