Ende 2020 berichtete die Stiftung Asienhaus in der Broschüre „Corona in Asien“ über die Auswirkungen der Pandemie für die Länder Asiens, ihrer Bevölkerung und Zivilgesellschaft. Zwei Artikel beschäftigten sich zum einen mit der Gesundheitspolitik in Indonesien und zum anderen mit der Lage von Straßenhändler:innen während der Pandemie. Über die Entwicklungen und Veränderungen der letzten zwei Jahren wurden nun zwei Interviews geführt.
Bis heute macht sich der durch die Roten Khmer verursachte Genozid auch im Bildungsbereich Kambodschas bemerkbar, denn es fehlen immer noch gut ausgebildete Lehrkräfte, gerade in der höheren Bildung. Ein Grund dafür könnte die hohe Abbruchquote sein. Laut UNICEF beläuft es sich in den höheren Klassen auf bis zu 15 % der Mädchen und 18 % der Jungen. Weiterhin werden vor allem Mädchen durch anhaltende traditionelle Stereotype in der Bildung benachteiligt.
Jedoch gab es in den letzten Jahren viele positive Entwicklungen: höhere Einschulungsraten – auch von indigenen Kindern – gleiche Zahlen für Jungen und Mädchen und eine gestiegene Alphabetisierungsquote. Allerdings bleibt der Bildungssektor weiterhin unterfinanziert.
Auch in Kambodscha hat während der COVID-19-Pandemie eine Digitalisierung des Unterrichts stattgefunden, die allerdings vor allem Studierende in den ländlichen Provinzen benachteiligte, weil dort einerseits die Netzabdeckung unzuverlässig und schwach ist und andererseits die Bevölkerung in den ländlichen Regionen oft nicht die finanziellen Kapazitäten hat, Smartphones oder Computer zu kaufen. Diese Digitalisierung hatte zum Teil schon vor der Pandemie begonnen, wurde durch die Gesundheitskrise jedoch stark beschleunigt.
Die Organisation International Women’s Development Agency (IWDA) legt die Folgen der Corona Pandemie für Sexarbeiterinnen in Kambodscha dar. Die bereits stark marginalisierte Gruppe leidet aufgrund der Pandemie noch stärker unter sozialer Ausgrenzung, Stigmatisierung und einer allgemeinen Diskriminierung. Nur 8 Prozent der Sexarbeiterinnen sind in Besitz der offiziellen „ID Poor“, welche Zugang zu finanzieller Unterstützung und kostenloser Gesundheitsversorgung ermöglicht. Die anhaltende Schließung von unter anderem Karaoke Bars (KTV), welche in einigen Fällen auch als Bordelle fungieren, führt dazu, dass sich Sexarbeiterinnen in gefährlichere Situationen begeben, um auf der Straße ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Obwohl sie zu den am stärksten von der Pandemie Betroffenen gehören, werden Sexarbeiterinnen immer wieder zum Sündenbock für die Übertragung des Virus gemacht, anstatt ihnen die notwendige Unterstützung zukommen zu lassen.
In der Corona-Pandemie starben mehr Frauen während der Schwangerschaft oder Geburt. Laut einer Studie könnten in Kambodscha doppelt so viele Frauen während ihrer Schwangerschaft oder Geburt gestorben sein als in den Jahren zuvor.
Wie in anderen Ländern auch, hat die Pandemie in den Philippinen vor allem vulnerable Gruppen schwer getroffen. Bereits vor der Pandemie zehrten Klimawandel, Finanzkrise, wirtschaftliche Unsicherheit und gewalttätige Konflikte sowie zunehmend schrumpfende demokratische Spielräume an Stabilität und Sicherheitsgefühl der Menschen. All diese Krisen betreffen Frauen besonders und werden durch die Pandemie erheblich verschärft. Zum internationalen Frauentag am 08. März 2022 werfen Bianca Martinez und Galileo de Guzman Castillo einen eingehenden Blick auf Gender – (Un-)gerechtigkeit im Rahmen der Pandemie. Darin beleuchten die Autorinnen u.a. die Bereiche Beschäftigung, Bezahlung, reproduktiver Gesundheit und reproduktiver Arbeit im philippinischen Kontext. Die Antworten der Regierung auf die pandemische Situation selbst haben bereits erhebliche negative Folgen für die Frauen und ihr wirtschaftliches und gesellschaftliches Überleben, obwohl sie selbst einen großen Beitrag zur Überwindung der Krise(n) leisten. Aber es gibt auch Konzepte aus der Zivilgesellschaft heraus, um die Folgen der Pandemie für Frauen überwindbar zu machen.
Für das Magazin VICE hat Viola Zhou über einen Wanderarbeiter in Peking geschrieben. Er wurde Anfang Januar positiv auf das Coronavirus getestet. Routinemäßig haben die Behörden dann, um eine weitere Verbreitung von COVID-19 einzudämmen, sein Bewegungsprofil veröffentlicht. Dabei wurden die Abgründe des Wanderarbeiterdasein offenbart: der Mann mit dem Familiennamen Yue ging in nur 14 Tagen 31 verschiedenen Jobs in der chinesischen Hauptstadt nach.
Netizens reagieren auf Weibo geschockt, vor allem auch als das Bewegungsprofil des Mannes mit jenen anderer, offensichtlich wohlhabenderen, Menschen verglichen wurde. So berichtet Zhou, wie auch die Journalistin Yan Cong, dass Herr Yue am 10. Januar von Mitternacht bis 1:45 Uhr in der Filiale einer Restaurantkette arbeitete. Um 2 Uhr ging es weiter in die nächste Filiale. Um 3 Uhr nahm er eine Arbeit im zentralen Handelsviertel Pekings auf und schon eine Stunde später war er in einer Industriezone am Stadtrand. Um 9 Uhr arbeitete Herr Yue dann in einem Villenviertel.
Der Fall löste nicht nur Entsetzen aus, sondern befeuerte die anhaltende Diskussion in China über die wachsende Schere zwischen Arm und Reich im Land, zwischen Stadteinwohner:innen und Wanderarbeiter:innen. Wie konnte es sein, dass Herr Yue von Job zu Job eilte, während andere von Boutique zu Café schlenderten? Zudem äußerten sich Netizens kritisch, ob nicht die Veröffentlichung eines persönlichen Bewegungsprofil, auch im Kontext der Coronabekämpfung, eine ernsthafte Verletzung der Privatsphäre bedeutete.
Die COVID-19-Pandemie stellt weiterhin eine große globale und lokale Herausforderung dar und wirkt sich besonders stark auf Gruppen in prekären Situationen aus, darunter Arbeiter:innen, Menschen, die in Armut leben, politische Aktivist:innen und indigene Gemeinschaften. Seit Beginn der Krise haben marginalisierte Gruppen die Hauptlast der gesundheitlichen, sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie getragen. Während sich das zweite Jahr des globalen Ausbruchs dem Ende zuneigt, bleiben diese Probleme ungelöst. Umso notwendiger wird es, die Zeit, in der wir leben, weiterhin festzuhalten und zu dokumentieren.
Als letztes Land der Welt haben die Philippinen vor kurzem begonnen, den Präsenzunterricht in den Schulen im Rahmen von Politprojekten wieder aufzunehmen. Diese waren seit Beginn der Pandemie im März 2020 geschlossen, was sich laut Bildungs-und Kinderexpert:innen sehr negativ auf die Entwicklung und mentale Gesundheit der Kinder ausgewirkt hat. Kinder aus armen und/oder bildungsfernen Familien spüren die Konsequenzen besonders hart, da sie außerhalb der Schule kaum eine Chancen zum unterstützten Lernen haben. Über eine Millionen Schüler:innen wurden außerdem zum letzten Schuljahr nicht neu angemeldet, was befürchten lässt, dass viele die Schule abgebrochen haben. Neben den Schulschließungen mussten die Kinder auf den Philippinen auch strenge Ausgangsbeschränkungen ertragen. In einem Pilotprojekt hat die Regierung im November begonnen, einige Schulen unter strengen Bedingungen wieder zu öffnen.