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Gegen TTIP/CETA/TiSA und die Freihandelsagenda – für faire Handelsbedingungen!

Statement des philippinenbüro e.V. im Asienhaus zum europaweiten Aktionstag gegen die geplanten Handelsabkommen TTIP, CETA und TiSA!

Die Debatte rund um die Freihandelsabkommen TTIP und CETA erregt aktuell berechtigterweise großes gesellschaftliches Interesse. Glücklicherweise formiert sich breiter Widerstand gegen die Abkommen (Am 11.10.2014 ist der europaweite Aktionstag gegen die geplanten Handelsabkommen TTIP, CETA und TiSA!, Überblick), da eine Durchsetzung der bisher geplanten Vereinbarungen gravierende Folgen für die Menschen auf beiden Seiten des Atlantiks hätte. Doch TTIP und CETA haben darüber hinausgehende Bedeutung für welt- und entwicklungspolitische Belange, die uns auch interessieren sollten.

Erklärtes Ziel der verhandelnden Gremien ist es, den wirtschaftlichen Austausch durch die Beseitigung regulatorischer Hindernisse anzukurbeln. Im Klartext sollen wichtige Umwelt und Sozialstandards, etwa zu Lebensmittelkontrolle, Arbeitsrecht, Datensicherheit, Giftstoffverwendung und Bankensicherheit, umgangen und ausgehebelt werden. Auch soll die Privatisierung des öffentlichen Versorgungswesens vorangetrieben werden. Dies und die Schaffung nicht demokratisch legitimer Parallelgerichtsbarkeit in Form von Investor-Staat Schiedsgerichten gibt Konzernen wesentlich größere Freiheiten zur skrupellosen Profitmaximierung und legt eine eindeutige Priorität ihrer Interessen gegenüber dem öffentlichen Wohlergehen fest. TTIP ist nicht bloß ein weiteres klassisches Freihandelsabkommen, sondern läutet eine neue Generation internationaler Liberalisierungspolitik ein.

Konkret bedeutet dies, dass TTIP, als ökonomischer Block der größten und einflussreichsten globalen Wirtschaftsmächte, richtungsweisend für das weitere Weltmarktgeschehen sein wird. So sagte EU Handelskommissar Karel de Gucht ganz offen, an den von TTIP gesetzten Standards werde in zukünftigen Freihandelsverhandlungen niemand mehr vorbeikommen. Das heißt im Klartext, dass weltweit die Liberalisierung der Märkte noch aggressiver vor sich gehen und gerade das Ungleichgewicht in Verhandlungen gerade zwischen Industrienationen und Ländern des globalen Südens weiter zementiert wird. Da diese Länder innerhalb der WTO begonnen haben, Interessengemeinschaften zu bilden und allzu aggressive Deregulierung ihrer Märkte zu verhindern, soll dies nun über bilaterale Verträge nach Vorbild von TTIP und CETA geschehen. So enthalten aktuell in Verhandlung stehende Freihandelsabkommen der EU, zum Beispiel mit Thailand, weit über die WTO Abkommen hinausgehende, sie sogar missachtende Absprachen, so etwa bezüglich Urheberrechtsschutz, sogenannte TRIPS Plus Regelungen.  Sich diesen Abkommen zu wiedersetzen bedeutet für Länder des globalen Südens die Gefahr im globalen Wettbewerb um Handelsanteile abgehängt zu werden. Der globale Norden setzt so erneut in imperialistischer Manier Maßstäbe, nach denen sich der Rest der Welt zu richten hat.

Die EU hat mit einem aktuellen Stand von 23 die meisten bilateralen Freihandelsabkommen abgeschlossen. Bis 2010 wurde auch ein interregionales Abkommen mit dem ASEAN-Zusammenschluss, der Vereinigung Südostasiatischer Länder angestrebt, was jedoch an der Weigerung einiger Staaten scheiterte, für ihre Länder nachteilige Regelungen, etwa bezüglich Urheberrechtsregelungen, zu akzeptieren. Seitdem führt die EU mit verschiedenen ASEAN-Mitgliedsstaaten bilaterale Verhandlungen und erzeugt somit einen Druck innerhalb dieser Länder, trotz Bedenken auf ein Freihandelsabkommen mit der EU einzugehen, um im regionalen Wettbewerb nicht unterzugehen.

Solche Bedenken kreisen im Kern um dieselben Themen wie bei TTIP und CETA, da die involvierten Parteien aber ein viel asymmetrischeres ökonomisches Gewicht haben, steht für die global südlichen Länder weit mehr auf dem Spiel. So hätte eine Verteuerung von Medikamenten aufgrund strikterer Lizenzregelungen verheerende Auswirkungen auf die Gesundheitssituation etwa in Thailand oder in den Philippinen. Kostengünstige Generika müssten zugunsten der teuren, von amerikanischen oder europäischen Pharmakonzernen patentierten Medikamente vom Markt verschwinden. Die ohnehin schon hohen privaten Ausgaben für Medikation stiegen weiter an und gerade der ärmste Teil der Bevölkerung wäre gar nicht mehr in der Lage an benötigte Medikamente zu kommen.
Auch im Ernährungssektor wird diese Asymmetrie deutlich. Im Falle einer Marktöffnung würden die in höchstem Maße subventionierten europäischen Agrarunternehmen direkt mit kleinen asiatischen landwirtschaftlichen Betrieben und Bauern konkurrieren, mit verheerenden Auswirkungen auf die lokale Lebensmittelsicherheit in Südostasien. Für Menschen in Ländern des globalen Südens geht es also um essentiell Lebenswichtige Belange, die von europäischer Wirtschaftspolitik bedroht werden. Es wird hier, wie so oft in der Entwicklungszusammenarbeit die Gleichung ökonomisches Wachstum bedeutet Entwicklung zugrunde gelegt und mit entstehenden Jobs und Anstieg des Bruttoinlandsproduktes geworben, die sozialen und ökologischen Gefahren werden jedoch kleingeredet und unter den Tische fallen gelassen.

Es ist höchste Zeit, ein anderes Verständnis von Handel und internationaler Kooperation handlungsfähig zu machen. Nachhaltige, sozial- und umweltverträgliche Kriterien sind nötig, um ein gutes Leben für alle Menschen dieser Welt und die kommenden Generationen zu schaffen. Jetzt ist die Zeit, uns bemerkbar zu machen und der rücksichtslosen Freihandelsdoktrin unsere Agenda entgegenzusetzen.

Über die aktuelle Situation in Südostasien möchten wir gerne mit Ihnen und Euch diskutieren. Am 28.11.14 bieten wir im Allerweltshaus in Köln den Workshop "EU-Handelspolitik in Südoastasien - Perspektiven und Proteste" an, zu dem wir herzlich einladen.

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