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USAID-Stopp: Kambodschanische Menschenrechts-NGO verliert 74% ihres Budgets

ADHOC Website
Der Wegfall der Förderung durch USAID ist ein schwerer Schlag für die Arbeit zivilgesellschaftlicher Organisationen. In Kambodscha ist die renommierte Menschenrechtsorganisation ADHOC besonders betroffen. (Screenshot Website von ADHOC mit angebrachter Änderung)

Die Folgen des USAID-Rückzugs für Kambodschas Zivilgesellschaft sind katastrophal. Interview mit der NGO ADHOC, die stark betroffen ist.

ADHOC (Cambodian Human Rights and Development Association) ist eine kambodschanische Menschenrechtsorganisation. Sie hilft Opfern von Menschenrechtsverletzungen und macht Aufklärungsarbeit zu Menschenrechten, Bürgerrechten und Demokratie sowie Menschenhandel. Vor dem Rückzug von USAID hatte ADHOC Büros in allen kambodschanischen Provinzen und konnte so bis auf Gemeindeebene Menschen unterstützen.

Wir haben mit Savey Phin, der ADHOC leitet, über die Auswirkungen des Rückzugs der US-Entwicklungshilfe gesprochen.

Wie hart trifft Sie der Wegfall der USAID-Förderung?

Der Rückzug hat uns hart getroffen – unser Jahresetat ist um 74 % geschrumpft. Wir hatten einen Fünfjahresvertrag mit USAID über fünf Millionen US-Dollar, der erst vergangenes Jahr begonnen hatte. Kurz nachdem wir ins zweite Projektjahr starteten, kam das plötzliche Aus. Die Rate für Januar 2025 haben wir noch erhalten.

Wie wurden Sie darüber informiert?

Als die USA die Einstellung von USAID ankündigten, wussten wir bereits, dass wir mit einer schlechten Nachricht rechnen mussten. Alle waren schockiert. Ende Februar erhielten wir dann per E-Mail sowie mit der Post ein offizielles Schreiben über den Stopp unserer Förderung. Das war's.

Programme auf Sparflamme

Was bedeutet der Wegfall der Förderung konkret für Ihre Projekte?

ADHOCH Kambodscha Workshop MenschenrechteWir mussten Projektaktivitäten stark kürzen oder einstellen. Dazu gehören die Stärkung der Gemeinschaften mit Trainings, Schulungen zur Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechtsbildung, Aufklärungskampagnen über Menschenhandel, Unterstützung von Menschenrechts- und Communitynetzwerken. Wir können derzeit auch kaum Gerichtsprozesse begleiten.

Welche Arbeit kann ADHOC aktuell noch leisten?

Durch weitere Projekte, die von anderen Gebern finanziert werden, können wir weiter Monitoring und Rechtsberatung machen. Und wir können immer noch einige Schulungen, Workshops und Netzwerkaktivitäten durchführen, aber eben viel weniger als noch im vergangenen Jahr.

Wir mussten 16 Büros schließen

Entlassungen, Schließungen von Lokalbüros

Wie versuchen Sie, den Verlust der US-Finanzierung zu kompensieren?

Von unseren 22 Provinzbüros mussten wir 16 schließen. In den verbleibenden 6 Büros sprachen wir mit den Vermietern. Viele zeigten Verständnis für unsere Situation und haben uns bis zu 50 % der Miete erlassen.

Vor dem USAID-Rückzug hatten wir 86 Mitarbeiter:innen, etwa 30 in Phnom Penh und 50 in den Provinzen. Seit Februar haben wir 36 Personen, die Vollzeit gearbeitet haben, entlassen. Dazu kamen einige Entlassungen von Teilzeitkräften. Wir haben jetzt noch knapp 40 Mitarbeiter:innen.

Wie gehen Ihre verbliebenen Mitarbeiter:innen mit dieser Situation um?

Wir sind alle besorgt. Einige der verbliebenen Mitarbeiter:innen haben sich bereit erklärt, für deutlich weniger Gehalt weiter zu arbeiten. Auf diese Weise können wir Kosten einsparen.

Große Finanzlücken

Was ist mit Geldern durch andere Geber? Kann jemand einspringen?

Seit Februar suchen wir gemeinsam mit anderen betroffenen kambodschanischen NGOs neue Geldgeber. Wir trafen uns mit der EU-Delegation in Kambodscha und einigen Botschaften in Phnom Penh, um Unterstützung anzufragen und mögliche Lösungen zu diskutieren. Zudem besuchten wir andere Botschaften in Bangkok. Wir haben auch mit internationalen Organisationen und Hilfswerken gesprochen. Bisher wird nur die EU einige NGOs zusätzlich unterstützen und etwas der fehlenden Mittel ersetzen, aber bei weitem nicht alles. Unser internationales Netzwerk versucht uns dabei zu unterstützen.

Was werden Sie in den nächsten Monaten tun, um mit dieser Situation fertig zu werden?

Wir werden zum einen versuchen, andere Finanzierungsmöglichkeiten zu finden, und zum anderen weiter Geld sparen. Das hat allerdings seine Grenzen. Wenn keine Geldgeber einspringen, werden wir weitere Mitarbeiter:innen entlassen und mehr Büros schließen müssen. Schließlich werden wir unsere Aktivitäten noch weiter reduzieren müssen.

Es wird weniger Unterstützung für Gemeinschaften geben

Welche Auswirkungen wird das für die Menschen in Kambodscha haben?

Insbesondere marginalisierte Gemeinschaften, v.a. indigene Gruppen im Nordosten des Landes, werden künftig weniger Unterstützung erhalten. Insgesamt wird es weniger Aufklärungs- und Bildungsarbeit zu unseren Themen geben. Ansprechpartner:innen für Betroffene, besonders auf Gemeindeebene, und ganze Netzwerke fallen weg. Es wird weniger Rechtsbeistand für von Menschenrechtsverletzungen betroffene Bürger:innen und Gemeinden geben.

Wenn unsere Arbeit wegfällt, bleiben viele schutzlos. Probleme wie Menschenhandel könnten sich verschlimmern. Menschen aus ländlichen Regionen Kambodschas sind ohne entsprechende Aufklärungsarbeit schlechter auf Risiken vorbereitet, z.B. bei Jobangeboten aus dem Ausland. Oft erkennen sie die Mechanismen hinter Lockangeboten nicht, darunter auch solche, die in Scam-Zentren führen können.

 

Savey Phin ist Generalsekretär der Menschenrechtsorganisation ADHOC. Raphael Göpel von der Stiftung Asienhaus hat ihn Anfang April 2025 interviewt.

Bildnachweise – Foto 1: Screenshot mit Änderungen ADHOC Website, Foto 2 und 3: ADHOC

 

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