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Myanmar: Presseschau April

Luftangriff mit 170 Toten, Parteien werden aufgelöst, Auseinandersetzungen innerhalb ASEANs

Repression und Widerstand

Am 11. April setzte das Militär Luftschläge und Kampfhelikopter gegen die Eröffnungsfeier eines lokalen Verwaltungsbüros ein. Nach einem Bombenabwurf wurden erste Rettungsversuche durch den Einsatz von Kampfhubschraubern unterbunden. Die Opferzahlen liegen bei über 170 Personen. Der Angriff erfuhr weltweite Aufmerksamkeit. Neben den oben zitierten Quellen, berichteten unter anderem CNN, die New York Times, die Tagesschau, die taz und der Spiegel.

Auch unter internationalen Organisationen sorgte der Angriff für Empörung: Der UN-Generalsekretär verurteilte den Angriff und forderte das Militär auf, die Kampagne der Gewalt gegen die Bevölkerung einzustellen. Der Hohe Kommissar der UN für Menschenrechte verurteilte den Angriff ebenfalls und ging speziell auf den Einsatz von Kampfhubschraubern gegen Fliehende ein. Er forderte alle Seiten auf, alles Mögliche zu tun um Zivilist:innen zu schützen. Amnesty International appellierte an die internationale Gemeinschaft dringend Maßnahmen zu ergreifen um Treibstofflieferungen zu verhindern. Das Special Adivsory Council Myanmar rief ebenfalls die Gemeinschaft zum Handeln auf. Die unabhängige Beratungsgruppe erwartet auch ein stärkeres Vorgehen von ASEAN und ein Eingreifen unter Artikel VII durch den UN-Sicherheitsrat.

Am 13. April setzte der UN-Sicherheitsrat das Thema Myanmar auf seine Agenda. Die Diskussionen verurteilen das Vorgehen der Junta, eine Resolution scheitert aber am Widerstand Russlands und Chinas. Die vorgeschlagene Resolution hätte aber ohnehin Artikel VII nicht angewandt. Die ASEAN Parlamentarians for Human Rights wendeten sich am 18. April mit einem offenen Brief an den Sicherheitsrat. Darin forderten sie den Rat auf, stärkere Maßnahmen zu ergreifen und eine tatsächliche Resolution folgen zu lassen.

Anfang April veröffentlichte The Irrawaddy einen Artikel über die vollständige Schließung der politischen Räume für die Zivilgesellschaft. Die militärkontrollierte Wahlkommission hatte neue Richtlinien zur Parteiregistrierung herausgegeben und die NLD hatte angekündigt sich unter diesen Bedingungen nicht zu registrieren. Auch The Diplomat ging auf die Auflösung der NLD und die Konsequenzen für die Legitimität einer möglichen landesweiten Wahl in Myanmar ein. Auch die Washington Post bezog klar Position und titelt ihren Beitrag ‚Keine gefälschte Wahl kann die Gewalt und Repression in Myanmar vertuschen‘. Unter den neuen Richtlinien müsste eine Partei, die landesweit antreten möchte, in mindestens 50 % der townships Büros unterhalten, mindestens 100.000 Unterstützer:innen nachweisen und eine hohe Summe in einer juntakontrollierten Bank hinterlegen. Darüber hinaus können Mitglieder einer Organisation, die sich gegen den Staat einsetzt, als terroristische Vereinigung erklärt wurde oder als gesetzeswidrig erklärt wurde, abgelehnt werden.

Am 4. April berichtete ein Mitglied der Maramagri-Gemeinde in Frontier Myanmar über die anhaltenden Auswirkungen von Diskriminierungen gegen Minderheiten. Gerade die kleineren Gruppen werden häufig in der internationalen Berichterstattung und Advocacy-Arbeit der NGOs übersehen und sehen sich so doppelt alleingelassen.

Einen Tag später mussten 27.000 Menschen in Nord-Kalay fliehen, als sich Kampfhandlungen in die Region ausweiteten. Seitdem Militäreinheiten in das Gebiet verlegt wurden, sind die Bewohner:innen regelmäßiger Gewalt und Luftschlägen des Militärs ausgesetzt. Die langfristige Verheerung, die diese Vertreibungen auslösen, zeigt sich auch in der Situation von Thantlang. Die Stadt im Chin-Staat wurde 2021 vom Militär gebrandschatzt. In einem Beitrag berichtet ein Journalist über seine Reise nach Thantlang und zeigt Fotoaufnahmen aus dem Februar 2023. Aufgrund ihrer strategischen Lage ist die Stadt weiter umkämpft, auch wenn sie inzwischen menschenleer ist.

In der letzten Aprilwoche wurde in Indien ein Track 1.5 meeting abgehalten. Neben indischen offiziellen und myanmarischen Junta-Beamten nahmen 5 weitere ASEAN-Länder teil: Kambodscha, Laos, Thailand, Vietnam und Indonesien. China und Bangladesch schickten ebenfalls Repräsentant:innen. Zusätzlich waren Experten aus nichtstaatlichen Organisationen eingeladen. Es kam zur Einigung, dass gemeinsam für Frieden, Kriminalitätsbekämpfung und humanitäre Hilfe eingestanden werden müsse. Dafür erklärte sich Indien bereit, eine Delegation nach Myanmar zu entsenden, um dort die Wideraufnahme eines Dialogs zwischen den Parteien zu unterstützen. Während der Prozess komplementär zu den Bestrebungen der ASEAN sein soll, scheinen Indien und Bangladesch frustriert mit dem langsamen Fortschritt. Kritiker:innen sagen, diese Verhandlungen hinderten die Bestrebungen der ASEAN und normalisierten eine Einbindung der Generäle.

 

Außenpolitik

Im Rahmen der 52. Sitzung des UN-Menschenrechtsrats wurde am 4. April in Genf eine Resolution zu Myanmar verabschiedet. Die Resolution ist umfangreich und geht in der Situationsaufnahme weiter als die bisherigen. Der Botschafter für die UN und die WTO des Vereinigten Königreichs hielt in diesem Zusammenhang eine Rede zu Myanmar, in der er alle Mitgliedsstaaten dazu aufforderte, dem Waffenembargo beizutreten. Einen Tag später veröffentlichte die NUG eine Pressemitteilung. Sie lobten die Resolution, die sie als textlich stärker empfinden als die in 2022. Sie äußerten sich aber enttäuscht, dass die Resolution keine verpflichtende Wirkung bezüglich des Embargos hat. Zuletzt heben sie hervor, dass die Resolution die Policy position on the Rohingya in Rakhine State erwähnt. Die internationale Gemeinschaft hatte die NUG lange aufgefordert, eine klare Position zu den Rohingya und dem Schutz von Minderheiten in Mynmar zu entwickeln.

In der ersten Aprilwoche veröffentlichte der WHO-Länderverantwortliche für Myanmar einen Leitartikel. Er betont die Notwendigkeit ‚Gesundheit für alle‘ auch in Myanmar von einem Slogan zu einem Recht zu machen. Dabei geht er nicht direkt auf die aktuelle Repression und den Widerstand ein, sondern betont systemische Probleme. Zu wenig Investment, schlechte Abdeckung und systemische Benachteiligung schränkten das Gesundheitssystem ein.

Ein von über 400 Organisationen unterzeichneter offenen Brief wendete sich an die Regierung Timor-Lestes. Diese hatten das durch das Militär berufene Myanmar Election Council zu einem internationalen Workshop nach Dili eingeladen. Dort sollten regionale Entscheidungsträger:innen unter dem Titel Strengthening Democracy, Peace and Stability in State Building zu diesen Themen arbeiten. Die Unterzeichner:innen forderten die Organisator:innen auf, die Einladung zu widerrufen und stattdessen Vertreter:innen der demokratischen Kräfte einzuladen.

Die Ausweisung von drei PDF-Mitgliedern aus Thailand rief starke Kritik hervor. Aktivist:innen und Menschenrechtsgruppen argumentieren, dass diese gefährdeten Menschen besonderen Schutz genießen sollten, statt ausgewiesen zu werden. Die drei Personen sollten mit einem Boot nach Myanmar zurückgeführt werden, sprangen allerdings während der Überfahrt ins Wasser. Beim Versuch schwimmend zu entkommen, wurden sie angeschossen und von der Küstenwache in Gewahrsam genommen. Einer der drei ist dabei nachweißlich getötet worden. Offene Verurteilungen gab es unter anderem von den ASEAN Parlamentarians for Human Rights.

Diese wendeten sich am 24. April zum zweiten Jahrestag des Fünf-Punkte-Konsens mit einem Aufruf an den Staatenbund. Die ASEAN müsse stärker handeln, die Fehler des Konsenses seien klar und ASEAN müsse endlich ihrer Rolle als regionale Mediatorin gerecht werden. In Indonesien versuchten lokale Gruppen einen anderen Ansatz. Sie wollten unter universeller Gerichtsbarkeit ein Verfahren wegen der Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Myanmar eröffnen. Das indonesische Verfassungsgericht hat die Klage abgelehnt, da die Verantwortung für internationale Beziehung bei der Regierung und nicht den Gerichten liege.

Ebenfalls am Jahrestag des ASEAN-Konsens besuchte Ban Ki-Moon Myanmar. Er reiste in seiner Funktion als Vorsitzender von The Elders, einer Gruppe von ehemaligen Staatsoberhäuptern. Dabei traf er sich auch mit dem Juntachef Min Aung Hlaing. Das Staatsfernsehen bezeichnete das Gespräch als freundlich, positiv und offen. Nachdem dieses Treffen von Oppositionellen unter Kritik kam, folgte am 27. April ein digitales Treffen mit Vertretern der NUG.

 

Wirtschaft

Die Junta schränkte im April den Zugang zur MyCO-Datenbank harsch ein. Hier konnten zuvor online Informationen über myanmarische Firmen abgerufen und Verbindungen über Direktor:innen, Investor:innen und Besitzer:innen abgerufen werden. Dies erschwert die Kontrolle über Investitionen deutlich, verschleiert mögliche Querverbindungen zum Militär und wird die Durchsetzung von Sanktionen behindern. In Abwesenheit dieser Informationsquelle wird es vermehrt zu fragwürdigen Geldflüssen kommen.

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