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Reaktionen aus der Politik zur eskalierenden Lage in Myanmar

Foto: Henri Myrttinen

Seit dem Militärputsch vom 01. Februar in Myanmar blickt die Welt entsetzt auf das Geschehen im Land. Am Tag des Militärs, am 27.03., mordeten Soldaten über 100 Zivilisten. Der Druck auf die internationale Politik wächst.

Die Bilder der erneut brutal niedergeschlagenen Proteste sorgten für einen Aufschrei der Empörung und Fassungslosigkeit. Mittlerweile sind nach Angaben der Assistance Association for Political Prisoners 510 Menschen ums Leben gekommen (Stand 20.03.2021, 13:00), unter ihnen auch Kinder. Die zunehmende Eskalation zeigt, dass die bisherigen internationalen Maßnahmen noch nicht ausreichen, um die Militärs zu einer Abkehr von Gewaltanwendung zu bewegen. Inzwischen mehren sich die Stimmen, die vor einen drohenden Bürgerkrieg warnen. Mit jedem weiteren Toten erhöht sich der Druck auf die internationale Gemeinschaft endlich konkretere Taten gegen die Junta zu beschließen und den Menschen nicht nur mit Worten beizustehen.

Reaktionen deutscher Politiker*innen

Der Außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundesfraktion Jürgen Hardt ruft die gesamte Weltgemeinschaft auf, sich gegen die Verbrechen zu stellen. Das schließe besonders die Länder „China, Russland oder Indien ein, die der Militärführung in Myanmar am Wochenende zum ‚Tag der Streitkräfte‘ ihre Aufwartung gemacht haben.“ Sein Parteikollege Roderich Kieswetter schließt sich dem an und ergänzt, dass Russland die Situation ausnutzen würde, um geopolitische Einflusszonen zu schaffen. Man dürfe nicht aus den Augen verlieren, dass Russland die Militärjunta auch im UN-Sicherheitsrat unterstützen würde und somit die regelbasierte internationale Ordnung und demokratische Werte in Gefahr brächte. Beide CDU/CSU Politiker befürworten den von Tom Andrew, UN-Sonderberichterstatter, geforderte internationalen Sondergipfel zur Lage in Myanmar, sollte kein Mehrheitsentschluss im UN-Sicherheitsrat zustande kommen.

Appelle gegen die Eskalation der Gewalt reichen dem außenpolitischen Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Omid Nouripour, schon lange nicht mehr: „Die Verantwortlichen für die vielen toten Zivilisten müssen persönlich und durch den Menschenrechtsmechanismus der EU belangt werden.“ Zudem müsse Europa die KP China als Schutzmacht der Junta klar benennen. „Pekings Schutz gibt den Militärs in Myanmar die freie Hand für ihre Gräueltaten.“

Die Menschenrechtspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion und Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses Gyde Jensen regt an, dass China seinen erheblichen Einfluss in Myanmar zur Deeskalation nutzen solle. Außerdem sei es die Verantwortung der internationalen Gemeinschaft „konsequent die finanziellen Quellen der Militärjunta auszutrocknen, mit denen sie den Massenmord an der eigenen Bevölkerung finanziert.“ Bundesminister Maas müsse sein angekündigtes Sanktionspaket verabschieden, welches nicht nur auf die militärische Führungsspitze abzielen sollte, sondern auch auf das Umfeld der Generäle.

Nils Schmid, außenpolitischer Sprecher der SPD, fordert neben sofortiger Freilassung aller politischen Gefangenen auch gezielte Sanktionen gegen von Militär geführte Firmen. Außerdem verweist er auf die Dringlichkeit einer systematischen „Dokumentation der Menschenrechtsverletzungen des Militärs, um eine spätere Strafverfolgung zu ermöglichen“

Dr. Frithjof Schmidt, Mitglied im Auswärtigen Ausschuss, und Margarete Bause, Sprecherin für Menschenrechtspolitik von Bündnis90/Die Grünen, haben konkrete Vorstellungen, wie man gegen die Militärgewalt vorgehen kann. Die Sanktionen dürften nicht mehr nur die Militärangehörigen treffen, sondern auch die zwei großen Multikonzerne der Militärjunta, zu denen auch die Telekommunikationsfirma Mytel gehöre. Höchst alarmierend seien auch die Verstrickungen deutscher Unternehmen: „Der Münchner MAN-Konzern ist Großaktionär des chinesischen LKW-Herstellers Sinotruk, der das Militär mit Lastwagen beliefert und damit die schwersten Menschenrechtsverletzungen unterstützt. MAN muss ebenso wie der Münchner Geldnotendrucker Giesecke & Devrient und der Münchner Telekommunikationsspezialist ADVA umgehend seine Verstrickung in Gewaltverbrechen der Militärjunta aufklären und eine mögliche Beteiligung an Menschenrechtsverletzungen ausschließen.“

Nicht nur die deutsche Politik positioniert sich klar gegen das Militär in Myanmar, auch der Generalinspekteur der deutschen Bundeswehr Eberhard Zorn wies auf den eigentlichen Aufgabenbereich von staatlichen Sicherheitskräften auf twitter hin. Zusammen den USA, Australien, Kanada, Griechenland, Italien, Japan, Dänemark, Niederlande, Südkorea und Großbritannien unterzeichnete er die Erklärung „Verurteilung von militärisch geförderter Gewalt in Myanmar“.

Internationale Reaktionen

USA

Katherine Tai, US-Handelsbeauftragte, teilte am 29. März mit das Handels- und Investitionsabkommen von 2013 bis auf weiters auszusetzen, bis Myanmars gewählte Regierung wieder im Amt ist. Joe Biden verurteilt das brutale Vorgehen der Junta als absolut abscheulich. Nicht-essentielle Diplomat*innen der Vereinigten Staaten werden zusätzlich aus Myanmar abgezogen.

ASEAN und China

Die Gewalt, die sich gerade auf den Straßen Myanmars abspielt, trübt immer mehr das Image von ASEAN. Dem Bündnis wurde bereits in der Vergangenheit vorgehalten, seine eigene Menschenrechtscharta nicht konsequent einzuhalten. Immer wieder zieht sich das Bündnis hinter eine Politik der ‚Nichteinmischung‘ in innere Angelegenheiten der Mitgliedsstaaten zurück. Diese Politik könnte in internationalen Beziehungen negativ auf das Bündnis zurückfallen. So sei fraglich, ob die USA beim nächsten ASEAN-Gipfel sich mit der Junta an einen Tisch setzen wird. Mit dem Zuspitzen der Lage in Myanmar und der steigenden Zahl an Geflüchteten, die nach Schutz in den Nachbarländern suchen, verschärft sich auch die Situation in den Grenzregionen wie Thailand und Indien. Thailand, Kambodscha, Vietnam und die Philippinen haben es bisher vermieden sich kritisch zum Putsch zu äußern. Der malaysische Premierminister Muhyiddin Yassin hingegen äußerte sich schockiert über die anhaltende tödliche Gewalt gegen unbewaffnete Zivilisten. Der indonesische Präsident Joko Widodo forderte ein sofortiges Ende der Gewalt und kündigte an, dass er zusammen mit Brunei ein Sondertreffen der ASEAN einberufen werde. Am 27.03., zu Myanmars ‚Tag der Streitkräfte‘, nahmen auch Militär-Attachés aus den Nachbarländern Thailand, Vietnam, Laos, China und Indien teil, wie auch der stellvertretende russische Verteidigungsminister.

China verurteilt die Gewalt in Myanmar, wird aber dafür kritisiert seinen Einfluss nicht ausreichend zu nutzen. China ist an einer größtmöglichen Stabilität in Myanmar interessiert. Nicht zuletzt wegen der zahlreichen Investitionen, wie zum Beispiel in den Waren- und Rohstofftransport im Zuge des neuen Seidenstraßenprojektes. Nach Singapur sind sie der zweitgrößte Investor. Es sei Zeit für Deeskalation, Diplomatie und Dialog mit der Militärjunta, so Chinas UN-Botschafter Zhang Jung, mit Maßnahmen drohte er nicht.

Vereinte Nationen 

Der UN-Sonderberichterstatter für Myanmar, Tom Andrews, klagt an, dass die bisherige internationale Reaktionen auf den „Massenmord“, den das Militär an seiner Bevölkerung verübe, nicht ausreichend wären. Er fordert die Junta mit der Einstellung von Öl- und Gaszahlungen und einem Waffenembargo unter Druck zu setzen. Die Annäherung Russlands an das burmesischen Militärmachthaber könnte die Wirkung eines Waffenembargos schwächen. Nach Angaben des schwedischen think-tanks International Peace Research Institut in Stockholm, kamen bereits 16% der Waffen in Myanmar zwischen 2014 und 2019 aus Russland. Am vergangenen Freitag äußerte sich General Ming Aung Hlaing zur Beziehung zu Russland mit den Worten, dass das Land ein „echter Freund“ sei. Beobachter*innen vermuten, dass Myanmar besonders an der Kooperation mit Russland interessiert sei, um sich von der chinesischen Abhängigkeit zu befreien.

Am 31. März tagte der UN-Sicherheitsrat erneut zur Lage in Myanmar. Christine Schraner Burgener, UN-Sonderbeauftragte in Myanmar, warnte vor einem Bürgerkrieg und einem bevorstehenden ‚Blutbad‘, wenn nicht schnellstmöglich stärkere Maßnahmen ergriffen werden. Linda Thomas-Greenfield, die Botschafterin der USA bei den Vereinten Nationen, verwies auf die bereits von Amerika beschlossenen Sanktionen und kündigte weitere Unterstützung für die Zivilgesellschaft in Myanmar an. Auf Twitter forderte sie andere Nationen auf dem amerikanischen Beispiel zu folgen.
Bereits vor dem Treffen hatte Myanmars Vertreter vor den Vereinten Nationen, Kyaw Moe Tun, seine Sorge um die Sicherheit der Zivilbevölkerung zum Ausdruck gebracht und unverzüglich härtere Maßnahmen zur Wiederherstellung der Demokratie gefordert. Sein Appell an die UN: Das myanmarische Volk vor dem Militär zu schützen, allen Bedürftigen Hilfe zu gewähren, eine Flugverbotszone zu erklären, um künftige Luftangriffe zu verhindern, strengere Sanktionen zu verhängen, militärische Bankkonten einzufrieren und ein sofortiges Waffenembargo und die Aussetzung ausländischer Direktinvestitionen. Ein Diplomat, der anonym bleiben möchte, sage gegenüber CNN, dass die erwartete Stellungnahme der UN die tiefe Besorgnis des 15-Nationenrates zum Ausdruck bringen und das Militär zur Zurückhaltung aufgefordert werden könnte. Auch sei zu erwarten, dass das Militär dazu angehalten werde, den diplomatischen Bemühungen Schraner Burgeners entgegenzukommen. Dann hätte sich das Gremium erneut nicht auf wirkungsvolle Maßnahmen einigen können.

EU

Am 22. März verhängte die EU bereits gezielte Sanktionen gegen Junta-Chef Min Aung Hlaing und zehn seiner Militärs. Ein Einreiseverbot und das Einfrieren ausländischer Konten wurde beschlossen. Von Menschenrechtsorganisationen und Medien werden diese als nicht ausreichend kritisiert. Spätestens nach dem Blutbad am „Tag des Militärs“ steigt der Druck, über das weitere Vorgehen zu beraten. Nachdem Außenminister Maas sein Mitgefühl den Angehörigen der getöteten Protestierenden ausgedrückt hatte, kündigt er an: „Wir werden weiter mit unseren internationalen Partnern entschieden dafür eintreten, dass diese sinnlose Gewalt, die mit jedem Tag nur weiter ausufert, endet und Myanmar auf den Weg der Demokratie zurückkehren kann.“ Der EU Vertreter für Außen- und Sicherheitspolitik Josep Borrell äußerte sich einen Tag nach dem besagten Samstag wie folgt: „The EU is working tirelessly with key partners to stop this violence against Myanmar’s own people, to get a proper political process under way and to release all the detainees. We will continue to use the EU’s mechanisms, including sanctions, to target the perpetrators of this violence, and those responsible for turning back the clock on Myanmar’s path of democracy and peace. The perpetrators of these serious human rights violations must be held to account for their shameless acts.”

 

Zusammengestellt von Mia Kruska

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