Repression und Widerstand
Die Junta hat in 37 Gemeinden im ganzen Land das Kriegsrecht ausgerufen. Zudem autorisierte sie Militärtribunale, lebenslange Haftstrafen und die Todesstrafe für eine Vielzahl von Straftaten zu verhängen. Gemäß Analysten ist dies ein politischer und militärischer Schritt, der zu noch mehr Blutvergießen, Flucht und Terror führen wird (4.2.2023).
LGBTQ-Personen beklagen Missbrauch und Folter in Myanmars Verhörzentren (11.2.2023). In privaten Zellen werden sie verprügelt, mit Zigaretten verbrannt und erhalten Todesdrohungen.
Das myanmarische Militär versucht sowohl mit arbeitslosen und unterqualifizierten jungen Erwachsenen als auch Kindern aus verarmten Militär- und Polizeifamilien ihre Truppenstärke zu erweitern, wie Myanmar Now (1.3.2023) berichtete.
Im Chin-Staat werden Christen stark von der Militärjunta in ihrer Glaubensausführung eingeschränkt, wie die Aktuell (13.3.2023) berichtete. Nachdem sie stark am Widerstand gegen den Staatsstreich vom 1. Februar 2022 beteiligt waren, verhängte die Junta eine strenge Ausgangssperre von 18- 6 Uhr, sowie das Versammlungsverbot um gegen die Sonntagsmesse der Christen vorzugehen.
Bei einer Militärrazzia in zwei Klöstern wurden 26 Zivilisten, drei davon buddhistische Mönche, getötet (15.3.2023). Das Militär wies die Schuld an dem Massaker den People’s Defense Forces zu.
Die Streitkräfte der People‘s Defense Forces attackierten einen myanmarischen Armeestützpunkt in der Junta-Hauptstadt (15.3.2023). In Naypyitaw wurden vier Raketen auf ein Militärbataillon abgefeuert, sagten Mitglieder der Widerstandsgruppe. Die Ausmaße des entstandenen Schadens sind noch nicht bekannt.
Junta-Propagandamaterial wurde an Schüler:innen verteilt, die ihre Immatrikulationsprüfungen an Gymnasien in Naypyitaw ablegten (17.3.2023). Diese Aktion verstärkt die Annahme, dass die Junta nach neuen Rekruten sucht um die rückläufigen Truppenzahlen auszubessern.
Es kommt zu langen Wartezeiten vor den Passbüros. Der Militärrat hatte die Ausstellung von Pässen für mehr als zwei Monate ausgesetzt und begründete dies mit Papierknappheit. Weiterhin werden derzeit nur Pässe an diejenigen ausgegeben, die eine Pilgerreise nach Buddha Gaya unternehmen möchten. Die Beschränlung auf Pilgerreisen diskriminiert Nicht-Buddhisten und schürt weitere Spannungen.
Der Armed Forces Day wurde auch dieses Jahr wieder am 27. März begangen. Die jährliche Parade der Junta, gefolgt von Min Aung Hlaing im offenen Jeep, sollte erneut die Macht und Ausrüstung des Militärs demonstrieren. In seiner Ansprache gab Min Aung Hlaing an, auch in Zukunft hart gegen die ‚Terroristen‘ vorgehen zu wollen, wobei er sich spezifisch auf das National Unity Government und die PDF bezog.
Ende März löste die Wahlkommission in Myanmar 40 Parteien auf, unter ihnen auch die NLD. Als Begründung wurde angegeben, sie hätten die Auflagen nicht rechtzeitig erreicht. Dazu zählt die Einreichung von Unterschriften der Unterstützer der Partei und der Betrieb einer gewissen Menge an Parteibüros landesweit. Diese Voraussetzungen sind unter den aktuellen Umständen in Myanmar offensichtlich nicht, oder zumindest nicht sicher, zu erfüllen. In Deutschland berichteten unter anderem die taz, die FAZ und die Tagesschau. Offizielle Reaktionen und Verurteilungen dieses Vorgehens kamen unter anderem aus Deutschland, dem Vereinigten Königreich, Frankreich, Australien und Europa.
Außenpolitik
Das juntakontrollierte Ministerium für elektrische Energie (MOEP) unterzeichnete am 1. März einen Vertrag zur Entwicklung von Myanmars ersten Windkraftprojekten mit zwei chinesischen Unternehmen und einem lokalen Unternehmen.
Von Seiten Chinas kam es zur Wiederaufnahme der Bauarbeiten einer Eisenbahn, die entlang des Südens Chinas bis zum Bundesstaat Rakhine in Myanmar reicht, wie The Diplomat berichtete.
Einige unabhängige von der UN ernannten Menschenrechtsexperten forderten Social-Media Unternehmen auf, gegen die Online-Terrorkampagne der myanmarischen Militärjunta zu handeln. Die Experten beanstandeten, dass Inhalte auf Social-Media sorgfältiger überwacht werden müssen. Besonders die Plattform Telegram war negativ aufgefallen. In Myanmar sind insbesondere Frauen online Belästigungen mit diskriminierenden, frauenfeindlichen Posts ausgesetzt. Es ist daher die Verantwortung der Social-Media Plattformen, diese Menschenrechtsverletzungen zu identifizieren, präventiv dagegen vorzugehen und bestehende Posts zu verringern.
Auf Facebook und weiteren Plattformen kursierten Fake news über eine vermeintliche Kriegserklärung Thailands an Myanmar. Diese Posts zeigen Videos mit dem gleichen irreführenden Thumbnail. Allerdings ist der gezeigte Armeechef in den Videos bereits seit dem Jahr 2020 im Ruhestand, und die thailändische Armee bestätigte zudem, dass die Nachricht nicht wahr sei (17.3.2023).
Im Vergleich zu früheren ASEAN-Vorsitzenden, ist der Umgang Indonesiens mit der derzeitigen Situation in Myanmar sehr ruhig. Die Geheimhaltung der diplomatischen Tätigkeiten führte von vielen Seiten zu Verwirrung und Kritik (22.3.2023).
Die Vereinigten Staaten kündigten am 24.03.2023 weitere Sanktionen gegen Myanmar an, die gegen die Lieferung von Düsentreibstoff an Myanmars Militär vorgehen. Diese Entscheidung kam nach Luftangriffen auf zivil besiedelten Gebieten. Die Sanktionen werden gegen zwei Personen und sechs Einrichtungen verhängt, die mit dem myanmarischen Militär in Verbindung stehen und den Import, Lagerung und Verteilung von Düsentreibstoff an das Militär ermöglicht haben.
Rohingya
Sowohl Australien als auch Neuseeland wollen mehr Rohingya aufnehmen (1.3.2023). Fast eine Million staatenlose Rohingya, die vor brutalen ethnischen Säuberungen in Myanmar geflohen sind, befinden sich seit fünfeinhalb Jahren in extrem überfüllten Flüchtlingslagern in Bangladesch. Flüchtlingen aus umliegenden Ländern, wie Thailand und Indonesien, erhielten bereits ein australisches Visum.
Die UN wird beschuldigt das myanmarische Militär bei der Rückführung von Rohingya-Flüchtlingen unterstützt zu haben. Die Vereinten Nationen drängen öffentlich auf eine Lösung für die Rohingya und auf die Wahrung der Sicherheit der Flüchtlinge. Kritiker stellen dieses Engagement in Frage, da Dokumente belegen, dass das UN-Flüchtlingshilfswerk bei der Reise einer Delegation von Junta-Beamten zu einem Treffen mit Flüchtlingen in Bangladesch half und hierfür Boote mit entfernten UN-Markierungen zur Verfügung stellte.
Eine myanmarische Delegation besichtigte ein Lager von Rohingya-Flüchtlingen in Bangladesch, um für ein Rückführungsprojekt einige 100 potenzielle Rückkehrer zu ermitteln. Dabei ist es jedoch noch im Unklaren, wann genau den muslimischen Flüchtlingen die Heimreise gewährt wird.
Ein Großbrand in dem Rohingya-Flüchtlingslager im Bezirk Cox's Bazar führte zu einer Zerstörung von 2000 Behelfsunterkünften. Dabei verloren fast 10.000 Menschen ihre Häuser, auch Krankenhäuser und Bildungseinrichtungen wurden zerstört. Berichte von Opferzahlen liegen noch nicht vor und auch die Ursache des Feuers ist noch unklar.
Aung Myo Min , Menschenrechtsminister des National Unity Government , fordert, dass die vor sechs Jahren begangenen Völkermordverbrechen an Rohingya-Muslimen in Myanmar anerkannt und Gerechtigkeit für die Opfer gefordert werden müssen (23.2.2023)
Wirtschaft
Das UN Office on Drugs and Crime veröffentlichte ihren Bericht „Myanmar Opium Survey 2022“ und wies darauf hin, dass der Schlafmohnanbau bis zu 33% angestiegen ist im Vergleich zum Vorjahr und der Schwarzmarkt floriert.
Acces Now veröffentlichte eine Pressemitteilung in der sie auf die vollständige Kontrolle des Militärs über Myanmars Telekommunikationssektor hinweisen. Dies schaffe für die Junta die perfekten Voraussetzungen für eine intensive Überwachung und die Möglichkeit Regimekritiker ausfindig zu machen und zu eliminieren.
Seit Mitte Oktober 2022 hat in der Gemeinde Ke See ein groß angelegter Kohleabbau begonnen, um Eisen für das Stahlwerk Myingyan in Mandalay zu produzieren. Somit werden die langjährigen Pläne der Armee, die lokale Stahlherstellung anzukurbeln und die Rüstungsindustrie zu stärken, durchgesetzt.
Der Energiekonzern Chevron Cooperation willigt ein, seine Vermögenswerte aus Myanmar zu verkaufen und das Land zu verlassen. Zusammen mit anderen Ölunternehmen wurde dieser Beschluss nach dem versuchten Putsch getroffen. Die Menschenrechtsverletzungen in Myanmar werden stark von den Konzernen verurteilt.
Der Nahrungsmittelkonzern Nestlé stellt seine Produktion in Myanmar ein. Auch wird der Konzern seine bisherige Aktivität im südostasiatischen Raum stilllegen. Als Grund für diese Entscheidung wird die momentane ökonomische Lage benannt.
Amnesty International berichtete über erneute Flugtreibstoff-Lieferungen des Schweizer Treibstoffunternehmens Puma Energy, das im Oktober 2022 seinen Rückzug aus Myanmar erklärt hatte. Weiter gab das Unternehmen an, seine Anlagen an eine in Myanmar ansässige Unternehmensgruppe zu verkaufen. Der Export von Flugtreibstoffen nach Myanmar müsse gestoppt werden, damit keine weiteren Kriegsverbrechen stattfinden können.
Westliche Firmen handeln weiter mit Teakholz aus Myanmar. Die Profite kommen größtenteils dem Militärregime zugute. Aufzeichnungen zeigen, dass Myanmars Teakholz meist für Yachtdecks benutzt wird und somit das Geschäft mit Teakholz die Brutalität der Junta unterstützt.
Zwei europäische Ingenieurbüros verdienten Millionen mit der Beratung der Militärjunta beim Bau von sozial- und umweltzerstörerischen Staudammprojekten. Dokumente belegen, dass das schwedische Ingenieurbüro AFRY AB und die österreichisch-deutsche ILF-Gruppe hiervon profitierten.