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Asienhaus-Rundbrief 12/2007, 27.7.2007

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In Kürze:
1) 6.10., Ehrenamtlichen-Treffen im Asienhaus: Kennenlernen, Austauschen, Feiern
2) 6.9., Berlin: What to do about Burma?

3)
Klimapolitik: Indien versteckt sich hinter den Armen
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ad 1) 6.10.: Ehrenamtlichen-Treffen im Asienhaus 
Kontakt: klaus.fritsche@asienhaus.de 

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Für den 6.10.2007 lädt das Asienhaus und seine Mitgliedsvereine ehrenamtlich Tätige, ehemalige PraktikantInnen und Freunde des Asienhauses zum diesjährigen Ehrenamtlichen Treffen ein. Das Treffen dient dem Kennenlernen, dem Austausch und dem Pläne schmieden. Ab 19 Uhr wird dann gefeiert. Zum Auftakt wird es einen Input zum Thema Klimawandel und Klimapollitik geben.

Das Programm ist in Kürze erhältlich. Bei Bedarf kann ein Fahrtkostenzuschuss gezahlt und Unterkunft organisiert werden.

ad 2) 6.9., Berlin: What to do about Burma?
Kontakt: burma@asienhaus.de, Einladung/Programm 

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Das Asienhaus und die Friedrich-Ebert-Stiftung laden zu dieser Diskussionsveranstaltung ein. Sie findet statt am Donnerstag, 6. September 2007, von 18.00 bis 20.00 Uhr in der Friedrich-Ebert-Stiftung, Hiroshimastraße 17, 10785 Berlin. 

Diskutieren Sie u.a. mit Dr. Thant Myint-U, Autor des jüngst erschienenen Buches “The River of Lost Footsteps”, und Harn Yawnghwe, Leiter des Euro-Burma Büros in Brüssel, über die aktuelle Situation im Land und neue Strategien im Umgang mit Burma/Myanmar. Dr. P. Christian Hauswedell, Beauftragter für Asienpolitik im Auswärtigen Amt a.D., wird die Veranstaltung moderieren, die in englischer Sprache stattfinden wird.

ad 3) Klimapolitik: Indien versteckt sich hinter den Armen 
von Praful BidwaiArtikel als pdf-Datei, englisches Original

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Kein Platz für heiße Luft

Der folgende Artikel erschien am 2.7.2007 in der indischen Hindustan Times. Der Autor ist Journalist, politischer Analyst und Aktivist (siehe www.prafulbidwai.net). Er fordert von der indischen Regierung eine Umkehr in Sachen Klimapolitik und kritisiert als zynisch, dass sich die indische Regierung hinter den Armen versteckt. Nicht diese, sondern die 80 bis 100 Millionen der Ober- und oberen Mittelschicht seien es, die in einen Konsumrausch verfallen, als wenn es kein Morgen gäbe. Die Übersetzung besorgte Jessica Füllbeck, Praktikantin im Asienhaus.

Tony Blair wird sowohl seinen Kritikern als auch seinen Befürwortern für eine Sache im Gedächtnis bleiben: Einen Dialog zum Klimawechsel zwischen China, Indien, Brasilien, Mexiko, Südafrika und den industrialisierten G8-Staaten auf den Weg gebracht zu haben. Aber wie beim Thema Afrika zeigen Blairs Bemühungen kaum handfeste Resultate. Der Gipfel nach dem G8-Treffen, an dem die sog. „Outreach Five“ (O5) Staaten teilnahmen, hat es nicht geschafft, eine Übereinkunft bei der Bekämpfung der größten Bedrohung zu erzielen, die wir kennen: Die globale Erwärmung. Dies trifft sowohl auf Heiligendamm in diesem Monat zu, wie auch auf Gleneagles 2005. 

Weder einer dieser 13 Staaten, die zu den 25 größten Wirtschaftsmächten zählen, noch irgendein anderes Forum, haben in adäquater Weise auf das beispiellose öffentliche Interesse zu diesem Thema reagiert. Eine Befragung in 14 Staaten hat ergeben, dass 86% der Bevölkerung „besorgt“ seien über die Klimaveränderungen, und von ihren Regierungen erwarten, dass diese aktiv werden. Die Mehrheit der Befragten sagte, dies sei die größte Herausforderung weltweit. Vier Fünftel meinten, es solle einfacher werden, Strom zu beziehen, der mit erneuerbaren Energiequellen erzeugt wird, und neun Zehntel wünschen sich, dass mindestens ein Viertel der Stromerzeugung aus alternativen Quellen gespeist wird.

Leere Versprechungen

Allerdings herrscht ein erheblicher Gegensatz zwischen der Ernsthaftigkeit dieses Anliegens und den Versprechungen von Heiligendamm, einen multilateralen Pakt gegen die Erderwärmung zu schließen, die über das Enddatum des Kyoto-Protokolls (2012) hinausgehen. Die G8-Staaten plädierten verhalten dafür, die Halbierung der Treibhausemissionen bis zum Jahre 2050 einer „eingehenden Betrachtung“ zu unterziehen. Was die Welt wirklich braucht, ist eine Reduktion der CO²-Emissionen um 80%, und einen Wechsel zu einer neuen Energiepolitik – durch rechtsverbindliche Zielvereinbarungen. 

Die nördlichen Industrienationen haben allesamt dabei versagt, ihren Emissionsausstoß zu verringern, obwohl es sie weniger kosten würde, als sie beispielsweise für Spielzeug oder Kosmetik ausgeben. Fünfzehn Jahre nach der Konferenz in Rio sind sie wieder am Nullpunkt angelangt. Und mittlerweile imitieren die größeren der südlichen Wirtschaftsnationen ihre Konsumgewohnheiten. Alarmierend ist z.B., dass China die USA als größten CO²-Emittenten bereits überholt hat – Jahre früher als prognostiziert. 

Es ist klar, dass eine veränderte Führungsrolle in Fragen Klimawandel nicht von Ländern wie China, Indien oder Brasilien ausgehen wird. Hartnäckig weigern diese sich, auch nur über die Verringerung ihrer Ausstoßmengen zu reden, von der Durchführung entsprechender Maßnahmen ganz zu schweigen. Indiens Position ist hier besonders beklagenswert: Es sagt, die Aussichten auf Wachstum in den Entwicklungsländern dürfe unter keinen Umständen behindert werden, für diese Länder sei ein wachsendes BIP der beste Weg, die Aufgabe des Klimaschutzes anzugehen.

Auch der Süden muss aktiv werden

Indien betont das Prinzip der „gemeinsamen, aber differenzierten Verantwortlichkeit“. Das soll im Klartext heißen, der Norden soll den Großteil der Kosten für die Umkehrung der Klimaveränderung tragen. Indien verlangt ebenso nach Zugeständnissen, wie z.B. Technologie für saubere Energie patentfrei zur Verfügung zu stellen und / oder finanziell zu unterstützen. 

Sicher, in erster Linie liegt die Verantwortung für einen Stopp des Klimawandels bei den Ländern des Nordens, denn sie haben ihn in der Vergangenheit ausgelöst. Im Durchschnitt trägt ein Inder oder Chinese nur ein Zwanzigstel bzw. ein Sechstel soviel zur Erderwärmung bei wie ein durchschnittlicher Amerikaner. 

Jedoch ist es zwingend erforderlich, dass die schnellwachsenden südlichen Länder, darunter auch Indien, Maßnahmen ergreifen, um ihre aufgeblähten CO²-Emissionen zu reduzieren. Indiens Gesamtausstoß an Abgasen wächst viermal schneller als der globale Durchschnitt. Man erwartet, dass er sich bis zum Jahr 2030 auf das Zweieinhalbfache erhöht. Der Anteil der Autoabgase wird nach Hochrechnungen auf das Sechsfache steigen. 

Selbst wenn der Norden seinen Ausstoß bis 2050 um 80% reduziert, müssen die Schwellenländer, auch Indien, ihre Emissionen noch um 60% senken. Dies sollte unmittelbar in einem schrittweisen Abbau umgesetzt werden, der auch messbar ist. Stattdessen aber gibt es nur inhaltsleere Reden darüber, dass Indien „in absehbarer Zukunft“ kein „wesentlicher“ Emittent von Treibhausgasen sein wird. 

Indien ist bereits weltweit der Fünftgrößte Emittent, und wird bald Nummer drei und vier, Japan und Russland, überholen. Aber die Bereitstellung eines weltweit öffentlichen Guts, falls man saubere Luft so bezeichnen kann, kann nicht bei den vier oder den zwanzig größten Emittenten liegen. Der Süden kann seiner Mitschuld nicht entgehen oder seine Pflichten bis in alle Ewigkeit aufschieben. 

Indiens Elite versteckt sich hinter den Armen

Es ist riskant, die Pro-Kopf-Emissionen als das einzige ethische Kriterium für die Definition weltweiter Verantwortlichkeit heranzuziehen. Pro-Kopf-Vergleiche bedeuten wenig in Indiens ungleicher Klassengesellschaft, in der erhebliche Unterschiede zwischen Arm und Reich bestehen. Ebenso bleibt hierbei unbeachtet, dass Indien wenig Zugang zu „natürlichen Abflüssen“, wie Meere oder Wälder, hat. 

Und es sind nicht die Armen Indiens, von denen der Großteil am Rande des Existenzminimums lebt, deren Verbrauch steigt. Es sind die 80 bis 100 Millionen der Ober- und oberen Mittelschicht, die in einen Konsumrausch verfallen, als wenn es kein Morgen gäbe. Ihr unersättlicher Appetit führt zu einem nie dagewesenen Boom bei Autos, Klimaanlagen, Waschmaschinen, Mikrowellen und Plasmafernsehern. 

Es ist unmoralisch und zynisch seitens der Regierung, diese Tatsache zu verwischen und sich hinter den Armen zu verstecken. Sie sollte eingestehen, dass es nicht ein, sondern zwei Indien gibt, was den Klimawandel betrifft: Die 700 Millionen, denen Zugang zu modernen Kochgelegenheiten und Leitungswasser fehlt, und die Elite mit ihrem verschwenderischen Konsum von Luxusgütern. Auch die restliche Welt sollte Indien unter diesen Gesichtspunkten betrachten. 

Drei weitere Punkte sind relevant: Erstens, Indien gibt zu, dass es eine allgemeine Verpflichtung zur Minderung des Klimawandels gibt. Ein universelles Ziel ist es wert, verfolgt zu werden, denn es handelt sich um ein globales Gut. Daran sollten keine Bedingungen geknüpft werden, wie z.B. Vergünstigungen in Form von kostenloser Technologie, oder ein zweiter Marshall-Plan, der den Süden subventioniert. 

Zweitens gibt es starke Argumente dafür, Technologie von allen Patenten zu befreien. Aber das ist ein allgemeines Argument gegen das Entstehen von Monopolen, die dann vorgeblich den Fortschritt unterstützen. Tatsächlich werden 95% aller Patente niemals angewendet, sie werden benutzt, um Ansprüche geltend zu machen und Exklusion zu erzeugen, was letztendlich zur Misanthropie führt, wie im Falle der AIDS-Medikamente. Dieses Argument kann aber nicht allein für Technologien zur Emissionsreduktion verwendet werden. 

Kein Beweis für Versprechungen der indischen Regierung

Drittens kann Indien nicht überzeugend damit argumentieren, es sei auf dem Weg zu einem sparsamen Umgang mit Ressourcen und dabei das öffentliche Transportnetz anführen, oder den Energieverbrauch pro Stück in bestimmten Industriezweigen, oder mit der Behauptung, seine Programme zu Umweltschutz und Energieeffizienz hätten ordentliche Ergebnisse erzielt. 

In keiner Studie konnte bisher belegt werden, dass das Metronetz in irgendeiner Weise zur Senkung der Abgase beigetragen hätte, besonders im Vergleich zu den öffentlichen Bussen, oder dass sein Nutzen größer ist als die negativen Auswirkungen auf Umwelt und Wirtschaft, die Gegenden mit hohem Verbrauch eingeschlossen. Für jede zusätzliche Einheit diesen teuren „öffentlichen“ Transportwesens, gibt es einen mehrfachen Zuwachs im privaten Sektor: Indiens Automobilproduktion hat sich in den letzten sechs Jahren verdoppelt. 

Die meisten Länder konnten eine Senkung des Energieaufwands pro Produktionseinheit verzeichnen. Doch Indien kann mit seiner Effizienz nicht beeindrucken. Die Emissionen je Dollar des BIP sind viermal höher als die der USA. Sein unwirtschaftlicher Ausstoß von Kohlendioxyd landet im internationalen Vergleich auf Platz 85 von 141. Indien übertrifft nicht nur Bangladesh, Brasilien und Indonesien, sondern auch die nördlichen Länder wie Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien, Spanien, Japan oder Schweden. 

Indien muss umsteuern

Indiens Rekorde in Sachen Umwelt sind bemerkenswert: Die intensive Abholzung, unerbittliche Verschmutzung der Flüsse, das unkontrollierte Wachstum umweltgefährdender Industriezweige, der Bau großer Staudämme (was ein Viertel aller Emissionen ausmacht), und die Förderung von Atomkraft, was schwer abbaubaren Müll verursacht. Indien ist zweifelsohne auf einem ökologisch ungesunden Weg. 

Im Sinne einer gerechten Aufgabenverteilung im Umweltschutz kann sich Indien nicht länger über den großen Druck zur Reduzierung der Emissionen beschweren. Glaubhafte Einsparungen müssen endlich durchgesetzt werden. Dies ist der beste Weg, einen moralischen Anspruch auf eine ökologische Führungsrolle zu erheben – und so ein Zeichen für das Maßhaltens zu setzen, eine in Vergessenheit geratenen Tradition. 

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