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ab dem 24.9.12 Asienstiftung, Hohenzollernring 52, D-50672 Köln
Logo Asienstiftung Burma-Nachrichten 5/12, 12.09.2012

Inhalt in Kürze

1. Medienzensur: Mehr Freiheiten für Presse eingeräumt
2. Thein Sein reformiert Kabinett
3. Erstmals weibliches Kabinettsmitglied
4. Birmanische Armee entlässt Kindersoldaten
5. Präsident Thein Sein hebt Einreiseverbote gegen 2082 Dissidenten auf

6. Rohingya: Mönche stärken Präsident Thein Sein den Rücken
7. China weist Kachin-Flüchtlinge ab
8. Krise am Verfassungsgericht: Parlament demonstriert seine Macht
9. Neues Investitionsgesetz verabschiedet
10. Yangons Kolonialbauten gefährdet

1.) Medienzensur: Mehr Freiheiten für Presse eingeräumt
 
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Am 20. August verkündete das Informationsministerium Myanmars die Aufhebung der Vorzensur für die Presse. Nachdem jahrzehntelang eine extrem restriktive Zensurpolitik das Land beherrschte, müssen Publikationen vor ihrer Veröffentlichung nicht mehr von staatlichen Zensoren überprüft und genehmigt werden. Dazu zählen auch politische und religiöse Schriften. Jedoch müssen bereits publizierte Texte auch weiterhin bei der Prüfstelle eingereicht werden. Es heißt, damit soll möglichen Verstößen gegen Verlagsrechte vorgebeugt werden. Es wurde ebenfalls ein 16-Punkte-Papier verabschiedet, das die Kritik an Regierung, Armee und der umstrittenen Verfassung verbietet.

Die Medienzensur wurde bereits im vergangenen Jahr allmählich gelockert. Am 2.September traf sich der neue Informationsminister Aung Kyi mit dem Vorsitzenden des myanmarischen Journalisten-Verbandes (MJA) um unter anderem über internationale Standards der Pressefreiheit zu diskutieren. Thein Sein verkündete, dass der Mediengesetzentwurf der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und die Presse konsultiert werde.

taz 28.8.12; süddeutsche 20.8.12; Irrawaddy 3.9.12

Mehr Informationen im Regionalbericht Medien der Konrad-Adenauer-Stiftung

2.) Thein Sein reformiert Kabinett 
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Eine Woche nach Aufhebung der Vorzensur für Medien am 20. August leitet Präsident Thein Sein den Umbau seines Kabinetts ein. Thein Sein versucht auf diesem Wege einen Kreis von reformorientierten Ministern um sich zu scharen. Hierzu zählen insbesondere der als moderat geltende Eisenbahnminister Aung Min, der die Friedensverhandlungen mit mehreren bewaffneten ethnischen Gruppieren führte sowie die Minister für Finanzen, Industrie und Planung. Zugleich wurde Informationsminister Kyaw Hsan, bekennender Hardliner und verantwortlich für die harte Haltung der Regierung gegenüber der Presse, das vergleichsweise unbedeutende Amt des Genossenschaftsministers zugewiesen. In Zukunft wird Arbeitsminister Aung Kyi, ehemals Vermittler zwischen Junta und Opposition, den Posten des Informationsministers einnehmen. Ihm wird zugetraut, dass er das angeblich von Korruption befallene Ministerium umwälzen kann.

Thant Myint-U, der weltweit bekannte Historiker und Sohn des verstorbenen UN-General- sekretärs U Thant, beurteilte diesen Schritt als eindeutige Stärkung von Thein Seins Reformagenda, berichtete die Zeitung Irrawaddy. Bleibt noch abzuwarten, wie Thein Sein die erneut ausgebrochenen Unruhen zwischen bewaffneten ethnischen Gruppierungen und der Armee im Kachin-Staat meistern wird. Es ist an der Zeit, dass der Präsident seine Autorität über die staatliche Armee demonstriert. 

taz 28.8.12; Blick 27.8.12; asia sentinel 5.9.12

3.) Erstmals weibliches Kabinettsmitglied
 
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Ihr Name ist Myat Myat Ohn Khin und sie ist das erste weiblich Kabinettsmitglied seit der Unabhängigkeit Myanmars 1948. Die Medizinerin wurde am 4. August zur Ministerin für Soziales, Fürsorge und Wiederansiedlung ernannt. 

Im Rahmen der kürzlich erfolgten Kabinettumstrukturierung wurden insgesamt neun MinisterInnen neu zugeordnet und 16 neue VizeministerInnen ernannt. Auch hier wurden vier Frauen zu Vizeministerinnen befördert: Dr. Khin San Yi (Wirtschafts- planung und Handel) - Suu Suu Hlaing (Ministerium für Soziales und Wiederansiedlung) - Dr. Thet Thet Zin (Umwelt- und Forstministerium) - Dr. Thein Thein Htay (Gesundheitsministerium). 

Firstpost 7.9.12; Mizzima 10.9.12; Myanmar Times 10.-16.2012

Zur Liste der KabinettsmitgliederInnen und ViezeministerInnen Myanmars finden Sie hier.

4.) Birmanische Armee entlässt Kindersoldaten
 
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Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) bestätigte am 2. September die Freilassung  von 42 Kindersoldaten durch die Armee. Im Juni 2012 hatte Myanmar zusammen mit UN-VertreterInnen einen Aktionsplan gegen den Einsatz von Kindersoldaten unterzeichnet. Die ILO strebt nun mittels der Kooperation mit  der birmanischen Armee und der Kachin Independence Army (KIA) die Freilassung weiterer Kindersoldaten innerhalb der KIA an. Laut Aussagen der ILO hält die KIA gegenwärtig etwa 40 Soldaten, darunter auch Minderjährige, als Kriegsgefangene in ihrem Hauptquartier in der Stadt Laiza fest. In Reaktion darauf teilte der KIA-Sprecher La Nan der Zeitung Irrawaddy seine Kooperationsbereitschaft mit. Er habe bereits eine Liste mit Namen der Gefangenen an die ILO weitergeleitet. 

Auch die Organisationen zweier ethnischer Minderheiten in Myanmar haben ein Abkommen mit der Schweizer Nichtregierungsorganisation Geneva Call in Genf unterzeichnet. Die VetreterInnen der New Mon State Party (NMSP) und der Karenni National Progressive Party (KNPP) verpflichteten sich unter anderem keine Kindersoldaten unter 18 Jahren zu rekrutieren und keine Todesstrafen gegen Minderjährige zu verhängen oder zu vollziehen. Beobachter hoffen nun auf die Vorbildfunktion der NMSP und der KNPP für andere Gruppierungen, die Rekrutierung von Kindern zu unterlassen und minderjährige Soldaten freizulassen.

aktivgegenkinderarbeit 24.8.12; NZZ 6.8.12; Zeit 4.9.12; Irrawaddy 5.9.12

5.) Präsident Thein Sein hebt Einreiseverbote gegen 2082 Dissidenten auf
 
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Die Einreiseverbote für insgesamt 2082 Menschen, darunter auch die beiden Söhne der
Oppositionspolitikerin Aung San Suu Kyi, wurden von der berüchtigten "Schwarzen Liste"
der Einreisebehörden in Myanmar genommen. Damit können diese, zu denen auch Gegner
der früheren Militärjunta sowie ausländische Journalisten zählen, wieder in ihre Heimat
zurückkehren. Unter hunderten von Exilbirmanen folgte auch der bekannte birmanische
Studentenführer von 1988 Moe Thee Zun, dem seit 24 Jahren die Einreise nach Myanmar
verwehrt wurde, dem Aufruf der Regierung. Er kündete an, sein Heimatland auf dem Weg
zur Demokratie zu unterstützen. Auf der "Schwarzen Liste" verbleiben jedoch weiterhin die Namen von 4000 Menschen, denen die Einreise nach Myanmar bis auf Weiteres verboten bleibt.

BBC 1.9.12Irrawaddy 6.9.12; Mizzima 3.9.12  

Zur "Schwarzen Liste" der myanmarischen Einreisebehörden 2012 finden Sie hier.

6.) Rohingya: Mönche stärken Präsident Thein Sein den Rücken
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Am Dienstag, den 4. September, versammelten sich mehrere hundert buddhistische Mönche auf den Straßen von Mandaly, um die Umsiedlung der muslimischen Minderheit der Rohingya zu fordern. Dies ist bereits der dritte Aufmarsch mit dem die Mönche Präsident Thein Seins Forderung an das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen unterstützen. Der Präsident appelierte an die UN, die Verantwortung für die Umsiedlung der Rohingya, die größtenteils im Rakhine-Staat und im Westen von Myanmar leben, zu übernehmen. Die UN wies seine Forderung jedoch zurück. 

Die Kritik der Mönche richtete sich auch an den UN-Menschenrechtsbeauftragten Tomas Ojea Quintana, der sich vermeintlich hinter die Rohingya stelle. Der stellvertretende Asien-Direktor von Human Rights Watch Phil Robertson fürchtet, dass die Mönche, die im Land als hohe moralische Autorität gelten, die konfessionellen Spannungen verstärken. Die  Rohingya-Angelegenheit bewertet er als Präzedenzfall für ein multiethnisches Myanmar. 

Die Mönchsdemonstrationen folgen auf die gewaltsamen Unruhen zwischen buddhistischen Birmanen und muslimischen Rohingya im Juni 2012 im Rhakine-Staat in Reaktion auf die Vergewaltigung und Ermordung einer Buddhistin durch angeblich drei Rohingya. Die Vereinten Nationen zählt die Gruppe der Rohingya zu den weltweit meist verfolgten Gruppen. Ihnen wird sowohl von Myanmar als auch von Bangladesch die Staatsbürgerschaft verwehrt, wodurch sie zu Staatenlosen gemacht werden.

Mizzima 5.9.12, Aljazeera 2.9.12Voice of America 4.9.12

7.) China weist Kachin-Flüchtlinge ab nach
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Die chinesische Regierung schob Ende August mindestens 4.000 Angehörige der Kachin zwangsweise in eine in Nord-Myanmar gelegene Konfliktregion ab. Laut Angaben von Human Rights Watch (HRW), gewährte die chinesische Regierung den Kachin-Flüchtlingen kein Verfahren zur Festellung ihrer Ansprüche auf den Flüchtlingsstatus. Damit widersetzte sie sich dem internationalen Flüchtlingsrecht. 

In einem Brief an das chinesische Außeministerium beschuldigt HRW China der Verletzung des Völkerrechts. Denn das Land hat die Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 und deren Protokoll von 1961 sowie weitere internationale Menschenrechtsabkommen zum Schutz von Flüchtlingen unterzeichnet. 

HRW fordert von der chinesischen Regierung in Zukunft von Zwangsrückführungen der Kachin-Flüchtlinge abzusehen. Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) und andere humanitäre Organisationen sollen Zugang zu den Flüchtlingen bekommen um ihnen humanitäre Hilfe zu gewährleisten.

HRW-Brief an das chinesische Außenministerium

HRW 6.9.12; UNHCR 10.9.12; Irrawaddy 31.8.12

8.) Krise am Verfassungsgericht: Parlament demonstriert seine Macht nach
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Am Donnerstag, den 6. September, stimmten mehr als zwei Drittel der Abgeordneten des Pyithu Hluttaw (Unterhaus) für die Amtsenthebung der neun Mitglieder des  Verfassungsgerichts. In Reaktion darauf traten diese geschlossen zurück. Präsident Thein Sein stimmte dem Rücktritt der Verfassungsrichter zu. Politische Beobachter führen dies auf einen Machtkampf zwischen Präsident Thein Sein und dem Unterhauspräsidenten Shwe Mann zurück, die beide als Reformer gelten. Denn Shwe Mann werden Ambitionen auf das Präsidentenamt nachgesagt. Das Amyotha Hluttaw (Oberhaus) votierte bereits im August für eine Amtsenthebung der Richter. Die Auseinandersetzung folgte auf das Urteil des Verfassungsgerichts im Februar 2012, das die Forderung von Abgeordneten, Minister zur Teilnahme an Ausschusssitzungen zu verpflichten, zurückwies.  

Die Amtsenthebung wurde von allen politischen Parteien, auch von der Union Solidarity and Development Party (USDP), unterstützt. So erklärte der Abgeordnete Soe Yin von der USDP, dass der Angriff auf das Parlament einem Angriff auf das myanmarische Volk gleichkäme. Lediglich die Repräsentanten des Militärs, die ein Viertel der Sitze  im Parlament einnehmen, legten Einspruch ein.

Democratic Voice of Burma 7.9.12; NZZ 7.9.12

9.) Neues Investitionsgesetz verabschiedet nach
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Das mit Spannung erwartete Investitionsgesetz betreffend ausländische Direktinvestitionen ist vom Parlament abgesegnet worden. Das für die Zukunftspläne der Regierung ausschlaggebende Gesetz wurde  am 7. August angenommen. Die neue Version des Gesetzes hat mehrere Bestimmungen des ursprünglichen Entwurfs fallen gelassen. So wurde beispielsweise die Regelung, die einen anfänglichen Investitionsbetrag von mindestens 3.2 Millionen Euro fordert, entfernt.

Das neue Investitionsgesetz gewährt ausländischen Interessenten einen Anteil von bis zu fünfzig Prozent an Joint Ventures, in wenigen Sektoren darf die fünfzig Prozent-Marke sogar überschritten werden. Investoren müssen nun die Verabschiedung des Gesetzes durch Präsident Thein Sein im kommenden Oktober abwarten. 

Für das von von der ADB als nächster, aufstrebender Stern Asiens gekürte Myanmar kommen diese Änderungen gerade zur rechten Zeit. Auf dem Markt drängen sich bereits Coca-Cola, Visa, Samsung und Hyundai. Auch internationale Hotelketten möchten etwas vom Kuchen abhaben.

Die Goldgräberstimmung ist jedoch schwer vereinbar mit den gegenwärtigen Verhältnissen im Land. Infrastruktur, Transport, Wasser- und Abwasserversorgung befinden sich in einem katastrophalen Zustand. Allein die Förderung einer nachhaltigen Wirtschaftsentwicklung in Myanmar kann den Schutz seiner biologischen Vielfalt sowie einen nachhaltigen und umweltschonenden ökonomischen Wandel sicherstellen.

Spiegel 25.8.12; FR 21.8.12; Malaya Business News Online 11.9.12; The Wall Street Journal 7.9.12

10.) Yangons Kolonialbauten gefährdet nach
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Für viele Touristen stellt die ehemalige Hauptstadt Yangon ein besonderes Erlebnis auf ihrer Myanmar-Reise dar. Neben der Shwedagon-Pagode imponieren den Besuchern insbesondere das chaotische Treiben und die alten Kolonialbauten. Doch im Hinblick auf die Attraktivität für Touristen sind dem Stadtkomitee die vollgestopften Straßen mit ihren Straßenhändlern ein Dorn im Auge. Laut dem Yangon City Development Committee bieten allein im Stadtkern über 40.000 Straßenhändler ihre Waren feil. 

Der Tourismus soll in Myanmar das Wirtschaftswachstum ankurbeln. Die Preise für Hotels sind schon seit einiger Zeit extrem angestiegen, die Kapazitäten sind jedoch längst ausgeschöpft. Auch die Boden- und Mietpreise sind in die Höhe geschossen. Mit dem Bau von Einkaufszentren erhoffen sich Investoren hohe Gewinne.

Mittels des Yangon Heritage Trust, versucht der Historiker Thant Myint-U zusammen mit Architekten, Stadtplanern und Geschäftsleuten die Kolonialbauten vor dem Abriss und dem Verfall zu bewahren. Denn eine Vielzahl von Bauten sind bereits dem Bau-Boom und Spekulationen zum Opfer gefallen. Thant Myint-U arbeitet nun mit anderen Beteiligten eine Erhaltungsstrategie aus. Diese soll neben der Schaffung von Arbeitsplätzen auch die Vertreibung der Anwohner verhindern. 

channel news asia 12.7.12; taz 1.9.12Irrawaddy 6.6.12

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