Repression und Widerstand
Anfang Dezember verkündete ein Militärgericht sieben weitere Todesurteile gegen studentische Aktivist:innen. Diese waren schon im April 2022 verhaftet worden. Die ZEIT berichtete am 03.12.22 über die Urteile und gab an, dass diese zum 07. Dezember vollstreckt werden sollten. Bisher gibt es noch keine Berichte über die Durchführung. Ende Dezember berichtete die SZ über den Abschluss der bisher letzten Verfahren gegen Aung San Suu Kyi. Ihre Haftstrafe ist damit auf insgesamt 33 Jahre gestiegen.
Zum Jahrestag der Unabhängigkeit von Großbritannien, am 04. Januar, wurden erneut die traditionellen Amnestien angekündigt. Laut offiziellen Angaben sollten 7.000 Häftlinge entlassen werden. Allerdings war die Umsetzung der Amnestie schleppend und es scheinen nur sehr wenige politische Gefangene unter den Begnadigten zu sein. In Deutschland berichtete die taz.
Am 24. Januar erhoben 16 Beschwerdeführer:innen mit Unterstützung von Fortify Rights in Deutschland eine Anklage gegen die myanmarische Junta. Unter dem Grundsatz der universellen Gerichtsbarkeit werfen sie den Generälen Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen vor. Die Kläger:innen beziehen sich sowohl auf die sogenannten ‚clearance operations‘ in Rakhine, wie auch auf Menschenrechtsverletzungen nach dem Putsch. Es berichtete unter anderem die Tagesschau und die taz.
Außenpolitik
Am 22. Dezember 2022 erließ der UN-Sicherheitsrat Resolution 2669 (2022). Es gab keine Gegenstimmen, aber China, Indien und Russland enthielten sich bei der Abstimmung. Die Resolution verlangt ein sofortiges Ende der Gewalt im Land und fordert das Militär auf alle anhaltslos Verhafteten freizulassen. Der Sicherheitsrat wiederholt seinen Ruf demokratische Institutionen und Prozesse aufrechtzuerhalten und den Wünschen der Menschen Myanmars Aufmerksamkeit zu schenken.
Auch die Unterstützung für den 5-Punkte-Konsens wird erwähnt.
The Guardian berichtete am 11. Januar über Bombenangriffe auf ein Ausbildungslager des Widerstands an der Grenze zu Indien am 09. Januar. Laut Augenzeugenberichten sind dabei mindestens zwei Bomben auf indischem Staatsgebiet eingeschlagen, wobei es allerdings zu keinen Verletzungen kam.
Ebenfalls am 11. Januar gab es neue Nachrichten zu der Verhaftung des myanmarischen Geschäftsmanns, der in Thailand wegen Drogenhandel und Geldwäsche verhaftet wurde. Einige der in der Wohnung sichergestellten Vermögenswerte gehörten Kindern von Min Aung Hlaing. Justice for Myanmar hat einen umfassenden Bericht zusammengestellt.
Eine 2020 im Zuge der Covid-Pandemie geschlossene Brücke zwischen Thailand und Myanmar wurde am 12. Januar wiedereröffnet. Die Brücke stellt einen wichtigen Handelspunkt zwischen den beiden Lädern dar und erlaubt es Bürgern Myanmars nach Thailand einzureisen.
Ende Januar berichtete Myanmar Now über das nächste Treffen der ASEAN Defence Ministers’ Meeting Plus Experts’ Working Group on Maritime Security. Die von Thailand und den USA ausgerichtete Veranstaltung hat erneut Mitglieder der Junta unter den Teilnehmer:innen. Trotz der politischen Ausgrenzung der Tatmadaw, kooperiert die ASEAN in konkreten Sicherheitsfragen weiter mit ihnen. Es ist noch unklar, ob das Militär auch an den praktischen Übungen teilnehmen wird. Der indonesische Präsident und ASEAN-Vorsitzende Joko Widodo hatte angesprochen, die Junta wegen fehlendem Fortschritt in der Umsetzung des 5-Punkte-Konsens grundsätzlich von ASEAN-Veranstaltungen auszuschließen.
Anfang des Jahres beschäftigten sich einige Publikationen mit der Beziehung Chinas zu Myanmar. Aljazeera untersuchte am 11. Januar, ob Chinas verweigerte Teilnahme an einer Lancang-Mekong Cooperation (LMC) Konferenz ein bewusstes Zeichen an die Junta war. Myanmar hat aktuell den rotierenden Vorsitz der LMC inne und das Treffen sollte in Myanmar abgehalten werden. Der Zusammenschluss aus regionalen Partnern traf allerdings nicht zusammen, nachdem China die Einladung ignoriert hatte. Laut Experten möchte China womöglich vermeiden, dass die Junta so an ASEAN-Strukturen vorbei regionale Legitimität aufbauen kann. In einer Neujahrsbotschaft wendete sich die NUG-Außenministerin direkt an China und dankte der Volksrepublik für die erfolgreiche Resolution des Sicherheitsrats. Dort war lange kein Vorschlag eingebracht worden, da ein chinesisches oder russisches Veto befürchtet wurde. Sie versicherte die chinesische Regierung zusätzlich, dass die Revolution in Myanmar die Interessen und langfristigen Entwicklungsperspektiven der regionalen Staaten nicht beeinflussen werde.
Rohingya
Sowohl die taz wie die FAZ berichteten Ende Dezember über Rohingya, die mit Booten versuchen Indonesien zu erreichen. Ein Boot mit 185 Menschen hatte Indonesien erreicht, nach Berichte sinken aber auch immer wieder Boote. Anfang Dezember soll ein Boot mit ungefähr 180 Menschen an Bord gesunken sein. Das UN-Flüchtlingshilfswerk rief zu verstärktem Einsatz in der Seenotrettung auf.
Wirtschaft
Das Special Advisory Council Myanmar veröffentlichte im Januar einen Bericht über die noch bestehenden Lieferketten des Militärs. Dieser wurde am 16. Januar in The Guardian aufgegriffen. Firmen in einer Reihe von Ländern (China, Deutschland, Frankreich, Indien, Israel, Japan, Südkorea, Österreich, Russland, Singapur und die Vereinigten Staaten) wird vorgeworfen mittelbar oder unmittelbar die Junta zu unterstützen. Dabei handelt es sich vor allem um die Bereitstellung von Materialien zur Waffenproduktion in staatseigenen Betrieben. Am 30. Januar berichtete auch die South China Morning Post. Der Artikel ruft die EU zu stärkeren Kontrollen und mehr Stringenz in der Umsetzung der Sanktionen auf und nennt dies eine moralische Notwendigkeit.
Justice for Myanmar deckte darüber hinaus auf, dass die israelische Firma Cognyte weiterhin Überwachungstechnik ins Land liefert. Die Verträge seien schon vor dem Putsch geschlossen worden, werden aber, in Kooperation mit den Verteidigungs- und Außenministerien, weiter ausgeführt.
Am 23. Januar enthüllte Human Rights Watch, dass Entwicklungsprojekte des japanischen Staats in Myanmar der Junta zugutekamen. 2022 sollen über 1 Millionen USD von einer japanischen Baufirma an die Myanmar Economic Corporation, eine militärgeführte Firma geflossen sein. Diese sollten im Rahmen eines vor dem Putsch beschlossenen Brückenbauprojekts eingesetzt werden. Am 27. Januar gab die Firma an, dass vor der Auszahlung eine Ausnahmegenehmigung der US-amerikanischen Regierung eingeholt wurde, um nicht gegen die bestehenden Sanktionen zu verstoßen. Es gab noch keine Bestätigung durch die US-amerikanische Regierung. Dies wäre die erste bekannte Ausnahmegenehmigung im Zuge der Sanktionen.
Schließlich berichtete die FAZ am 26. Januar über einen rapiden Anstieg des Opiumanbaus in Myanmar. Gründe dafür seien wachsende Armut, die vorher schon schlechte Wirtschaftlage durch die Covid-Pandemie, die politische Unsicherheit nach dem Putsch, Inflation und ein allgemeiner Anstieg im Verkaufspreis.
Vorgezogene Jahrestagberichte
Bereits im Januar erschienen einige Berichte, die sich mit der Situation in Myanmar zwei Jahre nach dem Putsch beschäftigen. Am 27.01. veröffentlicht der Hohe Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte eine Pressemitteilung. Er warnt, dass das Land in allen Bereichen über die letzten zwei Jahre unvorstellbare Rückschläge erlebt hat. Dabei seien alle Bereiche der Menschenrechte betroffen und die Gesellschaft insgesamt leide darunter. Mindestens 2.890 Menschen seien durch das Militär getötet worden, wobei mindestens 767 in Haft verstorben seien. Insgesamt seien über 16.000 Menschen verhaftet worden. 1,2 Millionen seien nach dem Putsch zu Binnenflüchtlingen geworden und über 70.000 hätten das Land verlassen. Die Junta habe darüber hinaus mehr als 34.000 zivile Gebäude zerstört.
Amnesty International veröffentlichte am 30. Januar einen Rückblick mit ähnlichen, aber leicht höheren Zahlen. Reporter ohne Grenzen ging am selben Tag auf die Situation ein und beschreiben den Terror, mit dem Journalist:innen im Land eingeschüchtert werden. Dieser sei über die letzten zwei Jahre nur intensiver geworden. Tötungen, Folter, Einschüchterungen, Hausdurchsuchungen und Haftstrafen von bis zu 15 Jahren wurden eingesetzt um die Presse an ihrer Arbeit zu hindern.