Spenden für die Stiftung Asienhaus

Corona in Asien: Zivilgesellschaftliche Länderperspektiven

Folgen der Pandemie für Arbeiter:innen aus Myanmar und Kambodscha in Thailand

Arbeitsrechtsorganisationen in Mae Sot in Thailand machen auf die Ausbreitung des Coronavirus unter Migrant:innen aus Myanmar aufmerksam. The Irrawaddy berichtet, dass Migrant:innen besonders unter COVID-19 leiden, da sie in viele thailändische Gesundheits- und Sozialhilfeprogramme nicht inkludiert seien. Das thailändische Gesundheitsministerium verkündete Ende Juni 2021, dass es keine kostenlose ärztliche Versorgung für Migrant:innen stellen wird. Der Thai Enquirer berichtet, dass die Regierung zudem eine einmonatige Schließung aller Baustellen-Camps in Bangkok anordnete. Rund 80.000 Arbeiter:innen leben dort von denen jedoch die Mehrheit Migrant:innen seien. Die thailändischen Arbeiter:innen konnten meist in ihre Heimatprovinzen gehen, während die Migrant:innen aus Myanmar oder Kambodscha in den Camps eingeschlossen wurden. 

Die Schließung der Baucamps in Thailand hat eine Abwanderung von Migrant:innen zu den Grenzübergängen zwischen Thailand und Kambodscha verursacht. Die New Straits Times berichtet, dass viele der Arbeiter:innen sich auf den Weg nach Hause gemacht haben, um vor der Krankheit zu fliehen und im Falle einer Erkrankung in Kambodscha Zugang zum Gesundheitssystem zu haben. Thai-Behörden versuchen dies zu verhindern. In Kambodscha wurden für die Rückkehrenden Quarantäne-Camps aufgebaut. Die Menschen berichten von unwürdigen Hygienestandards in diesen Camps sowie zu wenig Lebensmitteln und fehlenden Moskitonetzen. In mehreren Provinzen hat Kambodscha die Grenze zu Thailand geschlossen. Für kambodschanische Arbeiter:innen in Thailand spitzt sich die Lage dadurch zu, da sie in Thailand derzeit keine Lebensunterkünfte haben und keinen Zugang zu Sozial- und Gesundheitssystemen.

Premierminister Hun Sen hat den Aufbau von weiteren Quarantäne-Camps an den Grenzen zu Thailand angeordnet, um die große Anzahl an Migrant:innen, von denen viele an COVID-19 erkrankt sind abzufangen. Die Zahl der Migrant:innen, die von Thailand zurück in ihrer Heimat wollen steigt auch bei Arbeiter:innen aus Laos an.

südostasien 1/2021: Corona – Ein Jahr später, und immer noch mittendrin

Die Ausgabe 1/2021 unseres Online-Magazins südostasien beleuchtet die aktuelleren und vielschichtigen Erfahrungen von Menschen in Südostasien mit der Pandemie. Die Autor*innen berichten aus den Ländern der Region und geben Aufschluss über die Auswirkungen der Pandemie auf Zivilgesellschaft, Politik, Wirtschaft und Umwelt. Die Artikel decken auch tiefergehende Strukturen von Ungerechtigkeiten und Missstände auf, die durch die Pandemie erneut hervorgetreten sind.

Steigende Risiken für die Ernährungssicherheit in der Pandemie

Trotz vergleichsweise niedriger Infektionsraten hat die Pandemie zu massiven wirtschaftlichen Ausfällen in vielen Staaten Asiens geführt. Dies erhöht die Risiken für die Ernährungssicherheit erheblich. In Kambodscha wurden Verbraucher*innen durch den Preisanstieg bei Grundnahrungsmitteln und den krisenbedingten Einkommensstillstand hart getroffen. Auch Naturereignisse und Wettereinflüsse, zum Beispiel im Mekongdelta, beeinflussen die Lage negativ. Die Landwirtschaft, die in den meisten asiatischen Ländern ein wichtiger Arbeitgeber ist, hat aufgrund von Einschränkungen der Freizügigkeit einen erheblichen Rückgang der Arbeitskräfte erlebt. Dies führte zu einer geringeren landwirtschaftlichen Produktivität und niedrigeren Einkommen. Viele informelle Arbeiter*innen aus betroffenen Sektoren, wie dem Tourismus, wurden mittellos. Nur sehr wenige dieser Gruppen haben Zugang zu Sozialsystemen. Infolgedessen ist der Nahrungsmittelkonsum in vielen Haushalten zurückgegangen, eine beträchtliche Zahl von Menschen berichtet, dass sie sich nicht genügend Nahrungsmittel leisten können. Länder wie Afghanistan, Nepal oder Timor-Leste gehören laut World Food Programme zu den am gefährdetsten Staaten aufgrund ihrer Abhängigkeit von Nahrungsmittelimporten und Rücküberweisungen.

Corona-Krise sorgt für massive Wirtschaftseinbrüche im globalen Süden

Die sogenannten am wenigsten entwickelten Länder der Welt (LDCs) werden im Jahr 2020 die schlechteste ökonomische Entwicklung seit 30 Jahren erleben, wie die Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (UNCTAD) in einem Bericht mitteilt. Die Folgen der Pandemie seien sinkende Familieneinkommen, mehr Arbeitslosigkeit und wachsende Haushaltsdefizite in den Staatskassen. Dies könne bis zu 32 Millionen Menschen in extreme Armut treiben. Zu den im Report aufgeführten Ländern gehören von asiatischer Seite Afghanistan, Bangladesch oder Bhutan, aber auch Kambodscha, Laos, Myanmar und Nepal. Die Situation dieser Länder stellt dabei auch ein besonderes Risiko für die globalen Gesundheits-, Bildungs- und Nachhaltigkeitsziele dar, so der Bericht. Das Gremium fordert die internationale Gemeinschaft deshalb dazu auf, besagte Staaten mit einem Aktionsplan zu unterstützen, der auf die Entwicklung lokaler Produktionskapazitäten abzielt.

Immense Belastung für Myanmars Gesundheitssystem und dessen Angestellte

Aufgrund erhöhter Fallzahlen und damit verbundener Quarantänefälle steigen die Ausgaben des Gesundheitssektors in Myanmar massiv. Die Kosten entstehen vor allem durch Mehrausgaben für Gesundheitspersonal und Freiwillige, die für die tausenden Quarantänestationen im Land arbeiten. Diese sind teilweise deutlich überlastet und arbeiten unter prekären Bedingungen, viele infizieren sich bei der Arbeit mit dem Virus. Auch der Versorgungsbedarf der Menschen in Quarantäneeinrichtungen mit Hygieneartikeln, Wasser und Lebensmitteln nimmt zu. Parallel dazu gibt es vermehrt Berichte darüber, dass von der Regierung versprochene Hilfszahlungen nur Teile der Bevölkerung erreichen.

Steigender Druck auf Myanmars Gewerkschaften in der Pandemie

In verschiedenen Textilfabriken Myanmars wurden seit Ausbruch von COVID-19 und den darauffolgenden Massenstornierungen tausende Arbeiter*innen entlassen. Darunter befinden sich hunderte Gewerkschaftsmitglieder, oft wurden auch Vorsitzende der Gewerkschaften entlassen. In einzelnen Fällen wurde diesen anschließend sogar mit Gewalt gedroht. Den Entlassungen gingen oft Forderungen nach angemessenen Schutzmaßnahmen in den Fabriken gegen die Ausbreitung des Virus voraus. Vielfach setzen Unternehmensleitungen die Erfüllung ihrer Bedingungen für die Wiedereinstellung von entlassenen Mitarbeiter*innen voraus. Als Reaktion auf die Entlassungen solidarisierten sich viele Beschäftigte mit ihren Kolleg*innen und legten die Arbeit nieder. Die Kampagne für saubere Kleidung widmet sich drei konkreten Fällen von „Union-Busting“ in Myanmar.

Myanmar: Größere Armut erfordert Ausweitung des Sozialschutzes

Die Nachwirkungen von COVID-19 führen zu einem rapiden Anstieg der Armut unter Myanmars Bevölkerung – viele Haushalte bleiben komplett ohne monatliches Einkommen. Zehntausende Menschen, die vor der Krise noch Arbeit hatten, fallen nun zurück in die Armut. Dies trifft insbesondere Frauen, da sie in Sektoren arbeiten, die besonders anfällig für die Folgen der Krise sind. In der Konsequenz bedeutet dies oft enorme Risiken für die Ernährungssicherheit der Frauen und ihrer Familien, insbesondere Kinder sind nun öfter von Unterernährung betroffen. Das International Food Policy Institute (IFPRI) untersuchte die Lebensumstände von über 2.000 Frauen aus Yangon während der Pandemie. Die Studie sieht dabei die bedeutendste Herausforderung darin, den Sozialschutz als Antwort auf COVID-19 auszuweiten.

Prekäre wirtschaftliche Lage: Sexarbeit als einziger Ausweg für ehemalige Fabrikarbeiterinnen

Durch die Schließung hunderter Textilfabriken in Folge von Massenstornierungen wurden tausende Frauen arbeitslos. Da diese oft für einen Großteil des Familieneinkommens sorgen müssen, lastet großer finanzieller Druck auf ihnen. Um drohender Armut zu entkommen, sehen viele keinen anderen Ausweg als die Sexarbeit. Hier sind sie oft Zahlungsverweigerung, Gewalt oder dem Risiko einer HIV-Infektion ausgesetzt. Missbrauch und Erpressung erfahren sie dabei auch von Beamten oder der Polizei.