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Myanmar: Presseschau August 2022

Foto Henri Myrttinen

Jahrestag der 8888-Uprising und der 'clearance operations' gegen die Rohingya, Besuch der UN-Gesandten und Verhaftung der ehemaligen britischen Botschafterin

Widerstand & Repression

Am 01. August gab die Junta bekannt, dass die Notstandsverordnungen für weitere sechs Monate verlängert werden. Die Militärs bezeichneten die Verlängerung als notwendig, um die Lage im Land zu normalisieren. Erst wenn die Herausforderungen der Covid-19-Pandemie und die interne Instabilität überwunden seien, könne an einer Umsetzung des ASEAN Fünf-Punkte-Konsens gearbeitet werden.

Dabei bleibt die Lage im Land weiterhin extrem instabil. Die Tagesschau berichtete am 19. August über seit Juli anhaltende Gefechte in Kachin, die tausende Menschen vertrieben haben. Dabei wurden auch hier Häuser und Kirchen verbrannt. Die Darstellung, dass Kachin und die anderen christlich geprägten Regionen die „Epizentren des Kampfes zwischen Armee und Widerstand“ seien, erklärt sich vermutlich aus dem Rückbezug auf die Nachrichtenagentur KNA, die wiederum die Union of Catholic Asian News zitiert. So wird auch die Gewalt in Sagaing als Gewalt gegen katholische Gemeinden gelesen.

In Rakhine veröffentlichte die Arakan Army (AA) Reisewarnungen. Zivilist:innen werden angewiesen, sich nicht in der Nähe von militärischen Vorposten oder Checkpoints aufzuhalten, nur im Notfall zu reisen und die zuständigen AA-Stellen zu informieren, bevor eine Reise angetreten wird. Das Militär hatte vorher in einigen Gebieten in Rakhine Ausgangssperren ausgesprochen.

Der 08. August war der 34. Jahrestag des 8888-Uprising, Studierendenproteste gegen die vorherige Junta, an denen im Jahr 1988 hunderttausend Student:innen teilnahmen und für Demokratie protestierten. Aktivist:innen erinnerten in Yangon mit einer Protestaktion an den Aufstand: an prominenten Orten versammelten sich Vierergruppen, die mit der Zahl 8 bedruckte Regenschirme trugen. Am 25. August nahm die Junta zwei der Verantwortlichen unter Gewaltanwendung fest.

Die Junta-geführte Wahlkommission erklärte am 12. August, dass politische Parteien zukünftig ihre Erlaubnis einholen müssen, bevor sie sich mit ausländischen Individuen oder Organisationen treffen. Bei Zuwiderhandlung drohe eine Auflösung der Partei. Dies sei in Vorbereitung auf die geplante Wahl im nächsten Jahr notwendig. Die Militärs geben weiterhin vor, dass die Wahl im Jahr 2020 starke Unregelmäßigkeiten aufwies. Dabei werfen sie auch internationalen Organisationen Einmischung vor.

Am 15. August erging auch ein weiteres Urteil im Korruptionsprozess gegen die ehemalige Staatschefin Aung San Suu Kyi und drei Mitangeklagte. Aung San Suu Kyi wurde zu weiteren sieben Jahren Haft verurteilt, während die drei Regierungsbeamten jeweils dreijährige Haftstrafen erhielten. Der Prozess findet weiterhin unter Ausschluss der Öffentlichkeit und der Presse statt. Die Militärs verkündeten darüber hinaus, dass sie nachdem „die rechtlichen Verfahren gegen [Aung San Suu Kyi] gemäß dem Gesetz abgeschlossen sind“, bereit seien mit ihr in einen Dialog zu treten.

Gegen Ende des Monats wurde die ehemalige britische Botschafterin Vicky Bowman gemeinsam mit ihrem Ehemann Htein Lin verhaftet. In der Folge wurden sie wegen angeblicher Verstöße gegen Immigrationsgesetze zu einem Jahr Haft verurteilt. Die Verhaftung fiel mit dem 25. August auf den Tag, an dem Großbritannien neue Sanktionen gegen militärnahe Firmen ankündigte.

 

Außenpolitik

Die Sondergesandte der UN für Myanmar Noeleen Heyzer hat Myanmar besucht. Dies war ihre erste Reise ins Land seit ihrer Berufung im letzten Jahr. Am 17. August traf sie Min Aung Hlaing, den Oberbefehlshaber der Streitkräfte Myanmars. Heyzer forderte die Wiedereinsetzung des Moratoriums auf Hinrichtungen, ein Ende der Gewalt und eine Amnestie für alle politischen Gefangenen. Ihr wurde jedoch, wie auch dem Sondergesandten der ASEAN, ein Gespräch mit Aung San Suu Kyi und anderen Widerständlern verweigert. Dabei rief das Treffen mit dem General einige Kritik aus myanmarischen Medien und der Zivilgesellschaft hervor.

Zwischen dem 02. und dem 05. August fand das 55. Außenministertreffen der ASEAN statt. Es war kein:e Repräsentant:in Myanmars anwesend, nachdem die Militärs die Entsendung einer nicht der Junta zugehörigen Person abgelehnt hatten. Auf dem Treffen wurde besprochen, dass die ASEAN mehr humanitäre Unterstützung für Myanmar bereitstellen, die freiwillige Rückführung von Geflüchteten unterstützen und eine nachhaltige Entwicklung in Rakhine fördern wolle; sie erklärten, dass sie bereit seien Myanmar auf positive, friedliche und konstruktive Weise zu unterstützen. Die Minister äußerten jedoch Sorge über die Entwicklungen in Myanmar, die Hinrichtung der vier Demokratieaktivisten und die fehlenden Fortschritte in der Umsetzung des Fünf-Punkte-Konsens. Auch der aktuelle ASEAN-Vorsitzende Hun Sen äußerte Kritik und Ärger über die Hinrichtungen. Malaysias Außenminister, der schon in der Vergangenheit eine relativ klare Linie gegen die Junta gezeigt hat, sprach erneut von einer möglichen Suspendierung Myanmars. Josep Borrell nahm als Vertreter der EU an dem Treffen teil. Auch er verurteilte die Hinrichtungen und zeigte sich besorgt über die langsame Umsetzung des Fünf-Punkte-Konsens. Er sagte, die EU sei bereit die ASEAN zu unterstützen und strebe dabei eine Beendigung der Gewalt, die Eröffnung eines politischen Schlichtungsprozesses und die Bereitstellung Humanitärer Hilfe an.

Human Rights Watch (HRW) forderte die japanische Regierung auf militärische Kooperationen mit der Tatamadaw zu überprüfen. Der konkrete Anlass war der myanmarische General Tin Soe, der 2016 bis 2017 in Japan ausgebildet wurde. Er war zwischen August 2021 und Juli 2022 Kommandeur im Hauptquartier des Eastern Command und somit für die Massaker des Militärs in den Staaten Shan und Kayah verantwortlich. HRW kritisiert nicht nur das fehlende Bewusstsein für das spätere Verhalten der Ausgebildeten, sondern auch, dass Japan nach dem Putsch weitere Militärs ausgebildet hat.

Laut Reuters möchte die Junta in Zukunft verstärkt auf Benzin und Heizöl aus Russland setzen; Russland ist auch einer der verbleibenden Waffenlieferanten der Tatmadaw.

Eine weitere wirtschaftliche Entwicklung ist, dass Beiersdorf seine Produktionsstätten aus Myanmar abziehen wird. Die deutsche Firma stellte bisher Produkte der Marken Hansaplast und Nivea in Myanmar her.

In einem Beitrag in der taz schreibt Willi Germund über den wirtschaftlichen Einfluss chinesischer Triaden in der Grenzregion zwischen den beiden Ländern. Er betont dabei besonders, wie außergewöhnlich der offizielle Besitz von Immobilien für das übliche Geschäft der Gruppen ist. Sie seien vor allem in den Bereichen Glücksspiel, Telefonbetrug und Drogenhandel aktiv.

Am 09. August wurde der dritte Jahresbericht des Independent Investigative Mechanism for Myanmar öffentlich gemacht. Der Bericht dokumentiert zahlreiche Verbrechen gegen die Menschlichkeit und zeigt ebenfalls die systematische und allgemeine Anwendung der brutalen Methoden der Junta; die Zivilbevölkerung ist Morden, Folter, Verschleppungen und Vergewaltigungen ausgesetzt. Frauen und Kinder sind dabei besonders stark betroffen. Auf Deutsch berichtete beispielsweise der Spiegel.

 

Rohingya

Am 25. August 2017 begannen die ‚clearance operations‘ gegen die Rohingya. Der fünfte Jahrestag dieses Datums führte in diesem Monat zu einer stärkeren Auseinandersetzung mit dem Genozid.

Das Auswärtige Amt veröffentlichte eine Stellungnahme in der sie erklärten der Klage Gambias vor dem IGH beizutreten. Darüber hinaus bedankten sie sich bei den aufnehmenden Staaten und sicherten weitere Unterstützung für die Rohingya zu. Auch die europäische Kommission und eine gemeinsame Verlautbarung eines Repräsentanten der EU und der Außenminister:innen Australiens, Kanadas, Neu Seelands, Norwegens, Großbritanniens und der USA gingen auf das Thema ein. Sie begrüßen die internationalen Ermittlungen und danken Organisationen und Staaten. Großbritannien kündigte darüber hinaus weitere Sanktionen und die Unterstützung des Verfahren vor dem IGH an.
Weitere Erklärungen und Pressemitteilungen kamen beispielsweise von ASEAN MPs for Human Rights, dem Special Advisory Council for Myanmar, HRW, Amnesty International, Save the Children, Progressive Voice Myanmar und dem OHCHR.

Aljazeera veröffentlichte zwei weitere Dokumentationen zu den Rohingya. In einem 48 Minuten langen Beitrag geben sie einen historischen Überblick der Ursprünge der Verfolgung der Rohingya, während Inside Story auf die aktuelle Situation eingeht und die Frage stellt, wieso diese Gruppe so wenig im internationalen Fokus steht.

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