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Presseschau Myanmar 03. März 2021

Graffito in Yangon (Foto: Stiftung Asienhaus)

Der bisher blutigste Tag in der Niederschlagung der Proteste, Diskussionen über Myanmars Repräsentant*innen im Ausland, eine Auswahl von Kommentaren und ein paar etwas hoffnungsvollere Nachrichten.

Überblick

Heute beginnen wir mit zwei nicht tagesaktuellen, aber auch sehr interessanten Überblicksartikeln:
Das Transnational Institute hat am 1. März einen ausführlichen und persönlichen Kommentar von Kyaw Lynn veröffentlicht. Er behandelt die komplexe Gemengelage, die vielen widerstrebenden Interessen schon vor dem Putsch und geht insbesondere auf die Situation im Rakhine-Staat ein.

Am 2. März gibt Khin Zaw Win bei open democracy einen Ausblick über die Veränderung, die seiner Meinung nach durch die Protestbewegung im myanmarischen Sozialgefüge stattfindet. Er argumentiert, dass in dieser Situation gemeinsamer Unterdrückung traditionell marginalisierte Gruppen eine verstärkte Solidarisierung erfahren und durch ihr vorheriges Engagement eine stärkere Rolle im Widerstand einnehmen.

Proteste

Der 3. März 2021 war der bislang tödlichste Tag der Proteste. An dieser Stelle eine Warnung, dass die 3 folgenden Artikel recht graphisches Bild- und Videomaterial enthalten. Berichteten Reuters und Myanmar Now zunächst noch von mindestens 18 Toten, überholten die bestätigten Todeszahlen bald die vom vergangenen Sonntag (28.2.2021). In einem Artikel in The Irrawaddy stand die Zahl schon bei 28, mit 15 allein in Nord-Okkalapa. Der Beitrag in der TAZ verzeichnet 33 bestätigte Toesfälle, erwähnt Angriffe auf Ersthelfer*innen und hebt hervor, dass für Freitag eine Sitzung des UN Sicherheitsrats zum Thema anberaumt wurde.
Weitere Berichte und Videos in sozialen Medien zeichneten andere schwere Verstöße gegen die Menschenrechte auf, die zuvor erwähnten Angriffe auf Ersthelfer*innen, aber auch den Einsatz von Schnellfeuerwaffen auf Kopfhöhe. Auch kursieren deutlich höhere Todeszahlen.

Außenpolitik

The Irrawaddy berichtet von Solidarität von myanmarischen Diplomat*innen im Ausland. So trat U Tin Maung Naing, vormals der stellvertretende Botschafter bei den Vereinten Nationen, zurück, nachdem er vom Militärregime angewiesen worden war U Kyaw Moe Tun zu ersetzen. Die Junta möchte die vom ehemaligen Parlament eingesetzten Diplomat*innen durch eigene Leute ersetzen. Der Botschafter war auch mit seinen offenen Worten gegen den Putsch aufgefallen, was eine Welle von über 100 Rückrufen auslöste.
In Los Angeles verkündete die ranghohe myanmarische Diplomatin Daw Mya Mya Kyi ihre Unterstützung für das Civil Disobedience Movement (CDM). Im Inland wie im Ausland versuchen so Staatsdienerinnen nicht mit der Junta zu kooperieren.

Die Philippinische Nachrichten Agentur lässt nun offiziell verlautbaren, dass die Philippinen die Freilassung Aung San Suu Kyis fordern. Die Rhetorik im Bezug auf das myanmarische Militär ist allerdings immer noch sehr versöhnlich.

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble schreibt einen offenen Brief zur Lage in Myanmar. Er bekundet Solidarität mit den Parlamentariern und dem unter Hasuarrest stehenden Sprecher der Volksversammlung in Myanmar, T Khun Myatt. Er verurteilt den Putsch, fordert die Freilassung der Inhaftierten und das Wiedereinsetzen der demokratisch legitimierten Regierung.

Kommentare

In der TAZ geht Sven Hansen näher auf die gestern schon erwähnte Repression von Journalist*innen ein und beschreibt die Versuche der Presse, sich nicht dem Regime zu ergeben.

Bei Frontier Myanmar schreibt ein*e Journalist*in vor Ort über seine*ihre persönlichen Erfahrungen im Versuch die Proteste und die Gewalt zu dokumentieren.

Aung Zaw entwirft in The Irrawaddy eine Möglichkeit, wie der Putsch scheitern könnte. Hierbei ist das Zusammenspiel innerer und äußerer Druckmechanismen auf das Regime und die strikte Einhaltung von Nicht-Kooperation und Nicht-Anerkennung seiner Meinung nach von großer Bedeutung.

Die Straits Times berichtet über myanmarische Arbeitsmigrante*innen in der Region und ihre Sorgen und Schwierigkeiten ihre Familien in dieser Zeit zu unterstützen. Die isolationistischen Maßnahmen der Militärregierung und der Streik- und Chaos bedingte Zusammenbruch relevanter Infrastruktur stellt sie vor schwere Probleme.

Etwas Hoffnung

Myanmar Now berichtet in drei Artikel von internen Solidarisierungen von Staatsdienern.
So haben in Mandalay zwei hochrangige Polizeibeamte ihre Unterstützung des CDM bekundet. Während dies in Teilen der Protestbewegung verständliches Missvertrauen auslöste, sind beide seit Sonntag nicht zum Dienst erschienen und gaben an, nicht mehr für die Diktatur, sondern für die Bevölkerung arbeiten zu wollen.

Mit seiner Amtsniederlegung wird Thant Sin zum bis jetzt hochrangigsten Beamten, der sich dem CDM angeschlossen hat. Als Grund nennt er teils rechtswidrige Arbeitsanweisungen durch das Militär, die Unrechtmäßigkeit des Putsches und den Verlust von Beamtenrechten.

Bereits gestern meldet Myanmar Now, dass 12 Soldaten sich der Karen National Union ergeben haben, um CDM zu unterstützen. Nach anfänglicher Kontaktaufnahme durch die lokale Bevölkerung ging der Prozess friedlich vonstatten.

Uns ist bewusst, dass diese Nachrichten vergleichweise unbedeutend oder melodramatisch wirken, aber in diesem Abschnitt ging es eher darum zu zeigen, dass wir nicht alleine von den Ereignissen des Wochenendes tief erschüttert sind. Wenn Moralität oder Schuldbewusstsein die Kräfte der Repression auch nur etwas schwächen kann, sollten wir uns über diese gute Nachricht freuen.

Und als Letztes noch ein Video von Studenten der Global Labour University, das uns heute erreichte. Es ist ein Zeichen der Solidarität mit Myanmar und ein Aufruf gemeinsam für die Rechte aller einzustehen:

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