„Ich bin geschmeidig wie Wasser. Ich passe mich an.“
Das sagt Nana, als sie ihre Lebenssituation reflektiert – und die ist von Rückschlägen geprägt: Als Kind wurde sie während der Unabhängigkeitskämpfe der Indonesier:innen gegen die niederländischen Kolonialherren (1945-49) von ihrem Vater mit ihrer Schwester weggeschickt, um nicht mit einem der Rebellen verheiratet zu werden. Der Vater wird in den Wirren jedoch umgebracht. Ihren Mann verlor sie zwanzig Jahre später im Verlauf des Putsches (1965/66), der zur Machtübernahme des langjährigen Despoten Suharto führte (diese historische Einordnung ist allerdings nur schwer im Filmablauf zuzuordnen).
Nana hatte danach durch die Hochzeit mit einem gut situierten Kaufmann in Westjava – im Sundaland – ein nach außen geregeltes Familienleben. Allerdings hatte ihr Ehemann eine Geliebte, mit der Nana sich aber arrangierte, und beide wurden enge Vertraute und Freundinnen. Letztlich verlässt Nana jedoch ihren Ehemann und die Kinder, nachdem der erste totgeglaubte Mann doch plötzlich wieder auftauchte. Ein konfliktreiches Leben.
Der Film – im Original „Nana“ benannt – wurde für die internationale Vermarktung mit dem englischen Titel versehen, der die Zeitsprünge zwischen „Früher – Jetzt – und später“ passend umschreibt.
Film beruht auf Biografie und Roman
Kamila Andini hat auf der Basis einer Biografie und eines Romans einen eindrucksvollen Spielfilm vorgelegt, der sehr subtil die träumerische Bewältigung der Lebensgefühle von Nana schildert. Der patriarchalen Gesellschaftsordnung hat sie sich unterworfen und angepasst – und findet doch die Kraft, sich letztlich auf der Suche nach Freiheit daraus zu befreien. Diese Emanzipation erschließt sich durch eine ausgesprochen ruhige und beruhigende Erzählung mit eindrucksvollen Bildern und einer ansprechenden musikalischen Illustration. Dies verdeutlicht die Traumwelt der Protagonistin.
Vorführung im Allerweltskino
Am 21. November lief „Nana“ im voll besetzten Allerweltskino im Off-Broadway in Köln. Nach dem Film gab Sri Tunruang (AK Indonesien Aachen / International Peoples Tribunal 1965) eine Reihe aufschlussreicher Informationen und Interpretationen. Aus ihrer Sicht spiegelt der Film drei Perspektiven, nämlich die Rolle der Frau, die Situation der Menschenrechte und das verbindliche Heimatgefühl. Und er problematisiert die Frage „Können wir leben wie wir sind?“. Die Symbole von Nanas bewahrten Geheimnissen würden beispielsweise deutlich an der Haartracht, dem klassisch streng gebundenen Dutt, stets durch besondere Nadeln gehalten oder an der ungewohnt lange andauernden Raucherei der Frauen im Film. Sittenstreng sei der Alltag einerseits geregelt, andererseits gebe es Ausflüchte, wie in der engen Beziehung zur Geliebten des Ehemanns oder einem Sprung in einen wilden Wasserstrudel.
Filme von Frauen über 1965/66
Sri Tunruang verwies auf die zunehmende Bedeutung wichtiger von Frauen in letzter Zeit gemachter Filme über die 1965/66er Massaker in Indonesien, der Zeit eines Umbruchs: Neben „Nana“ der Dokumentarfilm von Lola Amaria „Eksil“ und die TV-Serie „Gadis Kretek“ von Sasthi Nandani.
Der kundigen Einführung folgte im Allerweltskino eine lebhafte Diskussion, in der es auch um die indonesisch-deutschen Beziehungen sowie die aktuelle zivilgesellschaftliche Situation ging. Ein Beleg, wie reichhaltig und vielsagend die indonesische Filmszene derzeit ist.
P.S. Der Originalfilm lief übrigens auf Sundanesisch. Im Vorspann ist dem deutschen Vertrieb ein interessanter Fehler unterlaufen. Es hieß dort "Sudan" statt richtigerweise "Sunda" = diesen Namen trägt die Region im Westen Javas, immerhin mit etwa 42 Millionen Einwohnern, dort leben die Sundanesen und die sprechen Sundanesisch (und gewiss auch Indonesisch).
Karl Mertes (Deutsch-Indonesische Gesellschaft Köln)
Die Filmaufführung von Nana war eine Kooperation der Stiftung Asienhaus, der Deutsch-Indonesischen Gesellschaft Köln und dem IPT 1965 mit dem Allerweltskino Köln.