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Menschenrechtsarbeit in Kambodscha: "Wir verlieren den Kontakt zur Basis"

Workshop CCHR Kambodscha
Workshops für Landrechtsaktivist:innen und Fischereigemeinden werden in Zukunft deutlich reduziert (Foto:CCHR)

Durch den Stopp von USAID sinkt die Förderung von Menschenrechtsarbeit in Kambodscha dramatisch. Der Direktor der NGO CCHR warnt vor den Folgen.

Das Cambodian Centre for Human Rights (CCHR) ist eine kambodschanische Nichtregierungsorganisation, die sich für die Förderung und den Schutz der Demokratie sowie für die Achtung der Menschenrechte in Kambodscha einsetzt. Wir haben mit dem Direktor Sovathana Seng über die Folgen des Endes der USAID-Förderung gesprochen.

Welche Aktivitäten konnten Sie mit der USAID-Förderung umsetzen?

Youth Camp CambodiaDie Förderung ermöglichte uns Rechtsberatungen und Rechtsbeistand sowie Schulungen zu rechtsstaatlichen Prinzipien und Menschenrechten. CCHR hat Gemeinschaften, Menschenrechtsverteidiger:innen und Umweltaktivist:innen unterstützt, und bedrohten Journalist:innen geholfen.

Mit den Projektgeldern konnten wir Gemeinschaften in ganz Kambodscha in Landkonflikten und bei illegaler Abholzung ihrer Wälder, sowie Fischereigemeinden in den Küstengebieten rechtlich unterstützen. Das waren vor allem Fälle in Provinzen wie Koh Kong, Kampong Speu, Oddor Meanchey, Kratie, Preah Vihear und mit indigenen Gemeinschaften im Nordosten Kambodschas. Zudem beobachteten wir Gerichtsverfahren und Fälle von Menschenrechtsverletzungen. Mit den Rechtsschulungen konnten wir zur Konfliktprävention beigetragen. Darf ich zwei Stimmen aus betroffenen Gemeinschaften teilen?

Natürlich.

Eine Betroffene eines Landkonflikts sagte zum Projektstopp:

„Ich bin sehr traurig, dies zu hören. Meine Gemeinschaft hat mit großen Problemen zu kämpfen. Wir brauchen dringend Unterstützung, insbesondere Rechtsbeistand, da wir weiterhin einen Gerichtsprozess haben.“

Eine zweite Person aus Koh Kong teilte mir mit:

„Ich hoffe, dass wir wieder Beistand bekommen. Ohne diese Hilfe stehen wir vor großen Schwierigkeiten“.

Weniger Unterstützung für lokales zivilgesellschaftliches Engagement

Das ist sehr traurig zu hören. Wir können uns die Tragweite des Förderstopps vorstellen. Eine Frage zur lokalen Ebene: Werden nun engagierte Menschen in Gemeinschaften von Informationen, Rechtsbeistand und Bildung abgeschnitten?

Jugendcamp KambodschaMit der Förderung durch USAID konnten wir zivilgesellschaftliches Engagement auf lokaler Ebene unterstützen. Das ist in dieser Form nicht mehr möglich. CCHR muss die Unterstützung für die Gemeinschaften zurückfahren, d. h. für die lokalen Initiativen, für die Aktivist:innen und die Basisgruppen.

Menschen, die sich in den Dörfern engagieren, haben keine Ansprechpartner:innen mehr, können sich keinen Rat einholen, die Rechtsberatung fehlt. Aber es gibt kaum eine Alternative. Zudem verschärft es die Folgen des Klimawandels, wenn die Arbeit von Menschenrechtsorganisationen reduziert wird. Das wird von vielen Beobachter:innen übersehen.

Warum wird das übersehen? Sind es nicht vornehmlich Umweltschützer:innen oder Umweltorganisationen, die sich mit dem Klimawandel beschäftigen?

Lass uns über die Abholzung sprechen: Beobachtende Umweltorganisationen und Medien werden darüber von lokalen Aktivist:innen informiert. Diese gehen in den Wald und stellen die illegalen Rodungen fest, sie kennen ihre Gegend. Wir werden diese Verbindung zur lokalen Ebene verlieren. Ohne uns gibt es kein Monitoring des illegalen Holzeinschlags in den Wäldern, der in Kambodscha weit verbreitet ist. Diese massiven Abholzungen haben nicht nur Auswirkungen auf Kambodscha, denn der Klimawandel ist bekanntlich global.

Wenn man die Wälder schützen will, braucht man Nichtregierungsorganisationen, die die lokalen Aktivist:innen unterstützen, mit ihnen sprechen und sich mit ihnen vernetzen. Ohne sie gibt es weniger Transparenz, mehr illegalen Holzeinschlag und am Ende mehr negative Auswirkungen auf das Klima. Geldgeber fördern hier eher Naturschutz-NGOs, aber es geht auch darum, den Umweltaktivist:innen Rechtsbeistand und Beratung zu gewähren, weil sie sich für Klima- und Umweltgerechtigkeit einsetzen.

Wie haben Sie die Einstellung der Förderung erlebt?

Wir haben zunächst einen Brief bekommen, dass die Finanzierung aller Aktivitäten für drei Monate pausiert. Dann erhielten wir ein weiteres Schreiben, in dem uns mitgeteilt wurde, dass die Finanzierung unserer Fünfjahresverträge beendet ist und eingestellt wird.

Wenn man es mit der kürzlichen Einstellung unserer Projekte mit SIDA (Swedish International Development Cooperation Agency, die schwedische Behörde für Entwicklungszusammenarbeit) vergleicht, war das ganz anders. Wir wurden im Voraus informiert (Anmerkung: Schweden stellte seine bilaterale Entwicklungszusammenarbeit mit Kambodscha 2024 ein, somit beendete SIDA seine Förderungen im Land) und hatten Zeit, um nach anderen Finanzierungsmöglichkeiten zu suchen. Es gab Gespräche, SIDA-Mitarbeiter:innen kamen zu uns ins Büro und halfen uns, machten Vorschläge und vernetzten uns. Das Ende der Förderung durch SIDA war bedauerlich, aber der Ausstieg erfolgte auf eine gute Art und Weise.

Weniger Menschenrechtsbeobachtung in abgelegenen Provinzen

Wie haben Sie bisher die neue Situation bewältigt?

CCHR hat 40 % seines Jahresbudgets verloren, mittlerweile haben wir weniger Personal, da wir die Verträge von 8 Mitarbeiter:innen kündigen mussten. Jetzt haben wir noch 25 Mitarbeiter:innen. Wir haben unsere Aktivitäten reduziert, d.h. weniger Schulungen, weniger Rechtsbeistand und weniger Unterstützung für die Gemeinschaften.

Es gibt zudem weniger Kapazitäten für Menschenrechtsbeobachtung und die Berichterstattung, insbesondere in den abgelegenen Provinzen, wo es um Landraub sowie die Verletzungen von Umweltrechten und indigenen Landrechten geht. Daneben können wir keine medizinische Behandlungen für Landaktivist:innen, Gewerkschaften und Jugendaktivist:innen mehr ermöglichen. Dabei ist es gerade auch die psychosoziale Betreuung, der häufig zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird.

Warum kommt die psychosoziale Hilfe zu kurz?

Die Bedeutung der psychischen Gesundheitsfürsorge wird oft übersehen. Aber Menschen, die zehn Jahre lang mit Konflikten zu tun haben, sind davon geprägt. Sie sind krank, müde, sie sind psychisch belastet. Wir haben umfangreiche psychosoziale Betreuung für Menschenrechtsverteidiger:innen, Landaktivist:innen und weitere von Landkonflikten betroffene Menschen angeboten.

„Die Zahl der potenziellen Geldgeber ist begrenzt“

Wie versuchen Sie, die Finanzierungslücke zu schließen?

Indem wir versucht haben die Gemeinkosten zu senken, und etwas weniger Gehalt zahlen. Natürlich haben wir nach neuen Finanzierungsmöglichkeiten gesucht. Doch die Zahl der potenziellen Geldgeber ist begrenzt.

Glauben Sie, dass Sie andere Geldgeber finden?

Das wäre die einfachste Lösung, aber es ist sehr schwierig. Zuvor hat uns schon der Rückzug von SIDA hart getroffen. Im Moment haben wir keine großen Erwartungen. Wir hoffen, dass die EU und die europäischen Länder ihr Engagement für kambodschanische NGOs ausbauen. Aber es ist eben nicht nur Kambodscha. Es ist wichtig, dass weltweit die betroffene Zivilgesellschaft unterstützt wird.

Was können wir als europäische Partner der kambodschanischen Zivilgesellschaft tun?

Wir hoffen, dass uns zivilgesellschaftliche Organisationen in Ländern wie Deutschland bei der Bewältigung dieser Herausforderung unterstützen. Jeder, wie er kann.

Sovathana SengSovathana Seng ist seit 2025 geschäftsführender Direktor des Cambodian Center for Human Rights (CCHR). Er hat zuvor über 20 Jahre mit und für kambodschanische und internationale NGOs gearbeitet, die sich für Landrechte, Ressourcen und die Rechte indigener Völker einsetzen. Raphael Göpel von der Stiftung Asienhaus hat ihn im April 2025 interviewt.

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