Broschüren und Flyer wurden auch verteilt, doch im Zentrum der Veranstaltung stand eine Präsentation. Auf eine Leinwand projiziert, würdigte sie sechs Menschen, die während der Amtszeit von Präsident Rodrigo Duterte seit 2016 in den Philippinen wegen ihres Widerstandes, ihrer Überzeugungen, ihrer Arbeit oder ihrer Lebensweise ermordet worden sind: die Umweltschützerin Gloria Capitan, die gegen Kohlekraft demonstriert hatte, den linksgerichteten politischen Aktivisten José Reynaldo Porquia, die Menschenrechtsaktivistin Zara Alvarez und den Menschenrechtsanwalt Benjamin Ramos, den Radiojournalisten Edmund Sestoso, sowie den Umweltschützer Datu Kaylo Bontolan, der Anführer eines indigenen Volkes.
Parallel zu den Bildern wurden Texte vorgetragen, die einen Einblick in das Leben dieser Menschen vermittelten. Sie stehen stellvertretend für die Opfer außergerichtlicher Tötungen, bislang 318 Menschenrechtsverteidiger*innen und Journalist*innen. Alle waren engagierte Menschen, die sich in den Philippinen unerschrocken für grundlegende Rechte eingesetzt hatten und vor ihrer Ermordung in der Regel schon Überwachung, Einschüchterung, Schikanen, Rufmord und nicht selten Inhaftierung ausgesetzt waren. Kaum eines dieser Kapitalverbrechen wird aufgeklärt: Straflosigkeit war schon immer ein verbreitetes Phänomen in den Philippinen.
Besonders erschüttert hat Vorstand, Mitarbeiterinnen und Mitglieder des philippinenbüro e.V. die heimtückische Ermordung von Zara Alvarez vor wenigen Monaten. Zwischen der 39jährigen Rechtsberaterin und Mitarbeiterin eines Gesundheitsdienstes auf der zentralphilippinischen Insel Negros und dem deutschen Verein bestand seit fast zehn Jahren ein intensiver Kontakt. Noch 2019 war Alvarez zu Besuch in Deutschland und hatte auf Veranstaltungen in Köln und Berlin zur Lage in ihrem Land gesprochen. Philippinische Behörden hatten sie vor einigen Jahren als Linke etikettiert und ihr Foto tauchte auf öffentlich ausgehängten Transparenten auf, die sie in Verbindung mit dem kommunistischen Untergrund brachten. Dabei verbrachte Alvarez zwei lange Jahre in Untersuchungshaft; die fingierte Anklage musste im Frühjahr 2020 fallengelassen werden. Eine Serie anonymer Textnachrichten auf ihrem Handy folgte, in denen ihre Ermordung angekündigt wurde. Keine leere Drohung: Am 17. August 2020 töteten zwei nach wie vor unbekannte Täter*innen sie in unmittelbarer Nähe ihrer Wohnung in Bacolod City mit zahlreichen Schüssen.
Autoritärer Staat statt funktionierender Demokratie
Duterte, seit 2016 amtierender Präsident, führt das Land als autoritär regierendes Staatsoberhaupt und ist trotz formaler demokratischer Strukturen und Prozesse kaum angefochten. In wenigen Jahren hat er eine beängstigende Realität umfassender Verfolgung geschaffen, unliebsame Medien ausgeschaltet und zuletzt im Juli 2020 ein Anti-Terrorismusgesetz in Kraft gesetzt. Es überträgt philippinischen Strafverfolgungsbehörden deutlich erweiterte Überwachungs- und Festnahmekompetenzen.
„Von einem Land, das seit der Unabhängigkeit vor fast 75 Jahren von einigen hundert politischen Dynastien und Unternehmerfamilien beherrscht wird, kann man vielleicht nicht erwarten, dass es sich zu einer blühenden Demokratie mit funktionierender Gewaltenteilung und unabhängigen Medien entwickelt und obendrein auch um soziale Gerechtigkeit bemüht ist“, meinte Bernhard, 64, der ebenfalls im Vorstand des philippinenbüros mitarbeitet. „Doch was wir unter Duterte an rücksichtsloser autoritärer Politik, blutrünstiger Rhetorik und systematischen Angriffen auf elementarste Menschenrechte erleben, hat es in dieser Dimension vermutlich nicht einmal während der Marcos-Diktatur vor 40 Jahren gegeben. Er regiert scham- und ruchlos und ohne sich einen Pfifferling um öffentliche Meinung und internationale Empörung zu scheren.“
Mit dem Anzünden von Dutzenden Kerzen, welche die Zahl für die 318 ermordeten Aktivist*innen nachbildeten, und einer Schweigeminute endete die Aktion am frühen Abend. Vor dem Hintergrund des Kölner Doms wurde ein Banner wurde entrollt, das sich vor allem an die philippinische Öffentlichkeit richtete: Stop the Killings in the Philippines, „Beendet das Morden in den Philippinen“.
Parallel zu der Kölner Menschenrechtsaktion veranstalteten Mitglieder der philippinischen Diaspora in Berlin eine Mahnwache am Rizal-Haus. In Hamburg lebende Menschen von den Philippinen halten am 10. Dezember eine Online-Andacht, um der Menschenrechtsopfer in ihrem Land zu gedenken.
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Hintergrundinformationen:
- Verstecken ist keine Option, Text zu Zara Alvarez