Widerstand und Repression
Diskussionen vor dem UN-Sicherheitsrat widmeten sich der aktuellen Lage in Myanmar. Die humanitäre Situation hat sich erheblich verschlechtert, mit geschätzten 18,6 Millionen Menschen, die 2024 Hilfe benötigen. Dies stellt eine 19-fache Zunahme seit Februar 2021 dar. 12 Millionen Schüler:innen und Student:innen können ihre Ausbildung nicht fortsetzen. Die Zahl der Opfer von Landminen stieg 2023 um 270 %. Die Finanzierung der humanitären Hilfe bleibt mit nur 4 % des benötigten Betrags kritisch niedrig, was die Herausforderungen für die Bevölkerung, insbesondere Frauen und Mädchen, verschärft.
Seit Thingyan änderte die Junta ihre Rekrutierungstaktiken und entführt nun gewaltsam junge Männer aus ihren Häusern und von der Straße. Zuvor hatte das Regime persönliche Daten von Wehrpflichtigen gesammelt und Einberufungsbriefe verschickt, doch jetzt erfolgt die Rekrutierung ohne Vorwarnung, wie Berichte aus den Regionen Magwe, Bago, Yangon und Ayeyarwady zeigen. Diese Zwangsrekrutierungen sind Teil einer zweiten Einberufungswelle. Bewohner berichteten von zahlreichen Entführungen durch Soldaten, oft mitten in der Nacht und ohne vorherige Ankündigung.
Die Kämpfe intensivierten sich weiter. Nachdem die Karen National Liberation Army (KNLA) die Grenzstadt Myawaddy eingenommen hatte, wurde über einen möglichen Kontrollverlust des Militärs spekuliert. Soldaten zogen sich nach Mae Sot im benachbarten Thailand zurück, seien aber noch nicht evakuiert worden. Durch die Kämpfe stieg sowohl die Zahl der Geflüchteten, wie auch der (ehemaligen) Soldaten in Thailand. Gegen Ende April zog die KNLA sich aus Myawaddy zurück. Anhaltender Widerstand kleiner Soldatengruppen und eintreffende Verstärkung des Militärs hatten zu Kämpfen geführt, welche die Bewohner:innen der Stadt weiter bedrohten. Dies wurde durch Luftangriffe des Militärs weiter verstärkt.
Die Opposition in Myanmar führte einen massiven Drohnenangriff auf die Hauptstadt Nay Pyi Taw durch. Die Widerstandskräfte setzten 29 Drohnen mit Sprengstoff ein, um den Flughafen, die Luftwaffenbasis und das Armeehauptquartier anzugreifen, während die Junta angab, sieben Drohnen abgeschossen zu haben. Nay Pyi Taw, das Zentrum der Macht des Militärs, blieb bisher von den Kämpfen weitgehend verschont.
Auch in anderen Landesteilen hielten die Kämpfe an. Die Deutsche Welle gab Ende April einen Überblick der aktuellen Lage, und das International Institute for Strategic Studies gibt in Form einer interaktiven Karte regelmäßig Einblicke.
Außenpolitik
Am 5. April ernannte UN-Generalsekretär António Guterres Julie Bishop, die ehemalige australische Außenministerin, zur neuen Sondergesandten für Myanmar. Die NUG begrüßte diese Ernennung und äußerte die Hoffnung auf eine Zusammenarbeit zur Errichtung einer föderalen demokratischen Union. Die Militärjunta kritisierte jedoch die UN wegen "einseitiger Vorwürfe" und behauptete, sie sei nicht offiziell über die Ernennung informiert worden. The Diplomat geht in einem Meinungsartikel auf die Herausforderungen ein, denen sich Bishop ausgesetzt sieht.
Der UN-Menschenrechtsrat verabschiedete eine Resolution, die Staaten auffordert, den Export, Verkauf oder Transfer von Flugbenzin an das myanmarische Militär zu stoppen. Diese Entscheidung zielt darauf ab, die Lieferkette zu unterbrechen, die Luftangriffe auf zivile Gebiete ermöglicht. Amnesty International bezeichnete diesen Schritt als bedeutend. China war der einzige Staat, der sich von dem Konsens distanzierte, rief aber nicht zu einer Abstimmung über die Verabschiedung auf.
Die Außenminister der ASEAN gaben eine Erklärung ab, in der sie alle Parteien in Myanmar aufforderten, die Gewalt sofort einzustellen und äußerste Zurückhaltung zu üben, insbesondere in Konfliktgebieten wie den Staaten Kachin und Rakhine. Die Erklärung bekräftigte auch die Unterstützung der ASEAN für humanitäre Hilfe und rief zu erneuten Bemühungen auf, einen inklusiven nationalen Dialog zu erreichen.
Thailand schlug ASEAN Troika und Troika Plus-Treffen vor, um die Krise zu bewältigen, und betonte die Bedeutung der Einbindung der Militärjunta, während es humanitäre Hilfe befürwortete. Darüber hinaus berief Thailands Regierungsausschuss unter der Leitung von Vizepremierminister Parnpree Bahiddha-Nukara eine Sitzung ein, um die Flüchtlingskrise und Sicherheitsbedenken entlang der thailändisch-myanmarischen Grenze zu erörtern, humanitäre Hilfe anzubieten und Friedensgespräche zu vermitteln. Der thailändische Außenminister besuchte die Grenzregion um Mae Sot, um sich ein Bild der Lage zu machen.
Myanmars Botschafter bei den Vereinten Nationen, Kyaw Moe Tun, appellierte beim ECOSOC Financing for Development Forum in New York an die internationale Gemeinschaft um Unterstützung. Er hob die verheerenden Auswirkungen des Militärputsches auf die Wirtschaft, die Menschenrechte und die dringende Notwendigkeit internationaler Hilfe zur Bewältigung dieser Krisen hervor.
Die Junta intensiviert derweil die Zusammenarbeit mit Russland. Der nationale Sicherheitsberater der Junta, Admiral Moe Aung, reiste nach St. Petersburg, um an einem internationalen Sicherheitsmeeting teilzunehmen. Seit dem Putsch haben sich die Beziehungen zwischen Russland und dem Regime über Waffenhandel und militärisches Training hinaus auf fast alle Sektoren ausgeweitet. Eine Delegation des Militärs besuchte mehrere militärische Einrichtungen in Russland. Zudem fanden zahlreiche Treffen und Ehrungen zwischen hochrangigen Vertretern beider Länder statt, um die technologische Zusammenarbeit und sicherheitsrelevante Fragen zu vertiefen.
Rohingya
Das Militär setzte die Zwangsrekrutierung von Rohingya-Männern und -Jugendlichen fort, insbesondere aus Internierungslagern in Sittwe und Dörfern im Norden des Rakhine-Staates. Versprechen von Staatsbürgerschaft und finanziellen Anreizen wurden oft nicht eingehalten, was zu Misstrauen und zu Fluchtversuchen der Rekruten führte. Gleichzeitig sind die Rohingya zunehmend in einer Zwickmühle, in der sie entweder zwischen die Fronten des Militärs und der Arakan Army (AA) aufgerieben werden, oder von beiden Seiten als Rekruten an die Front gezwungen werden.
Die jüngsten territorialen Gewinne der AA haben die Spannungen zwischen den Rohingya und den Rakhine-Gemeinschaften verschärft. Das myanmarische Militär versuchte, diese Spannungen weiter anzuheizen. Gleichzeitig muss die AA verstärkt darauf achten, dass es nicht erneut zu einer katastrophalen Welle der Gewalt gegen die Rohingya kommt.
Die Grenzschutztruppen Bangladeschs setzten die Zurückweisung von Rohingya-Flüchtlingen fort, die versuchten, nach Bangladesch zu gelangen. Dabei setzten sie oft Gewalt ein. Flüchtlinge, die vor Gewalt und Zwangsrekrutierung in Myanmar flohen, wurde die Einreise verweigert und sie wurden geschlagen, was sie gestrandet und verwundbar zurückließ.