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Zyklon Seroja – politisches Versagen in Timor-Leste

Nach den Sturzfluten steht das Wasser in Tasitolu, Foto: Anemi Wick

Verheerende Regenfälle und Sturmfluten brachten Ostern 2021 über 170 Menschen den Tod und führten zu enormen Schäden in Ostindonesien und Timor-Leste. In dem kleinen Inselstaat Timor-Leste, wo bereits 46 Todesfälle verzeichnet wurden und tausende Menschen ihr Zuhause verloren, offenbart die Naturkatastrophe infrastrukturelle Mängel und politisches Versagen.

Dort richteten Erdrutsche und Überschwemmungen schwere Schäden an Häusern, Straßen, Brücken und landwirtschaftlichen Flächen in allen 13 Gemeinden des Landes an. Die Hauptstadt Dili wurde dabei besonders schwer getroffen.

Hilfsgüter, die in den südostasiatischen Inselstaat geliefert werden, reichen aktuell nicht aus, um die über 12.000 Menschen zu versorgen, die in Folge Naturkatastrophe ihr Zuhause verloren haben. Oxfam berichtet von immensen infrastrukturellen Schäden, darunter dem Zusammenbruch von einem Drittel der nationalen Wasserversorgung, und der damit einhergehenden Gefahr einer Ausbreitung von Krankheiten wie Denguefieber und Diarrhöe.

Zögerliches staatliches Handeln

Die in Timor-Leste ansässige NGO Fundasaun Mahein weist darauf hin, dass der Ausruf des Notstandes und Hilfegesuche an die internationale Gemeinschaft erst vier Tage nach der eigentlichen Katastrophe erfolgte. Bis zu diesem Zeitpunkt waren es hauptsächlich zivilgesellschaftliche Akteure, NGOs, Unternehmen und internationale Organisationen, welche engagiert und in großer Solidarität die notwendigen Hilfsaktionen unmittelbar nach der Katastrophe stemmten. Fundasaun Mahein kritisiert darüber hinaus das zögerliche Handeln von offizieller Seite und verweist auf tiefgreifende strukturelle Probleme im Land.

Schwache Infrastruktur - fehlende Prävention

Im Fokus der Kritik stehen dabei die durch interne Konflikte gelähmten politischen Prozesse, Korruption, Vetternwirtschaft und der mangelhafte Ausbau von Infrastruktur. Unzureichender Wohnungsbau, schlechte Zustände von Kanalisation und Wasserleitungen sowie die Fehlleitung von Geldern, die der Katastrophenprävention dienen sollten, potenzieren die Auswirkungen der Katastrophe nicht nur, sondern machen diese umso mehr spürbar für die zivile Bevölkerung. Durch die vorherrschenden prekären sozialen und ökonomischen Bedingungen in Kombination mit den kürzlich in Kraft getretenen strengen Corona-Maßnahmen wurden die Bürger des Landes in einer ohnehin heiklen Lage von der Katastrophe getroffen. 

Durch die Naturgewalt besonders in Mitleidenschaft gezogen sind neben Straßen und Brücken auch landwirtschaftliche Flächen in der Region. Dies erschwert nicht nur die aktuellen Rettungsmaßnahmen wie auch die Verteilung dringend benötigter Hilfsgüter, sondern könnte sich schon bald in einer neuen Krise niederschlagen, wenn Ernteausfälle die Nahrungsversorgung in ländlichen Regionen gefährden. Eine potenzielle Lebensmittekrise in Verbindung mit den starken Einschränkungen durch die Corona-Restriktionen sowie den zu bewältigenden Nachwirkungen und Aufräumarbeiten der Naturkatastrophe, könnte laut Fundasaun Mahein die sozialen Spannungen und Missgunst gegenüber der Regierung weiter anfachen und damit letztlich auch die Stabilität und Sicherheit des Landes gefährden.

Auch das australische Lowy Institute bemängelt zudem das Krisenmanagement der Regierung, welche nach verheerenden Überschwemmungen im März 2020 lediglich Schäden behoben, nicht aber effektive präventive Maßnahmen gegen weitere Naturkatastrophen umgesetzt hätten. Dazu gehört neben einem vorausschauenden infrastrukturellen Ansatz im Bereich der Städteplanung auch die stetige Überwachung von Flüssen und Uferböschungen hinsichtlich deren Beständigkeit im Falle von Sturzfluten und Überschwemmungen.

Zuspitzung der sozialen Lage durch die Corona-Pandemie

Die lokal ansässige NGO La‘o Hamutuk verweist in einem Statement vom 13. April 2021 auf die Dringlichkeit die Mittel des Staatshaushalts anzupassen. Besonders Menschen ohne Erwerbstätigkeit oder solche die in informellen Wirtschaftszweigen beschäftigt sind, müssten staatliche Hilfsgelder unter den aktuellen Umständen leichter und schneller zugänglich gemacht werden. Eine entsprechend gerechte Verteilung von Hilfsgeldern unter den Bürger*innen des Landes sei besonders wichtig, um die Schere zwischen Gering- und Besserverdienenden nicht weiter aufklaffen zu lassen.

Die Covid-19 Maßnahmen hatten bereits im Vorfeld für eine Zuspitzung der sich schon lange abzeichnenden sozioökonomischen Notlage gesorgt. Dass sich die über 12.000 vorübergehend obdachlosen Menschen aktuell auf nur 43 Notunterkünfte aufteilen, könnte die Ausbreitung von Covid-19 und anderen Infektionskrankheiten begünstigen und verheerende Folgen für die Menschen vor Ort haben. United Nations zufolge fehlt es in den Unterkünften abgesehen von medizinischen und hygienischen Gütern auch an Nahrung und Trinkwasser. Von offizieller Seite wurde zudem berichtet, dass die nationalen Arzneimittelvorräte in Folge der Naturkatastrophe beschädigt wurden.

Große Solidarität

Im Zuge der landesweiten Aufräumarbeiten zeigt sich besonders auf nationaler Ebene eine große Solidarität in Form von Freiwilligenarbeit und Spendenbereitschaft für die Betroffenen. Jedoch sind die Einhaltung von Hygiene- und Abstandsregeln unter den aktuellen Umständen nicht nur in den Notunterkünften sondern auch während der Aufräumarbeiten nur bedingt möglich, was sich bereits in einem Anstieg der Infektionszahlen seit der Katastrophe widerspiegelt, wie The Diplomat berichtet.

Die Kombination aus Klimawandel und dem tropischen Wetterphänomen La Niña ist laut Oxfam der Grund für die stetige Zunahme von Naturkatastrophen sowie deren gestiegene Intensität, mit denen sich der kleine Pazifikstaat konfrontiert sieht. Extreme Wetterereignisse dieser Art, welche Sturzfluten und Erdrutsche mit sich bringen, haben in der gesamten Region unbestreitbar an Häufigkeit und Stärke zugenommen. Ein Trend der in Zukunft weiter anhalten wird. Daher ist es in der aktuellen Situation nicht nur essenziell die vorhandenen Mittel effektiv einzusetzen, sondern basierend auf den gemachten Erfahrungen Schwachpunkte in der Infrastruktur nachhaltig auszubessern und finanzielle Mittel für präventive Maßnahmen bereitzustellen.

Das Ausmaß der Schäden im ganzen Land ist noch nicht erfasst.

Zusammengestellt von Fabian Fischer

Casa de Produção Audiovisual (CPA) lässt im Video „Ami la salva buat ida – Wir haben alles verloren“ Betroffene mit ihren Erwartungen an die Regierung zu Wort kommen.

Englische Untertitel können rechts unten im Video-Player aktiviert werden.

"Ami la salva buat ida" - Lian husi komunidade afetadu ba inundasaun iha Dili 04.04.2021

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