Koreaforschung deutscher Geographen


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Von Eckart Dege

Während in Japan und China eine ganze Reihe deutscher Geographen auf den verschiedenen Fachgebieten forschen, kann man nicht nur die deutschen, sondern sämtliche in westlichen Sprachen publizierenden Geographen, die sich mit Korea beschäftigen, an den Fingern einer Hand abzählen. Das mag mit der auch im Schulunterricht immer wieder herausgestellten Polarisierung zwischen Japan und China mit ihren unterschiedlichen Entwicklungswegen zusammenhängen. Das "Land dazwischen" wird trotz seiner interessanten Brückenfunktion zwischen Festland- und Inselasien einfach übersehen.

In das Blickfeld der deutschen Geographie trat die koreanische Halbinsel mit den wegweisenden Arbeiten von Hermann Lautensach (1886-1971). Bei Hermann Lautensach war schon während seiner Forschungsreisen in Portugal, deren Ergebnisse im ersten Band seiner Landeskunde Portugals 1932 erschienen, der Wunsch gereift, Portugal mit einem Land gleicher geographischer Breite auf der Ostseite des eurasiatischen Kontinents zu vergleichen. Und so reiste er im Frühjahr 1933 unter Einsatz all seiner Ersparnisse und mit Unterstützung durch die Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft und der Gießener Hochschul-Gesellschaft 3. Klasse mit der Transsibirischen Eisenbahn nach Ostasien, um auf der koreanischen Halbinsel das länderkundliche System zu testen, das er bei der Bearbeitung Portugals entwickelt hatte. Während seines Forschungsaufenthaltes in Korea (März bis November 1933) bereiste er das gesamte Land vom Paektu-san im äußersten Norden bis zur Insel Cheju-do im Süden. Aus der Dichte seiner Beobachtungen wird deutlich, mit welcher Zielgerichtetheit und geistiger Anspannung Lautensach diese insgesamt 15000 km umfassenden Reisen im Lande (8900 km in einem alten Ford, 1600 zu Fuß und 4500 km per Bahn und Schiff) durchführte. Hierbei sammelte er Beobachtungen sowohl zu physisch-geographischen Differenzierung des Landes, zur Geologie, Geomorphologie, zum Klima und Pflanzenkleid, als auch zur kulturgeographischen Ausprägung, von der Agrargeographie über die Stadtgeographie zur Verkehrsgeographie bis hin zur Religionsgeographie.

Trotz der aktiven Unterstützung, die Lautensach bei seiner Geländearbeit durch die Behörden des japanischen Generalgouvernements in Korea erfuhr, und einer gewissen Bewunderung für die landeskulturellen Leistungen der japanischen Verwaltung in Korea zeigte Lautensach stets ein großes und bewunderndes Interesse für die hochstehende Kultur des koreanischen Volkes und ein feines Gefühl für die Demütigungen, die es unter der japanischen Herrschaft erfuhr. Diese Einstellung läßt die Koreaner auch heute noch sein Werk bewundern.

Nach zahlreichen Aufsätzen zu Einzelfragen der Geographie Koreas, die zielgerichtet auf eine landeskundliche Bearbeitung hinführten, veröffentlichte Lautensach 1945 seine große Landeskunde "Korea. Eine Landeskunde auf Grund eigener Reisen und der Literatur" (Hermann Lautensach 1945). Dieses Werk wurde zum Standardwerk über Korea und zu einem Musterbeispiel landeskundlicher Bearbeitung. In ihm kommt sein bereits an der Bearbeitung Portugals entwickeltes System des Geographischen Formenwandels zu voller Blüte. Er gliedert die Halbinsel aufgrund der Interferenz des planetarischen, hypsometrischen, peripher-zentralen und west-östlichen Wandels der geographischen Formen, die sowohl physisch-geographische als auch kulturgeographische Bestandteile umfassen.

Da ein Großteil der im Frühjahr 1945 ausgedruckten Auflage bei einem Bombenangriff verloren ging, mit dem Ausbruch des Koreakrieges das Interesse an Informationen über das Land jedoch schlagartig zunahm, entschloss sich Lautensach, 1950 eine Kurzausgabe für ein breites Publikum unter dem Titel "Korea. Land - Volk - Schicksal" (Hermann Lautensach 1950) herauszubringen. Dieses Buch konnte natürlich nicht die wissenschaftliche Tiefe seines großen Korea-Werkes erreichen. Es hatte gegenüber der großen Landeskunde jedoch den Vorteil, dass die Ortsnamen jetzt wieder in der koreanischen Form widergegeben wurden. In der großen, 1945 erschienenen Landeskunde hatte Lautensach sämtliche Ortsnamen in der Romanisierung der japanischen Aussprache ihrer chinesischen Schriftzeichen angegeben (z.B. Heijo für P‘yòngyang), eine Entscheidung, die zur Zeit der japanischen Herrschaft über Korea sicherlich richtig war, mit der Befreiung Koreas von der japanischen Kolonialherrschaft am 15. August 1945 jedoch hinfällig wurde.

Die Tatsache, dass nur sehr wenige Exemplare der Lautensachschen Landeskunde das Kriegsende überstanden hatten und dass das oben angeführte Problem der Ortsnamen die Arbeit mit diesem Werk sehr erschwerte, andererseits diese Landeskunde Koreas in ihrer wissenschaftlichen Breite und Tiefe jedoch bis heute unerreicht ist, veranlasste den Verfasser vorliegender Übersicht, 1988 eine Neuauflage in englischer Sprache herauszubringen, in der sämtliche Ortsnamen im Text und in den zahlreichen Textkarten in die heute allein gültige koreanische Form übertragen wurden (Hermann Lautensach 1988). Ergänzt wurde das Werk durch ein neues Ortsregister in der alle 1284 auftretenden Ortsnamen in der Romanisierung ihrer koreanischen Form, mit ihren chinesischen Schriftzeichen und in der von Lautensach verwendeten japanischen Form sowie ihren Koordinaten und Seitenverweisen aufgenommen wurden. Durch diese englischsprache Neuauflage konnten wir dazu beitragen, dass das Werk Lautensachs nach über 40 Jahren in der internationalen wissenschaftlichen Gemeinschaft die Anerkennung erfährt, die es verdient. Der Text wurde, obwohl er natürlich inzwischen besonders in seinen kulturgeographischen Aussagen überholt ist, nicht verändert, da das Werk gleichsam ein historisches Dokument darstellt, das die gesamte, noch ungeteilte koreanische Halbinsel im Zenit der japanischen Landesentwicklung darstellt. Eine Aktualisierung hätte dieses historische Dokument zerstört.

Dass dieses auch von den koreanischen Kollegen so gesehen wird, zeigt die Tatsache, dass das gesamte Werk 1998 von drei in Deutschland promovierten Kollegen unverändert ins Koreanische übersetzt und in zwei Bänden veröffentlicht wurde (Hermann Lautensach 1998).

 

Südkorea

Für den Verfasser dieser Übersicht war es natürlich eine große Herausforderung, 38 Jahre nach Hermann Lautensach die deutsche geographische Feldforschung in Korea wieder aufzunehmen. Ich erhielt dazu 1971 die Gelegenheit durch eine Einladung meines Studienfreundes Kim Do-jong, der als erster koreanischer Geograph in Deutschland studiert und 1966 bei Carl Troll promoviert hatte. Im Gegensatz zu Lautensach ging ich jedoch nicht mit einer landeskundlichen, sondern einer ganz spezifischen agrargeographischen Fragestellung nach Korea, die eng an die Fragestellung meiner Dissertation anknüpfte. In dieser Arbeit hatte ich die Auswirkungen der Industrialisierung Deutschlands in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf die Agrar- und Sozialstruktur zweier ehemaliger Weinbaugemeinden am Oberen Mittelrhein untersucht. In Korea wollte ich die gleiche Fragestellung, jetzt jedoch im aktuellen Kontext der gerade angelaufenen Industrialisierung Südkoreas, untersuchen.

Bei der von der DFG unterstützten, durch die Laufzeit des Visums jedoch auf drei Monate beschränkten Feldarbeit stellte sich rasch heraus, dass eine derartige, aufgrund der sozioökonomischen Ausrichtung sehr ins Detail gehende Fragestellung in einem Raum, dessen kulturelle Hintergründe man sich erst erarbeiten muss, in derartig kurzer Zeit nicht zufriedenstellend zu lösen war. Deshalb nahm ich die Gelegenheit wahr, mit Unterstützung des DAAD 1974-76 als Gastdozent nach Korea zu gehen. An meinem Gastinstitut, dem Geographischen Institut der Kyunghee University in Seoul (Leiter: Prof. Cho Dong-kyu), fand ich alle nur erdenkliche Unterstützung für die Fortsetzung meiner Feldarbeiten. Die mir anvertrauten Studenten halfen mir mit Begeisterung und Fleiß bei der Geländearbeit und machten sich dabei gleichzeitig mit den in Deutschland üblichen Methoden empirischer Feldforschung vertraut (Eckart Dege 1975). So waren diese zwei Jahre für mich eine erfüllte Zeit wissenschaftlichen Nehmens und Gebens.

Da aufgrund der Datenlage eine Erfassung des zeitlichen Wandels der südkoreanischen Agrarstruktur nur sehr eingeschränkt möglich war, wurde das Schwergewicht der Untersuchung auf die regionalen Entwicklungsdisparitäten der südkoreanischen Agrarregionen gelegt, die aufgrund des unterschiedlichen Entwicklungsstandes der verschiedenen Regionen praktisch einen zeitlichen Wandel widerspiegelten.

Die Untersuchung wurde zweischichtig angelegt: Auf einer Makroebene wurde die Agrarstruktur des gesamten Landes anhand vorliegender Daten, besonders des alle 10 Jahre stattfindenden Agricultural Census und des jährlichen Farm Household Economy Survey, auf der Grundlage von 172 Raumeinheiten, der Landkreise (gun) und Stadtkreise (si), mit statistischen Methoden analysiert. Hierbei konnten aus dem Farm Household Economy Survey Einkommensgrenzen der landwirtschaftlichen Haushaltungen ermittelt werden, die ihre Einteilung in Submarginalbetriebe, Subsistenz- und Semisubsistenzbetriebe und marktorientierte Betriebe erlaubte und mit den Ergebnissen des Agricultural Census eine erste Gliederung des Landes in vier sozioökonomisch bedingte Agrarraumtypen ermöglichte. Eine Auswertung der im Bodenkartenwerk 1:50 000 auskartierten Reliefeinheiten ermöglichte eine Gliederung des Agrarraumes in reliefbedingte Agrarraumtypen. Aus den Angaben zur Landnutzung im Agricultural Census 1970 konnte schließlich eine Gliederung Südkoreas in Anbauregionen vorgenommen werden. In diese Regionalisierung gingen die Nutzungsanteile von 29 verschiedenen Nutzflanzen in den 172 Raumeinheiten als Variablen ein; die Klassifizierung in 9 Anbauregionen erfolgte mit Hilfe einer Clusteranalyse (Eckart Dege 1978a). Diese Regionalisierung ergab deutlich abgegrenzte, in sich geschlossene Anbauregionen; lediglich der Typ "Stadtnahe Sonderkultur-Region" trat als Typregion mehrfach, jeweils im Umland der städtischen Zentren, auf. Weitere Analysen bezogen die Intensität der Landnutzung, den Anteil der landwirtschaftlichen Bevölkerung an der Gesamtbevölkerung, die landwirtschaftliche Haushaltsgröße und ihre Veränderung, die landwirtschaftliche Bevölkerungsdichte, die Alterstruktur und den Bildungsstand der landwirtschaftlichen Betriebsinhaber, die Betriebsgrößen, die Erwerbsstruktur und die Verschuldung der landwirtschaftlichen Betriebe ein. Analysen der Ausweitung der Bewässerungsflächen und der Flurbereinigung galten staatlichen Maßnahmen der Agrarstrukturförderung; die Verbreitung des Anbaus unter Vinylfolie diente als Indikator für Innovationen und die Verbesserung der Verkehrserschließung schließlich als Indikator für die wachsende Marktanbindung der Agrarregionen. Sämtliche Indikatoren wurden in computergenerierten Karten des gesamten Landes dargestellt. Zusammenfassend wurde dann eine Gliederung des gesamten Landes in 11 Agrarregionen vorgenommen. In diese mit einer Clusteranalyse vorgenommenen Regionalisierung gingen 28 Variablen ein, die sich in den vorhergegangenen Analysen als besonders agrarraumprägend erwiesen hatten, 5 Variablen zum Naturraum, 4 zur Landnutzungsstruktur, 7 zur sozialen Situation der landwirtschaftlichen Bevölkerung, 9 zur ökonomischen Struktur der landwirtschaftlichen Betriebe und 3 zum Grad ihrer Marktorientierung. Der Einfluss der verschiedenen Variablen auf den Grad der Marktorientierung landwirtschaftlicher Betriebe wurde schließlich mit drei Regressionsanalysen überprüft. Diese Analysen ließen deutlich erkennen, dass es in Südkorea besonders in den agraren Gunsträumen bereits zu einer Entmischung der früheren landwirtschaftlichen Subsistenzbetriebe in marktorientierte Betriebe auf der einen und Submarginalbetriebe auf der anderen Seite gekommen war. Hierbei erwiesen sich die Betriebsgröße, die landwirtschaftliche Bevölkerungsdichte und der Bildungsstand der Betriebsleiter als wichtige Steuerungsfaktoren.

Ergänzt und thematisch vertieft wurde diese Makroanalyse durch eine Mikroanalyse der sozioökonomischen Struktur sämtlicher 353 Haushaltungen in 8 ausgewählten Beispieldörfern, die jeweils die wichtigsten in der vorangegangenen Analyse ausgeschiedenen Agrarregionen repräsentierten. Die anhand eines standardisierten Fragebogens mit Hilfe koreanischer Studenten durchgeführten Befragungen umfassten für jeden Haushalt 420, seine soziale und ökonomische Struktur charakterisierende, Variablen. Ergänzt wurden die Befragungen durch Kartierungen des Grundbesitzes und der Landnutzung auf der Grundlage der Katasterkarten 1:1200, die durch Luftbildauswertungen aktualisiert wurden. Diese Kartierungen ermöglichten für jeden Haushalt eine detaillierte Erfassung der Produktionsbasis und des evtl. für eine Vermarktung erwirtschafteten Überschusses. Eine statistische Analyse der in den Befragungen und Kartierungen erhobenen Daten ermöglichte eine sozioökonomische Klassifizierung der befragten Haushaltungen in folgende Gruppen: Großbetriebe (4,3 % der befragten Haushaltungen), vollbäuerliche Betriebe (25,2 %), Kleinbauern (27,8 %), Pachtbauern (13,9 %), Zu- und Nebenerwerbsbetriebe (4,8 %), Restbetriebe (8,5 %) und nichtlandwirtschaftliche Haushaltungen (15,5 %). Von diesen wiesen nur die Großbetriebe und vollbäuerlichen Betriebe (also nur knapp 30 % der untersuchten Haushaltungen) eine Struktur auf, die einen erfolgreichen Übergang von der Subsistenz- zur marktorientierten Landwirtschaft versprach. Bei den übrigen Haushaltungen war abzusehen, dass sie langfristig aus der Landwirtschaft ausscheiden und in dem rasch expandierenden sekundären oder tertiären Sektor eine neue Beschäftigung suchen würden. Inzwischen ist dieser Entmischungsprozess in der südkoreanischen Landwirtschaft weitgehend abgeschlossen.

Die Ergebnisse dieses Forschungsprojektes bildeten die Grundlage meiner Habilitationsschrift (Eckart Dege 1982) und wurden als Zusammenfassung bzw. in Einzelaspekten in einer Reihe deutscher und koreanischer Fachzeitschriften veröffentlicht.

Die intensive Beschäftigung mit topographischen und thematischen Karten im oben dargestellten Forschungsprojekt, speziell der Katasterkarten, der Grundkarte 1:5000 und der für das gesamte Land flächendeckend im Maßstab 1:25,000 vorliegenden Landnutzungskarte, führte zu einer systematischen Darstellung der amtlichen und halbamtlichen Kartographie Südkoreas, die 1981 im Internationalen Jahrbuch für Kartographie veröffentlicht wurde (Eckart Dege 1981).

Bei der Beschäftigung mit den im Zuge der Industrialisierung auftretenden Entwicklungsdisparitäten der südkoreanischen Agrarregionen hatte sich gezeigt, dass eine direkte Folge dieser Disparitäten, aber auch gleichzeitig eine unabdingbare Voraussetzung für den Übergang der Betriebe zur marktorientierten Landwirtschaft, das Ausscheiden großer Bevölkerungsteile aus der Landwirtschaft und ihr Übergang in den rasch expandierenden sekundären und tertiären Sektor war. Dieser Prozess führte zu einer Binnenwanderung und Verstädterung allergrößten Umfanges. Während 1955 noch drei Viertel (75,5 %) der südkoreanischen Bevölkerung auf dem Lande lebte, wohnten 1995 mehr als zwei Drittel (78,5 %) der Bevölkerung in Städten über 50,000 Ew. Da die vorliegenden Migrationsstatistiken nicht ausreichten, diesen Prozess in seiner regionalen Differenzierung zu erfassen, benutzte ich für den kritischen Zeitraum 1960-1980 auf der Basis der Landkreise (gun) und Städte (si) die alle fünf Jahre erhobenen Daten zum Altersaufbau der Bevölkerung, die mir vom Korea Research Institute for Human Settlements auf Datenträger zur Verfügung gestellt wurden. Eine statistische Klassifizierung des Altersaufbau ergab drei Typen: Überalterung in den Abwanderungsgebieten durch selektiven Fortzug der jüngeren Kohorten, ausgelöst durch die Pull-Faktoren besserer Verdienstmöglichkeiten in den Städten, Verjüngung der Bevölkerung in den Zuwanderungsgebieten und schließlich keine Veränderung der Altersstruktur bei gleichzeitiger Bevölkerungsabnahme durch "family type out-migration", ausgelöst durch die Push-Faktoren unzureichender agrarischer Ressourcen. Als Ergebnis dieser Studie (Eckart Dege 1985) zeigte sich, dass in einer ersten Phase überwiegend Seoul, dann aber auch Pusan das Ziel der Zuwanderung jüngerer Bevölkerung war. Diese stammte anfangs überwiegend aus der breiten diagonalen Entwicklungsachse Seoul - Pusan, da die junge Bevölkerung in dieser wirtschaftlich weiter entwickelten Zone über ein höheres Bildungsniveau verfügte und deshalb besser auf die Pull-Faktoren höheren Einkommens in den Städten reagieren konnte. Die wirtschaftlich und sozial zurückgebliebenen Regionen des Nordostens und Südwestens started with family type out-migration triggert by the push factors of depressed economic conditions. Erst in der zweiten Phase did selective out-migration start in these peripheral regions, thus causing aging of the population in these regions as well.

Während Martin Schwind im Titel einer Analyse der Bevölkerungsverschiebungen Südkoreas zwischen den Volkszählungen 1965 und 1970 noch die besorgte Frage stellen musste "Entwickelt sich die Republik Korea monoregional?" (Martin Schwind 1977), führte der zweite Schritt der Industrialisierung Südkoreas, der Aufbau einer eigenen Schwer- und petrochemischen Grundstoffindustrie, zur Ausbildung eines kräftigen Gegenpols zur Hauptstadtregion und damit zum Übergang zu einer ausgeglicheneren Raumentwicklung. Diese neuen Industrieanlagen entstanden aus strategischen und verkehrsgeographischen Gründen in einem neuen Industriegürtel an der Südostküste (von P‘ohang über Ulsan, Pusan und Chinhae bis Yòsu). Ablauf und räumliche Auswirkungen der Industrialisierung Südkoreas wurden in einem Themenheft "Ost- und Südostasien" der Geographischen Rundschau dargestellt (Eckart Dege 1986). Hierzu entwickelte ich, aufbauend auf Untersuchungen des Wirtschaftswissenschaftlers Ulrich Menzel (1983), ein Diagramm, das den zeitlichen Ablauf der Industrialisierung in sechs Schritten (bzw. drei Stufen) darstellt. Die Industrialisierung Südkoreas begann nach dem Koreakrieg mit dem Aufbau einer Konsümgüter-Industrie für den eigenen Markt (Importsubstitutions-Industrialisierung der Stufe leichtindustrieller Konsumgüter). Als sich herausstellte, dass Südkorea seine gewachsene Bevölkerung nicht mehr aus eigenen Ressourcen ernähren konnte, erfolgte nach einem Schwenk der Wirtschaftspolitik im Jahre 1962 der Aufbau einer exportorientierten Industrie im Bereich leichtindustrieller Konsumgüter. Dieser zweite Industrialisierungsschritt, in dem Südkorea mit seinen fleißigen, niedrig entlohnten Arbeitskräften den einzigen komparativen Vorteil, über den das Land verfügte, einsetzte, leitete die Take-Off Phase der koreanischen Wirtschaftsentwicklung ein. Da diese Exporte von leichtindustriellen Konsumgütern einen rasch anwachsenden Import von schwerindustriellen Zwischenprodukten nach sich zog, trat Südkorea 1973 in die zweite Stufe der Industrialisierung, den Aufbau einer eigenen Schwer- und petrochemischen Industrie für diese Zwischenprodukte, ein. Diese Stufe erfolgte wiederum in zwei Schritten; zuerst produzierten diese neuen Industrien vorwiegend für den heimischen Markt (Importsubstitutions-Industrialisierung), in einem zweiten Schritt (ab 1978) dann auch verstärkt für den Export. 1982 erreichte Südkorea mit dem Aufbau einer eigenen Investitionsgüterindustrie die dritte Stufe der Industrialisierung, die das Land vom Import von Maschinen, Fahrzeugen und Elektronik unabhängig machen sollte. Schon bereits 1985 begannen jedoch auch diese neuen Industrien für den Weltmarkt zu produzieren. Diese Übersicht zeigt, wie Südkoreas Industrie, ausgehend von leichtindustrieller Konsumgüterindustrie, durch Aufbau der jeweils vorgelagerten Industriestufen die heutige Produktionstiefe erreicht. Hierbei begann jede Stufe mit einer Importsubstitutions-Industrialisierung, die dann jeweils in einem zweiten Schritt in die Export-Industrialisierung einmündete. Inzwischen ist das 1986 veröffentlichte Diagramm, das diese Entwicklung darstellt, zum festen Bestandteil der meisten Geographie-Lehrbücher des Sekundärbereichs, die sich mit der wirtschaftlichen Entwicklung des Pacific rim beschäftigen, geworden.

Das bereits genannte Themenheft der Geographischen Rundschau (1986) und neue Lehrbücher für die Oberstufe des Sekundarbereichs, die in Deutschland nach entsprechenden Änderungen der Lehrpläne in den einzelnen Bundesländern, auf den Markt kamen, lassen erkennen, dass die Entwicklung im asiatisch-pazifischen Raum seit Ende der 80er Jahre auch im Schulunterricht verstärkt an Interesse gewann.

Diese Tatsache führte dazu, dass auch verstärkt bei Geographielehrern der Wunsch bestand, diesen Raum auf Fachexkursionen kennen zulernen, um sich durch eigene Anschauung Unterrichtsmaterial zu erarbeiten. Bereits 1976 war eine Exkursionsgruppe des Verbandes Deutscher Schulgeographen unter der Leitung von Heinz Scholze, dem Initiator dieser Exkursionen, von Japan nach Korea gekommen, wo sie von mir geführt wurde (Hans Knübel 1976). 1977 konnte ich dann eine eigene Schulgeographen-Exkursion leiten, die sich vertieft nur Südkorea widmete (Hartmut Heller 1977). Ab 1992 gelang es dann, mit dem Umweg über China, beide Koreas auf Exkursionen vergleichend darzustellen.

Zwei Kollegen wurden durch die Exkursionen angeregt, sich vertieft mit Korea zu befassen. Hans Knübel verglich Stand und Entwicklung der Landwirtschaft in Nord- und Südkorea in einem Aufsatz in der Zeitschrift für Agrargeographie (Hans Knübel 1987) und Karl Engelhard verfasste gemeinsam mit Park Young-Hahn einen interessanten Aufsatz zum Wassermanagement in Südkorea, wobei er besonders die Bedeutung der neuen Vielzweckstaudämme herausstellte (Karl Engelhard und Park Young-Hahn 1990). Park Young-Hahn hatte an Engelhards Institut in Münster studiert und ihn später nach Korea eingeladen. Es folgten zwei Aufsätze zu Südkoreas Aufstieg vom Entwicklungs- zum Industrieland (Karl Engelhard und Karl-Heinz Otto 1995, Karl Engelhard 1996).

Für die erste große Schulgeographen-Exkursion nach Korea wurde ein Exkursionsführer erarbeitet (Eckart Dege 1977), der dann die Grundlage für den Beitrag Korea in der von Peter Schöller, Heiner Dürr und Eckart Dege herausgegebenen Fischer Länderkunde Ostasien bildete (Eckart Dege 1978b). Nach Auslaufen der Fischer Länderkunde wurde das Korea-Material in aktualisierter und erweiterter Form als Monographie veröffentlicht (Eckart Dege 1992), die in erster Linie als Einführung in den Raum für geographische Exkursionen gedacht. ist.

Da ich für lange Zeit als einziger deutscher Geograph über Korea arbeitete, fiel mir auch die Aufgabe zu, die Geographie Koreas in Handbüchern (z.B. Rüdiger Machetzki und Manfred Pohl 1988) und Länderlexika zu bearbeiten, eine Aufgabe die nach Hermann Lautensach Geographen übernommen hatten, die ihren Forschungsschwerpunkt in Japan (Martin Schwind) oder China (Gustav Fochler-Hauke) hatten.

Der rasche wirtschaftliche Aufschwung Südkoreas in den 70er und 80er Jahren ließ das Land in den Blickpunkt der internationalen Wirtschaftswissenschaft treten. Mit seinem von Weltmarktintegration geprägten Entwicklungsmodell unterschied sich Südkorea fundamental von Nordkorea, das ein autozentrisches Entwicklungsmodell verfolgte. Der von der Industrialisierung ausgelöste Differenzierungsprozess in der Raumentwicklung Südkoreas und die Gegensteuerung durch eine gezielte Dezentralisierungspolitik ließen das Land auch in den Blickpunkt wirtschaftsgeographischen Interesses rücken. Hier war es besonders Ludwig H. Schätzel (Hannover), der durch Aufnahme Südkoreas in sein Programm zu Fragen der Regionalentwicklung in Schwellenländern die Forschung anregte. In diesem Programm wurden bislang in Form von Dissertationen folgende Länder bearbeitet: Malaisia (Knut Koschatzky 1987), Südkorea (Karin Wessel 1991), Thailand (Sabine Schlörke 1992), Phillippinen (Maren Krämer 1992) und Vietnam (Javier Revilla Diez 1995). Mit Karin Wessel forschte während eines anderthalbjährigen, von der Volkswagenstiftung unterstützten Aufenthaltes (1988-89) die zweite deutsche Geographin (seit dem Zweiten Weltkrieg) in Korea. Ihre Untersuchung zu raumstrukturellen Veränderungen im Entwicklungsprozess Südkoreas (Karin Wessel 1991) ist in zwei Ebenen angelegt. Auf der ersten Ebene wurde auf der Basis veröffentlichter Daten eine quantitative Analyse der Raumentwicklung Südkoreas vorgenommen. Sie bezieht sich auf Indikatoren der Bevölkerungsentwicklung und -verteilung, der Industrieentwicklung und -verteilung sowie der sozioökonomischen Lebensbedingungen. Diese landesweite Analyse wurde durch eine Evaluierung der industriellen Dezentralisierungspolitik aufgrund eigener Betriebs- und Arbeitskräftebefragungen in zwei ausgewählten Fallstudien, Ulsan und Taejòn, ergänzt. In Ulsan konnten 76 Industriebetriebe und 289 Beschäftigte, in Taejòn 99 Industriebetriebe und 255 Beschäftigte interviewt werden.

Als Ergebnis dieser Untersuchung zeigte sich, dass die regionale Bevölkerungsverteilung während des gesamten Betrachtungszeitraumes (1961 bis 1986) einen räumlichen Konzentrationsprozess zugunsten der Hauptstadtregion Seoul mit ihrer Umlandprovinz Kyònggi-do sowie ihres Gegenpols Pusan mit der Provinz Kyòngsang-namdo aufwies. Im Gegensatz zur Bevölkerungsentwicklung zeigten die regionalen Einkommensunterschiede nach einer Phase der Divergenz seit den 70er Jahren weder einen Trend in Richtung auf zunehmende Polarisierung noch in Richtung auf eine Konvergenz der Disparitäten zwischen Stadt und Land. Der räumliche Industrialisierungsprozess lehnte sich eng an die drei Stufen der Industrialisierung Südkoreas (s.o.) an: Konzentration in der Stufe der Industrialisierung im Bereich leichtindustrieller Konsumgüter in den 60er Jahren, Dezentralisation mit dem Aufbau der Industrie für schwerindustrielle Zwischenprodukte in den 70er Jahren und erneute Polarisation mit dem Aufbau einer Investitionsgüterindustrie in den 80er Jahren. Besonders die humankapital- und forschungsintensiven Bereiche der Elektro- und Elektronikindustrie zeigen eine Tendenz zur Agglomeration in der Hauptstadtregion. Auf regionaler Ebene zeigt sich hier allerdings eine Dezentralisierung zugunsten der Umlandprovinz Kyònggi-do, wo sich aufgrund des größeren Flächenangebots bereits konsolidierte High-Tech Unternehmen konzentrieren, während Seoul eher die Inkubatorfunktion für die Neugründung spezialisierter technologieintensiver Kleinbetriebe übernimmt. Die Konzentration der industriellen Entwicklung auf die beiden Pole Seoul und Pusan mit ihren jeweiligen Umlandprovinzen sowie auf den Großraum Taegu (mit Kumi) und Taejòn (mit Ch‘òngju) ließ ein diagonal durch das Land verlaufendes Verdichtungsband entstehen, in dem ein gut ausgeprägtes Städtesystem ausgebildet ist, in dem die Polarisierungstendenzen innerhalb der Städtehierarchie seit der zweiten Hälfte der 70er Jahre kontinuierlich abnehmen. Abseits dieser Entwicklungsachse, im Südwesten (in den Provinzen Chòlla-namdo und Chòlla-pukto) und im Nordosten (in der Provinz Kangwòn-do sowie in den nördlichen Teilen der Provinz Ch‘ungch‘òng-pukto und Kyòngsang-pukto), zeigen sich bislang noch keine Tendenzen zur Ausbildung eines räumlich und funktional ausdifferenzierten Städtesystems.

Die Anfang der 60er Jahre in Südkorea praktizierte Dezentralisierungspolitik beschränkte sich anfangs auf relativ unkoordinierte, vielfach widersprüchliche Einzelmaßnahmen wie die Gründung von Industrial Estates. Erst mit der Verabschiedung des ersten National Land Development Plan (1972-1981) kam es zur Ausformung räumlicher Leitbilder und damit zu einer ersten effektiven landesweiten Bevölkerungs- und Industriedezentralisierung; im zweiten Land Development Plan (1982-1991) wurden die Maßnahmen des ersten Planes durch einen gezielten Ausbau der Klein- und Mittelstädte zur Förderung einer ausgewogenen polyzentrischen Raumstruktur erweitert. Diese Maßnahmen gingen einher mit einer stärkeren Regionalisierung auf politischer Ebene, der Verlagerung von Verwaltungsfunktionen auf untergeordnete Behörden und schließlich der Wiedereinführung der lokalen Autonomie.

Während eines zweiten Forschungsaufenthaltes im August 1996 konzentrierte sich Karin Wessel auf die südkoreanische High-Tech-Industrie, die aufgrund wirtschaftlicher Überlegungen starke räumliche Konzentrationstendenzen aufweist, die den Zielen der Raumplanung, eine ausgeglichene Regionalentwicklung sicherzustellen, zuwiderläuft (Karin Wessel 1997a, 1997b).

Das Problem der Metropolisierung Seouls im Rahmen der Regionalentwicklung und Raumplanung wurde von Dirk Bonger vergleichend mit den südostasiatischen Metropolen Manila und Bangkok untersucht (Dirk Bronger 1995, Dirk Bronger und Marcus Strelow 1996). Hierbei wurde besonders der Frage nachgegangen, inwieweit die metropolitane funktionale Primacy, wichtigstes raumstrukturelles Merkmal der Entwicklungsländer gegenüber den Industrieländern, im Laufe des Industrialisierungsprozesses abgebaut werden konnte. Als Ergebnis zeigte sich, dass die angestrebte demographische Dekonzentration der Seoul Capital Region noch nicht erreicht werden konnte; mit 16,9 Mill. ist Groß-Seoul nach Tokyo-Yokohama heute die zweitgrößte Megastadt der Erde. Ihre einst ausgeprägte funktionale Hegemonialstellung innerhalb des Landes konnte real jedoch drastisch reduziert werden. In der regionalen Einkommensverteilung hält Südkorea sogar einem Vergleich mit den westeuropäischen Industrieländern stand. Im Gegensatz zu Südkorea konnte der "Zielkonflikt zwischen Metropolisierung und Dezentralisierung" (Ludwig H. Schätzl 1992, 23) in der regionalpolitischen Praxis der Philippinen und Thailands bislang noch nicht überwunden werden.

 

Nordkorea

Die Beschäftigung mit dem südkoreanischen, auf Weltmarktintegration setzenden Entwicklungsmodell ließ natürlich den Wunsch aufkommen, vergleichend das nordkoreanische, auf autozentrische Entwicklung basierende Modell kennen zulernen. An einen Besuch Nordkoreas war jedoch ohne ein unverantwortliches politisches Kotau vorerst nicht zu denken. Erst 1988 eröffnete sich mir die Möglichkeit, auf der Schiene Tourismus / geographische Exkursion das Land zu besuchen. Seither bin ich acht mal in Nordkorea gereist, darunter zwei mal mit Schulgeographen-Gruppen und einmal auf einer großen Exkursion mit meinen Studenten.

Geographische Feldforschung ist bislang in Nordkorea jedoch noch nicht möglich. Ausländische Besucher sind in ihrer Bewegungsfreiheit stark eingeschränkt (obwohl es mir gelungen ist, in geduldigen Diskussionen immer mehr Ziele, darunter das Diamantengebirge und den Paektu-san, für meine Exkursionsgruppen zugänglich zu machen). Darüber hinaus hat ein Ausländer keinerlei Zugang zu verlässlichen Unterlagen über das Land, seien es Statistiken oder gar Karten und Luftbilder. Deshalb mussten sich meine Beobachtungen auf recht allgemeine Eindrücke und meine Publikationstätigkeit auf einen Reiseführer (Eckart Dege 1991a), einen gemeinsam mit dem Geographen und Stadtplaner Alfred Schinz verfassten stadtgeographischen Überblick über die norkoreanische Hauptstadt P‘yòngyang (Alfred Schinz und Eckart Dege 1990) sowie die agrargeographische Interpretation eines Satellitenbildes der Provinz P‘yòngan-namdo (Eckart Dege 1991b) beschränken.

Hinsichtlich der Forschungsmöglichkeiten erging es mir nicht besser, allerdings auch nicht schlechter, als Hans-Ulrich Pews, dem einzigen Geographen der damaligen DDR, der sich auf Nordkorea spezialisiert hatte. Er unterlag den gleichen Einschränkungen der Bewegungsfreiheit und ihm standen auch nur die gleichen für das Ausland präparierten, stark propagandistisch gefärbten Unterlagen für seine Veröffentlichungen zur Verfügung (Hans-Ulrich Pews 1987a, 1987b, 1988, 1991). Dass die Bewertung der Fakten und Beobachtungen in unseren Publikationen teilweise unterschiedlich ausgefallen ist, lag an der damaligen Einbindung in unterschiedliche politische und wissenschaftliche Systeme.

Die Beschäftigung mit beiden Teilen Koreas führte vor dem Hintergrund der Erfahrungen mit der deutschen Wiedervereinigung zu einem wirtschaftsräumlichen Scenario für ein wiedervereinigtes Korea (Eckart Dege 1996a, 1998). Die hierin angestellten Überlegungen kamen zu dem Schluss, dass Nordkorea nach der Wiedervereinigung zur wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Peripherie des südkoreanischen Kerns werden wird. Es wird eines langen Aufbauprozesses in Nordkorea bedürfen, bis neue komparative Vorteile, wie z.B. eine hochmoderne, völlig neu geschaffene Infrastruktur, die Nachteile der Peripherisierung dieses Raumes überwinden werden. Dann kann auf der koreanischen Halbinsel als Ergebnis eines industriellen Reifungsprozesses eine Raumstruktur entstehen, die sich durch ein funktional interdependentes, die nationalen Ressourcen voll ausschöpfendes Städtesystem auszeichnet.

Koreaner in China

Einladungen der Yanbian University (1988, 1989 und 1992) sowie eine Studenten-Exkursion (1997) gaben mir die Gelegenheit, Kultur und Wirtschaft der 1,9 Mio. zählenden koreanischen Minderheit in China kennen zulernen. Zahlreiche Koreaner waren bereits in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts vor Hungersnöten in ihrer Heimat über die Grenzflüsse Yalu und Tumen in die Mandschurei ausgewichen, um hier als Siedlungspioniere neues Ackerland zu erschließen. Eine zweite Einwanderungswelle wurde durch politische Flüchtlinge ausgelöst, die sich zwischen 1910 und 1930 der Unterwerfung ihrer koreanischen Heimat durch die Japaner widersetzten, und eine dritte Einwanderungswelle bildete schließlich die planmäßige Ansiedlung landlos gewordener koreanischer Bauern in dem 1932 errichteten Marionettenstaat Mandschukuo durch japanische Landerschließungsgesellschaften (Eckart Dege 1996b). Heute verfügen die Koreaner in China über ein eigenes Verwaltungsgebiet im Osten der Provinz Jilin, der Koreanischen Autonomen Präfektur von Yanbian. Ihr im Vergleich zu Han-Chinesen höheres Bildungsniveau und ihre wirtschaftliche Regsamkeit lassen sie z.T. die Nachteile der peripheren Lage ihres Siedlungsgebietes überwinden. Mit besonderer Aufmerksamkeit wurde deshalb der von der UNDP initiierte Plan, im Mündungsdelta des Tumen auf dem Territorium der drei Staaten China, Russland und Nordkorea ein internationales Handels- und Finanzzentrum vom Format Hong Kongs zu gründen, betrachtet. Ein derartiges supranationales Zentrum würde die Koreaner in China aus ihrer Isolation befreien und in den drei beteiligten Ländern gewaltige Synergien freisetzen (Eckart Dege 1993). Bislang scheiterte die Umsetzung dieses Planes an den unterschiedlichen politischen Interessen der drei Staaten.

 

Ausbildung koreanischer Geographen in Deutschland

Wissenschaftlicher Austausch ist nie eine Einbahnstraße. Deshalb kommt gerade vor dem Hintergrund der geringen Beschäftigung deutscher Geographen mit Korea der Ausbildung koreanischer Geographen an deutschen Hochschulen für den Transfer von deutschen wissenschaftlichen Theorien und Methoden in die Geographie Koreas besondere Bedeutung zu. Der erste koreanische Geograph, der in Deutschland promovierte, war Kim Do-jong (1966). Ihm folgten, vielfach aufgrund persönlicher Beziehungen, 15 weitere Geographen, die ihr Studium an deutschen Hochschulen mit der Promotion abschlossen (siehe Aufstellung am Ende dieses Beitrages). Von den 14 heute noch lebenden in Deutschland ausgebildeten Geographen sind 12 als Dozenten an koreanischen Hochschulen und einer am führenden Raumplanungsinstitut des Landes tätig. Sie alle sind unverzichtbare Multiplikatoren der deutschen Geographie in Korea. Sieben von ihnen bearbeiteten in ihrer Dissertation Themen, die sich (z.T. vergleichend mit Deutschland) geographischen Fragestellungen ihres Heimatlandes widmeten, und trugen damit, wie auch mit ihren späteren Forschungen, entscheidend zur geographischen Kenntnis von Korea bei.

Bibliography

Bronger, D.: Manila - Bangkok - Seoul: Metropolisierung versus regionale Entwicklung? Petermanns Geographische Mitteilungen, 139, 1995/5+6, S. 339-352, 1995

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Dissertationen koreanischer Geographen

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Park Dong-Won: Flußmorphologie im Süßwasserbereich der Unterelbe (Elbe km 650-670). Hamburg 1973

Yu Woo-ik: Zentralörtliches Verhalten und Sozialstruktur in ländlichen Räumen: ein Vergleich zwischen Schleswig-Holstein und Korea. Kiel 1980

Kim Boo-Sung: Die Bedeutung von Innovationsprozessen für sozialgeographische Strukturen im Freizeitraum. München 1987

Kang Kyoung-Won: Die räumliche Kognition koreanischer Stadtbewohner. Beitrag zur Erforschung kulturraumspezifischer Wahrnehmungs- und Bewertungsmuster. Kiel 1988

Yoo Duck-Ki: Die Landwirtschaft im Bergland Südkoreas. Agrarstrukturwandel und regionale Entwicklungsperspektiven dargestellt am Beispiel des Bezirks Pyongchang. Bonn 1988

Kim Chong-Kyu: Die räumliche und zeitliche Niederschlagsverteilung in Korea. Kiel 1988

Kim Jong-Wook: Funktionale Fluvialmorphologie der Kall. Aachen 1988

Kim Jai-Han: Die Auswirkungen der Grenzziehung auf die Grenzgebiete: ein Vergleich zwischen Südkorea und der Bundesrepublik Deutschland. Bochum 1989

Jo Gi-Ho: Planungsrelevante Bestimmung der räumlichen Schallimmissionsbelastung von Städten unterschiedlicher Verkehrsstruktur. Kiel 1990

Hwang Sang-Ill: Holozänes Sedimentationsmilieu der Küstenebene Koreas. Freiburg 1994

Hwang Soon-Ock: Untersuchungen zur jungquartären Vegetationsentwicklung in den Flußgebieten des Gawaji-, Dodaechon-, Younfyang-, Unsan- und Jumunjin-Gebietes Südkoreas. Freiburg 1994

Choe Han-Sung: Geomorphologische Untersuchungen am intramontanen Becken von Kòch‘ang im Tògyu-Kaya-Bebirge in Südkorea. Würzburg 1995

 

Hong Seong Jo: Holozäne und aktuelle Tal- und Flußentwicklung auf der Nordostabdachung des Kaufunger Waldes, Nordhessen. Göttingen 1995

Lee Yong-Woo: Die Abfallwirtschaft in den Gemeinden von Nordrhein-Westfalen. Bonn 1996

Ahn Young-Jin: Entwicklung und Standortstruktur des Bürosektors in Seoul, Südkorea. München 1998

Dieser Beitrag würde im Korea Forum 1/2 2000 gekürzt abgedruckt.

Dr. Eckart Dege ist Professor am Geographischen Institut der Universität Kiel und Mitglied des Council der Association for Korean Studies in Europe.

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Stand: 02. Juli 2004, © Asienhaus Essen / Asia House Essen
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