Die wiederholte Ablehnung des Budgetplans im Parlament führte dazu, dass Präsident Guterres im Januar seiner verfassungsmäßigen Aufgabe nach kam und das Parlament auflöste. Die Opposition konnte sich bei der Neuwahl durchsetzen und eine absolute Mehrheit erlangen.
Freie und faire Parlamentswahlen
Die Stimmabgabe am 12. Mai verlief weitgehend friedlich. Mit fast 81 Prozent stieg die Wahlbeteiligung im Vergleich zum Vorjahr um fünf Prozentpunkte und nationale wie auch internationale Wahlbeobachter bezeichneten die Wahl als frei, fair und transparent. Die zwei Wahlorganisationen des Landes die Comissão Nacional de Eleições (CNE) und die Secreteriado Técnico de Administração Eleitoral (STAE) wurden für ihre hervorragende Arbeit angesichts der geringen Vorbereitungszeit und des knappen Budgets gelobt. Lediglich am Wochenende vor der Wahl kam es zu einer gewalttätigen Auseinandersetzung zwischen Unterstützern der beiden größten Parteien Congresso Nacional de Reconstrução Timorense (CNRT) und Frente Revolucionária de Timor-Leste Independente (FRETILIN). In der letzten Wahlkampfwoche haben insbesondere persönliche Angriffe, Korruptions- und Betrugsvorwürfe auf den Social Media Plattformen den politischen Diskurs dominiert. Das Wahlergebnis schafft jetzt die notwendige Voraussetzung für ein stabiles politisches Umfeld in dem sich vor allem die angeschlagene Wirtschaft Timor-Lestes wieder erholen kann.
Wahlergebnis
Mit 34 von 65 Sitzen hat die Aliansa Mudansa ba Progresu (AMP) die absolute Mehrheit im Parlament erlangt. Die AMP ist eine Koalition bestehend aus CNRT, Partidu Libertasaun Popular (PLP) und Kmanek Haburas Unidade Nasional Timor Oan (KHUNTO). Sie löst damit die Minderheitsregierung bestehend aus FRETILIN und Partido Democrático (PD) ab. Diese bildete sich nachdem die geplante große Koalition, bestehend aus FRETILIN und CNRT im Anschluss an die Wahl 2017 zerbrach.
FRETILIN konnte sich erneut 23 Parlamentssitze sichern und ist damit stärkste Oppositionskraft. Eine 2/3-Mehrheit ist daher ohne FRETILIN rechnerisch nicht erreichbar. Ein „Durchregieren“ ohne Opposition und Präsident ist für die AMP damit unmöglich. Die Parteizugehörigkeit Francisco Guterres zur FRETILIN sichert dies zusätzlich ab. Da die Wirtschaft Timor-Lestes unter der politischen Instabilität der vergangenen Monate litt, wäre ein weiterer Aufschub politischer Entscheidungen gegenüber der Bevölkerung nur schwer zu rechtfertigen. Es ist daher nicht zu erwarten, dass der erste nichtparteilose Präsident Timor-Lestes von seinem Vetorecht bei der Planung des Staatshaushaltes Gebrauch machen wird.
Die neue Frenti Dezenvolvimentu Demokrátiku (FDD) und die PD gewannen jeweils drei und fünf Sitze. Ob sich die FDD der AMP anschließt oder ebenfalls in die Opposition geht, werden die kommenden Verhandlungsgespräche zwischen den Parteien zeigen müssen. Die PD kündigte bereits an konstruktive Oppositionsarbeit leisten zu wollen.
Die Wahlversprechen der AMP-Parteien liegen teilweise weit auseinander. Sie reichen von hochwertigen Infrastrukturprojekten, über den Ausbau des Gesundheits- und Bildungswesen bis hin zur Schaffung von mehr Arbeitsplätzen für die junge Bevölkerung. Die CNRT unter Xanana Gusmão hat in der Vergangenheit meist auf große Infrastrukturvorhaben gesetzt. Eine Vorgehensweise die von der Zivilgesellschaft des Landes kritisch gesehen wird, denn mangelnde Aufsicht, fragwürdiger Nutzen und eine Finanzierung durch schwindenden Öl- und Gasprofite sind gravierende Probleme solcher Großprojekte. Taur Matan Ruak der Parteivorsitzende der PLP sieht mehr Investitionsbedarf im Bildungs- und Gesundheitssystem sowie im Ausbau des Agrarsektors. Während des Wahlkampfes gestand Gusmão Fehler vergangener Regierungen ein und verwies in Hinsicht auf Staatsausgaben auf seine Partner der PLP und KHUNTO. Es ist davon auszugehen, dass vorerst erneut Gusmão Premierminister wird, in wie weit er sich dann auf die Ideen seiner Koalitionspartner einlässt bleibt abzuwarten.
Zum Weiterlesen:
14.05.2018 Timor-Leste a vote for certainty
16.05.2018 Timor-Leste finally has a government now what
30.05.2018 Observation Report for the 2018 Parliamentary Elections
Rafael Klabisch