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Veranstaltungsbericht: Klimaalarm in Südostasien

Zivilgesellschaftliche Organisationen (CSOs) mobilisieren während der COP26 in Glasgow 2021 © People Rising for Climate
Zivilgesellschaftliche Organisationen (CSOs) mobilisieren während der COP26 in Glasgow 2021 © People Rising for Climate

Das Webinar beleuchtete kritisch die Klimafinanzierung und diskutierte Herausforderungen der Zivilgesellschaft in einer von wirtschaftlichen Interessen geprägten Welt. Erfahren Sie mehr über die Diskussion und Standpunkte.

Die 90-minütige Veranstaltung wurde von Majid Lenz (Stiftung Asienhaus) moderiert und die beiden Referentinnen Tala Batangan (Reality of Aid – Asia Pacific) und Julia Behrens (Postdoc Fellow Universität Bielefeld) stellten uns ökologischen Herausforderungen vor, brachten Anliegen von lokalen Gemeinschaften und von Klimaaktivist:innen in repressiven Staaten ein.

Herausforderungen bei der Dekolonisierung der Klimafinanzierung in Südostasien

Menschen beim Asientag: Engagiert und vielfältig, setzen sie sich für Asien ein. © Stiftung AsienhausAufgrund quantitativer und qualitativer Defizite in der gegenwärtigen Finanzierungslandschaft, sei die Dekolonisierung der Klimafinanzierung, insbesondere für Südostasien, von großer Dringlichkeit, so Tala Batangan. Die Geberländer, die eine historische Mitverantwortung tragen und sich verpflichtet haben,bis 2020 jährlich 100 Milliarden US-Dollar bereitzustellen, haben diese Verpflichtung nicht erfüllt, und die mobilisierten Beträge belaufen sich nur auf etwa 83,3 Milliarden US-Dollar. Diese Summe sei bei Weitem unzureichend, da Entwicklungsländer bis 2030 tatsächlich 5,9 Billionen US-Dollar benötigen, um den Auswirkungen des Klimawandels entgegenzuwirken.

Die Klimafinanzierung weise nicht nur eine ungleiche Verteilung auf, sondern setze oft auf bereits vorhandene Mittel. Zusätzlich bestehen qualitative Probleme, da ein beträchtlicher Teil der Finanzierung in Form von Darlehen statt Zuschüssen vergeben wird, was zu einer zunehmenden Verschuldung von Entwicklungsländern führt. Zudem geht der Einbindung des Privatsektors und multilateraler Entwicklungsbanken mit politischen Bedingungen einher, die Privatisierung, Deregulierung und Liberalisierung fördern.

Anlässlich der UN-Klimakonferenz 2021 (COP26) protestieren zivilgesellschaftliche Gruppen der Philippinen in Quezon City, da die offizielle philippinische Delegation die Stimmen aus der Zivilgesellschaft nicht berücksichtigt habe. © 350.org, Flickr, CC BY-NC-SA 2.0Oftmals verfolgt die Finanzierung zweifelhafte marktbasierte Lösungen, wie etwa Kohlendioxidaufnahme, Müllenergieverbrennung und große Wasserkraftdämme, die nicht effektiv sind und die Klimakrise verschärfen. Erneuerbare Energieprojekte werden des Weiteren durch öffentlich-private Partnerschaften vorangetrieben, was ausländische Investoren anzieht und die Privatisierung von Energieressourcen fördert. Besonders erwähnenswert sei der Energy Transition Mechanism (ETM) der Asian Development Bank (ADB), welcher Kohleunternehmen Darlehen gewährt, um Kohlekraftwerke frühzeitig zu schließen. Eine Maßnahme, die von der Zivilgesellschaft kritisiert wird, da sie die Interessen von Unternehmen über die Belange der Menschen stellt.

Die Vielfalt der Zivilgesellschaft und ihre Herausforderungen

Das Verständnisses für die Diversität internationaler Akteure, zu denen Regierungen, Entwicklungsbanken und nichtstaatliche Organisationen gehören, ist entscheidend, betont Julia Behrens, um die Beziehung zwischen diesen Akteuren, der Zivilgesellschaft und autoritären Staaten sowie deren Einfluss auf Klimaschutzmaßnahmen zu begreifen. Eine Herausforderung für die Zivilgesellschaft besteht darin, den Begriff „Zivilgesellschaft“ im globalen Kontext präzise zu definieren. Obwohl er in internationalen Foren als effektives Kommunikationsmittel dient, variiert die Bedeutung des Begriffs in verschiedenen Regionen erheblich. Zum Beispiel gibt es starke Unterschiede im Verständnis der Zivilgesellschaft zwischen Deutschland und Vietnam.

Proteste gegen Landenteignung in Hanoi nahe der Nationalversammlung. © AnonymDie Vielfalt der Erscheinungsformen der Zivilgesellschaft wird maßgeblich von internationalen Netzwerken und lokalen Gegebenheiten geprägt. Die Effektivität zivilgesellschaftlicher Organisationen ist stark von ihrer Abhängigkeit von internationalen Akteuren und Finanzierungen sowie den Einflüssen durch internationale Verträge und Abkommen abhängig. Insbesondere haben internationale Entwicklungen, laut Behrens, in der Vergangenheit die lokale Situation bei Verhandlungen und der Vertretung politischer Interessen entscheidend beeinflusst. Diese komplexe Dynamik unterstreicht die anhaltende Herausforderung der Internationalen Zivilgesellschaft und ihre Anpassungsfähigkeit an globale Entwicklungen.

Nach den Präsentationen von Tala Batangan und Julia Behrens entwickelte sich eine lebhafte Diskussion, deren Ergebnisse in den kommenden Abschnitten genauer betrachtet werden.

Die Rolle der EU und Chinas Einfluss in Südostasien

China hat sich durch bedeutende Infrastrukturprojekte in Südostasien als wichtige globale Supermacht etabliert. Die chinesische Beteiligung erstreckt sich auf die Finanzierung von Schlüsselprojekten wie Autobahnen und Wasserkraftwerken. Trotz der wirtschaftlichen Vorteile stoßen diese Initiativen aufgrund von Umweltbedenken in lokalen Gemeinden auf Widerstand, was die Herausforderungen für China unterstreicht, seine globale Führungsposition mit den örtlichen Bedenken und Umweltauswirkungen in Einklang zu bringen. Die Motivation für Chinas Engagement läge, nach Einschätzung Batangans, in der strategischen Gegenpositionierung gegenüber den USA und der Verfolgung eigener Interessen in den Bereichen Entwicklung und Klima.

Windkraftfarm im Mekongdelta. Süd- und Zentralvietnam haben sowohl für Windkraft als auch für Solarenergie ein hohes Potential. © Shansov. CC BY SAIm Rahmen des EU Green Deals wird die potenzielle Auswirkung auf die Bevölkerung im Globalen Süden als mögliche Fortsetzung kolonialer Strukturen betrachte, unterstrich Tala Batangan.
Die Befürchtung besteht darin, dass der Green Deal unbeabsichtigt zu einer Fortsetzung kolonialer Machtstrukturen führen könnte, wenn er ohne angemessene Konsultation und Berücksichtigung lokaler Bedürfnisse durchgesetzt wird. Dies unterstreicht die Notwendigkeit eines partizipativen Ansatzes und eines respektvollen Dialogs bei internationalen Klima- und Entwicklungsinitiativen.

Zusammenfassend verdeutlicht die Diskussion über die Rolle der EU und Chinas Einfluss in Südostasien die Komplexität globaler Dynamiken. Während China seine Machtstellung durch ehrgeizige Infrastrukturprojekte stärkt, trägt die EU durch den Green Deal wesentlich zur globalen Klimapolitik bei. Die Herausforderung besteht darin, sicherzustellen, dass diese Initiativen nicht nur wirtschaftliche Interessen bedienen, sondern auch die lokale Bevölkerung angemessen einbeziehen und Umweltauswirkungen berücksichtigen, um eine nachhaltige Entwicklung in der Region zu gewährleisten.

Perspektiven zu Verlusten und Schäden

Überschwemmte Stadtviertel in Manila, in denen überwiegend marginalisierte Menschen leben. © Jörg Dietze, SuSanA Secretary, Flickr CC BY-NC-SA 2.0Der Fonds für Verluste und Schäden durch den Klimawandel (Loss and Damage) wurde von Tala Batangan als bedeutender Schritt in der internationalen Klimafinanzierung hervorgehoben, der positiv zur Bewältigung der Klimawandelfolgen in Entwicklungsländern beitragen könnte. Der Fond habe das Potenzial, dringend benötigte finanzielle Mittel für Gemeinden und Nationen, die am stärksten von klimabedingten Katastrophen betroffen sind, bereitzustellen. Dennoch sollte äußerste Vorsicht bei der Finanzierung des Fonds walten gelassen werden, um ungleiche Strukturen zu vermeiden. Dazu gehöre die gezielte Bereitstellung von öffentlicher Finanzierung in Form von Zuschüssen anstelle von Darlehen, um zusätzliche Verschuldung von finanzschwachen Entwicklungsländern zu verhindern. Es sei notwendig, sicherzustellen, dass der Fonds als zusätzliche Finanzierungsquelle dient und sich auf die Bedürfnisse der am stärksten Betroffenen konzentriert. Zusätzlich bestünde das Risiko, dass der Fonds für die Gewinnmaximierung von Unternehmen genutzt werde. Entsprechend seien Transparenz und strenge Prüfungen für finanzierte Projekte und Initiativen von Nöten. Der Schutz der Menschenrechte sollte eine Priorität bei der Gestaltung und Umsetzung des Fonds sein, um sicherzustellen, dass die Mittel die Widerstandsfähigkeit von gefährdeten Gemeinschaften stärken und ihre Lebensgrundlagen schützen. Insgesamt erfordert der erfolgreiche Einsatz des Fonds eine sorgfältige Gestaltung, um eine gerechte, effektive und nachhaltige Klimafinanzierung zu gewährleisten.

JET-P und mögliche Unterdrückung von Aktivisten

Im Rahmen der Just Energy Transition Partnership (JET-P) wurden Bedenken hinsichtlich möglicher Repression von Aktivist:innen, insbesondere in Ländern wie Vietnam, geäußert. Obwohl die JET-P noch nicht vollständig umgesetzt ist, lässt der Diskurs darauf schließen, dass Personen aus der Zivilgesellschaft und Nichtregierungsorganisationen, die in Beratungsfunktionen involviert sind und kritische Standpunkte vertreten, möglichen Risiken ausgesetzt sein könnten. Es besteht daher die dringende Notwendigkeit einer sorgfältigen Überwachung von Initiativen wie der JET-P im Hinblick auf ihre potenziellen Auswirkungen auf Aktivist:innen und Gemeindevertreter in autoritären Kontexten. Die Dringlichkeit dieser Überwachung läge, so Behrens, darin, sicherzustellen, dass Partnerschaften wie die JET-P nicht unbeabsichtigt als Instrumente zur Einschränkung der Meinungsfreiheit dienen. Die Sicherstellung des Schutzes von Aktivist:innen, die kritische Ansichten vertreten, sei von höchster Priorität. Es sei daher notwendig, Mechanismen zu implementieren, um sicherzustellen, dass solche Partnerschaften nicht dazu führen, dass diese Aktivist:innen gefährdet oder in ihren Rechten beeinträchtigt werden.

Zusammenfassend verdeutlichte das Webinar die drängenden Herausforderungen im Bereich der Klimafinanzierung und die vielschichtigen Probleme, denen die Zivilgesellschaft in einer von wirtschaftlichen Interessen geprägten Welt gegenübersteht. Es betonte die Notwendigkeit eines umsichtigen und verantwortungsbewussten Ansatzes bei internationalen Initiativen und Partnerschaften, um eine gerechte, effektive und nachhaltige Klimapolitik zu gestalten.

 

Zur Veranstaltung eingeladen haben Stiftung Asienhaus und philippinenbüro in Kooperation mit der Heinrich-Böll-Stiftung. Das Webinar ergänzt die Ausgabe "Klima im Wandel – Gesellschaft in Bewegung" des Online-Magazins südostasien.

 

Bericht:  Saskia Loges

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