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Indonesien: Fatia Maulidiyanti und Haris Azhar freigesprochen

Freispruch für Haris Azhar und Fatia Maulidiyanti
Fatia Maulidiyanti und Haris Azhar wurden freigesprochen (Foto: KontraS)

Ein wichtiger Sieg für das Recht auf freie Meinungsäußerung. Die Anklage gegen die beiden Menschenrechtsverteidiger:innen wurde abgewiesen.

Die Stiftung Asienhaus freut sich über den Freispruch und mit den beiden Angeklagten.

Haris Azhar hob die Leistung des Anwaltsteams hervor und betonte die öffentliche Unterstützung im Gerichtsprozess. Beide Faktoren wären entscheidend für das Urteil gewesen. „Dies war eine soziale Bewegung, die sich im Gerichtssaal eindrucksvoll manifestiert hat. Das ist das, was wir Gerichtsaktivismus nennen, der sich für die Menschenrechte und die Umwelt einsetzt". Fatia Maulidiyanti hofft, dass solche Unterstützung auch anderen bedrohten Aktivist:innen zukommt. „Unser Freispruch ist nicht das Ende eines langen Weges der Demokratie in Indonesien, die weiterhin Beständigkeit braucht", sagte sie.

Anklage durch Minister Luhut

"A Political Economy Study of Military Placement in Papua: The Case of Intan Jaya"Fatia Maulidiyanti und Haris Azhar hatten in einem YouTube-Video über staatliche Korruption und Menschenrechtsverletzungen in Westpapua berichtet. Sie bezogen sich dabei auf Ergebnisse der NGO-Studie A Political Economy of Military Placement in Papua: Intan Jaya Case. In der Diskussion ging es auch um die Verbindung des Ministers für Meeres- und Investitionsangelegenheiten Luhut Binsar Pandjaitan zu einem in dem Bericht genannten Bergbauunternehmen und dessen Verbindungen zum Militär. Luhut verklagte daraufhin die beiden Aktivist:innen. Ein Schlichtungstreffen im Oktober 2021 scheiterte.

Sieg für Meinungsfreiheit

Das Urteil wurde am 8. Januar 2024 vom zuständigen Bezirksgericht in Ost-Jakarta verkündet. Haris Azhar und Fatia Maulidiyanti wurden in allen Anklagepunkten freigesprochen. U.a. seien ihre Kommentare in dem YouTube-Video nicht strafbar gewesen. Die Diskussion habe sich innerhalb der legitimen Grenzen der Meinungsäußerung bewegt, so der Richter. Auch die Bezeichnung Luhuts als „Lord“, an der der Minister Anstoß genommen hatte, sei nicht diffamierend, da sie sich auf seine Position in der Regierung bezog. Zudem sei die Beteiligung der Firma Toba Sejahtera, an der Minister Luhut mehrheitlich Anteile hält, am Bergbau in Westpapua erwiesen.

Fatia Maulidiyanti koordinierte bis 2023 die indonesische Menschenrechtsorganisation KontraS. Haris Azhar ist Direktor der Stiftung Lokataru. Die beiden Aktivist:innen wurden wegen „Angriffs auf die Ehre oder den Ruf einer Person durch Anschuldigungen“ und „Verleumdung“ gem. Artikel 310 bzw. 311 des indonesischen Strafgesetzbuches sowie wegen „Verleumdung“ gem. Artikel 45(3) des Gesetzes über elektronische Informationen und Transaktionen (ITE-Gesetz) angeklagt.

Staatsanwaltschaft forderte mehrjährige Haftstrafen

Das Verfahren wurde im April 2023 vom zuständigen Gericht in Ost-Jakarta eröffnet. Es gab zahlreiche Anhörungen. Im November 2023 forderte die Staatsanwaltschaft, Fatia Maulidiyanti zu drei Jahren und sechs Monaten Haft und einer Geldstrafe von 500.000 Rupiah (ca. 30 Euro) und Haris Azhar zu vier Jahren Haft und einer Geldstrafe von einer Million Rupiah (ca. 60 Euro) zu verurteilen.

Internationale Aufmerksamkeit und Engagement

Bild der Kampagne #FREEFATIAANDHARISZahlreiche Medien berichteten über die Urteilverkündung, unter den englischsprachigen u.a. Tempo, die Jakarta Post und The Diplomat. KontraS feierte den Erfolg als Sieg der freien Meinungsäußerung.

Indigene aus Westpapua freuten sich über das Urteil. Das Westpapua-Netzwerk berichtete, dass der Bezug des Falls zu Westpapua ihn zusätzlich verschärft habe. Eine freie, kritische Berichterstattung zu Westpapua sei in Indonesien kaum uneingeschränkt möglich. Daher wäre der Fall „Fatia & Haris“ besonders in Westpapua von vielen aufmerksam verfolgt worden. Eine Verurteilung der beiden hätte einen herben Rückschlag für die freie und an Tatsachen orientierte Berichterstattung bedeutet.

Auch Menschenrechtsorganisationen zeigen sich erfreut und hoffnungsvoll über das Urteil. Das Urteil sei ein wichtiger Erfolg, aber Schikanen und Repressionen gegenüber der Zivilgesellschaft, Medien und kritischen Stimmen bestehen in Indonesien weiterhin.

Zivilgesellschaft fordert Abschaffung von Gummiparagrafen zu Diffamierung

So wird das ITE-Gesetz weiter zur Unterdrückung abweichender Meinungen instrumentalisiert. „Der Freispruch sollte jetzt zur Freilassung weiterer Aktivist:innen, Journalist:innen und anderer führen, die nur deshalb inhaftiert sind, weil sie sich der Regierungspolitik widersetzten, sie kritisierten oder Bedenken über Interessenkonflikte von Staatsbeamten äußerten“, sagte Usman Hamid, Geschäftsführer von Amnesty International Indonesien. Weiter sollte Diffamierung als Strafbestand aus indonesischen Gesetzen gestrichen werden, um Menschenrechte zu wahren.

Ähnlich äußerte sich Yuneswaran Ramaraj, Parlamentsabgeordneter in Malaysia und Mitglied der ASEAN Parliamentarians for Human Rights. Er forderte die indonesische Regierung auf, das ITE-Gesetz aufzuheben. Das Gesetz sei zu breit und mehrdeutig gefasst und würde zur Kriminalisierung abweichender Meinungen benutzt.

Freispruch für Fatia und HarisHunderte indonesische und internationale NGOs, darunter auch die Stiftung Asienhaus, hatten sich gegen die Kriminalisierung von Haris Azhar und Fatia Maulidiyanti und für ihre Freilassung eingesetzt.

Eine Einschätzung des ITE-Gesetzes findet sich bei Brot für die Welt.

Einen Überblick über die Anklage und den Gerichtsprozess gibt FIDH.

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