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China und der Putsch in Myanmar

Myanmar-China Border Yanlonkyine Gate, near Laukkaing
Myanmar-China Border Yanlonkyine Gate, near Laukkaing (Wikimedia Commons, Paingpeace)

Im Februar kam es zu einem Putsch durch das Militär in Myanmar. Seitdem eskalierte die Lage im Land. China beruft sich bei der Bewertung auf das Prinzip der "Nichteinmischung". Die Beziehungen beider Länder sind jedoch eng und vielschichtig.

Unter der Regierung der National League for Democracy (NLD) seit 2015 haben sich die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen China und Myanmar intensiviert. Myanmar spielt für China eine wichtige Rolle im Rahmen der Belt and Road Initiative (BRI). Seine Küste eröffnet dem chinesischen Markt einen Zugang über Land zum Indischen Ozean. Staatskonzerne wie die China National Petroleum Corporation (CNPC) haben z.B. in eine Öl- und Gas-Pipeline quer durch Myanmar investiert. Sie soll die Energieversorgung der südwestchinesischen Provinz Yunnan nachhaltig gewährleisten. Kurz vor dem Putsch hatten sich noch Regierungsvertreter*innen beider Seiten zu Verhandlungen über den China-Myanmar Economic Corridor (CMEC) getroffen.

Die aktuelle Situation in Myanmar bringt die chinesische Regierung in vielerlei Hinsicht in eine schwierige Position, so verwoben sind Akteur*innen und Interessen beider Länder.

Erstens, es existieren nicht erst seit dem Putsch anti-chinesische Ressentiments in der Bevölkerung Myanmars. Dazu gehören die Besorgnis über die wirtschaftliche Abhängigkeit vom Nachbarland sowie Vorurteile gegenüber chinesischen Immigrant*innen. Aktuell wird der chinesischen Regierung eine mangelnde Distanz gegenüber der Militärregierung vorgeworfen. So kam es zu Protesten vor der chinesischen Botschaft in der Hauptstadt Yangon. Chinas Botschafter Chen Hai betonte die guten Beziehung seiner Regierung zur NLD und unterstrich vorab keine Kenntnisse vom Putsch gehabt zu haben. Das Prinzip der "Nichteinmischung" in die inneren Angelegenheiten anderer Länder wird der Regierung im Falle Myanmars und insbesondere durch die abgesetzte Regierung sowie Teile der Bevölkerung als Unterstützung der Militärregierung ausgelegt.

Zweitens, die derzeitige Instabilität in Myanmar bedroht chinesische Investitionen. Arbeiter*innen bestreikten von chinesischen Unternehmen betriebene Kupferminen. Chinesische Textilfabriken wurden in Brand gesetzt. Es ist fraglich, ob die neue Militärregierung eine Deeskalation herbeiführen kann. Sie will das Land weniger wirtschaftlich abhängig von China machen. Die chinesische Regierung sieht die langfristige Zusammenarbeit im Rahmen der BRI in Gefahr. Diese ist für Peking aufgrund des andauernden Handelskonfliktes mit den USA aber von großer Bedeutung. Gleichzeitig wurden innerhalb Chinas Fragen nach dem Verbleib und der Sicherheit chinesischer Unternehmen und Angestellte in Myanmar laut.

Drittens, bewaffnete Konflikte im Grenzgebiet Myanmars zu China wirken sich auf angrenzende chinesische Regionen aus. Es bestehen enge Verbindungen zwischen den Einwohner*innen auf beiden Seiten der Grenze. In den Staaten Kachin und Shan leben fast ausschließlich ethnische Minderheiten, die zum Teil auch auf chinesischer Seite leben. Diese haben eigene bewaffnete Einheiten aufgestellt, die sich nicht erst seit dem Putsch im Konflikt mit der Armee Myanmars, der Tatmadaw, befinden. Die Grenzregionen sind seit Langem Anlaufpunkt für Vertriebene. Im Gegensatz zu Thailand hat die chinesische Regierung nicht vor, seine Grenzen für Geflüchtete zu öffnen. Bisher profitierten die Grenzregionen auf beiden Seiten vom Handel. Im Zuge der BRI bzw. des CMEC wurde das Konfliktpotential dieser wirtschaftlichen Aktivitäten jedoch deutlich. Lokale ethnische Minderheiten fürchten durch die Zentralisierung des Handels mit China den Verlust ihrer Einnahmequellen. Infrastrukturprojekte führten zu Landraub ohne eine Beteiligung lokaler Regierungsvertreter*innen in der Planung.

Die chinesische Regierung hat sich nach anfänglichem Herunterspielen der Ereignisse mittlerweile recht deutlich geäußert. Der chinesische Botschafter forderte die Freilassung Aung San Suu Kyis und anderer Mitglieder der NLD. Peking will eine politische Lösung der Auseinandersetzung im Land. Wiederholt wurden die guten Beziehungen zur zivilen Regierung betont und direkt Kontakt mit ihr aufgenommen. Grundsätzlich vertritt die chinesische Regierung eine pragmatische Haltung und ist zur Zusammenarbeit mit der Militärregierung bereit. Durch das blutige Vorgehen dieser würde eine enge Kooperation allerdings Chinas internationalen Ruf schädigen und die Ablehnung durch die Bevölkerung vertiefen. Da die Volksrepublik Kontakt zu allen am Konflikt beteiligten Parteien unterhält, könnte sie als Mediatorin auftreten. Es bleibt abzuwarten, ob Peking diese Rolle als Teil ihrer eigenen (vor allem wirtschaftlichen) Interessen im Land sieht.

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