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Nachgefragt: Bergbau in Indonesien und die Rohstoffwende

Nickelabbau Morowali Indonesien
Nickelabbau in Morowali, Molukken, Indonesien. Dort liegen enorme Nickelvorkommen, eine Sonderindustriezone wurde in der Nähe eines Naturschutzgebietes errichtet. Die Folgen des Abbaus gefährden bereits die Lebensgrundlagen der lokalen Bevölkerung. (Foto: AEER)

Michael Reckordt von PowerShift arbeitet zur Rohstoffwende. Kürzlich war er in Indonesien. Was nimmt er mit?

Der Inselstaat ist reich an mineralischen Rohstoffen, darunter Bauxit, Zinn und die weltweit größten Nickelreserven. Gerade beim Nickelabbau und der Weiterverarbeitung hat sich das Land zu einem globalen Schwergewicht für die boomende E-Mobilität entwickelt. Michael Reckordt berichtet im Interview von seinen Eindrücken aus Gesprächen mit der Zivilgesellschaft.

Michael, du warst vor einigen Wochen auf Dienstreise in Indonesien. Dort hast du mit Aktivist:innen und NGOs, die zu Bergbau und Rohstoffen und damit verbundenen Problemen arbeiten, gesprochen. Was sind deine Eindrücke?

Obwohl ich zuvor häufig in Südostasien war, war es das erste Mal in Indonesien. Mir ist noch einmal deutlicher geworden, wie der Bergbau zahlreiche kleine Inseln, Indigene Gemeinschaften und die lokale Bevölkerung in Indonesien gefährdet. Auch die Gefährdung von Aktivist:innen in einem autoritärer werdenden Staat wurde mehrfach betont.

Aktivist:innen haben mit mir viele persönliche und dramatische Geschichten geteilt, wie Menschen und Gemeinschaften vom Bergbau oder anderen extraktiven Projekten betroffen sind.  Es gab für mich auch die Möglichkeit bei Veranstaltungen Netzwerke zu bilden sowie Freund:innen und Kolleg:innen wieder zu treffen. Gerade bei dem Thema ist es wichtig über Europa hinaus transnationale Kontakte zu halten und aufzubauen.

In Indonesien hast du auch an einer Tagung zu Extraktivismus teilgenommen, an der die internationale Zivilgesellschaft mitwirkte. Welche Themen überwogen dort für dich?

Das waren sehr intensive Tage, wenn gleichwohl mehr Raum für strategische Überlegungen wünschenswert gewesen wären. Es zeigte sich, wie global verteilt die katastrophalen Auswirkungen des Bergbaus und unserer Rohstoffverschwendung sind. Egal ob Aceh, Sulawesi oder Molukken in Indonesien, ob Schweden, Philippinen, Ghana oder Chile, immer wieder haben Personen über die negativen Auswirkungen und die Zerstörung von Mensch und Natur erschütternde Zeugnisse abgelegt.

Bei der Konferenz hast du einen Workshop mitgestaltet. Worum ging es?

Wie Handelsbeziehungen und Gesetzesinitiativen, z.B. der Critical Raw Materials Act der EU (europäisches Gesetz zu kritischen Rohstoffen), Abhängigkeitsverhältnisse verfestigen. Gleichzeitig haben viele der Teilnehmer:innen ihre lokalen Erfahrungen, zum Teil auch erfolgreichen Kämpfe, geteilt.

Was hat dich in Indonesien beeindruckt?

Trotz der Gefahren ist es imponierend wie viele – vor allem Frauen – sich vor Ort sehr deutlich für mehr Standards oder direkt gegen Bergbau ausgesprochen haben. Es gibt ein hohes Bewusstsein für die potenzielle Zerstörung oder sehr konkrete Erfahrungen damit. Dazu kommt eine tolle NGO-Landschaft mit vielen aktiven Netzwerken und Expertisen, die Anknüpfungspunkte liefert.

Jetzt bist du wieder in Berlin. Mit etwas Abstand auf deine Reise: Was hast du aus Indonesien mitgenommen?

Für mich sind die Lehren aus Indonesien, sich weiterhin stark für eine Reduktion des Verbrauchs von Rohstoffen in Deutschland und Europa einzusetzen, auch um den Druck auf den Gemeinschaften vor Ort zu reduzieren.

Nehmen wir das Beispiel Nickel: Indonesien ist der weltweit größte Produzent dieses Rohstoffs, der schon heute massiv in der Stahlindustrie eingesetzt wird. Knapp ein Viertel des deutschen Stahls wird aktuell von der Automobilindustrie genutzt, die damit immer größere, schwere Autos produzieren. Eine Mobilitätswende hier würde helfen, die Nachfrage zu reduzieren.

Bei PowerShift arbeitet ihr intensiv zur Rohstoffwende. Wenn wir auf den Nickelabbau schauen, was müsste aus deiner und PowerShifts Sicht hier in Deutschland angegangen werden?

Mit der Elektromobilität und Batterieproduktion könnte die Nachfrage des Sektors nach dem Rohstoff sogar noch steigen, wenn wir nicht erfolgreich eine Transformation einleiten. Für PowerShift eine Motivation und Verantwortung, sich noch nachdrücklicher für eine Rohstoffwende einzusetzen.

Michael ReckhordtInterviewpartner: Michael Reckordt arbeitet bei der Berliner NGO PowerShift zum Thema Rohstoffwende. Sein Fokus liegt auf deutschen und europäischen politischen Prozessen, mit dem Ziel den Primärmetallverbrauch in Deutschland und Europa zu reduzieren sowie die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltschutz über Profitinteressen zu stellen.

Das Gespräch führte Raphael Göpel (Stiftung Asienhaus) im Februar 2024.

Weiterführende Links zum Interview:

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