Die Parteien in Timor-Leste hielten ihre Programme zumeist recht vage, stellen beispielsweise Investition in Megaprojekte heraus, versprechen größere ökonomische Vielfalt, sowie mehr Arbeitsplätze. Dabei fehle es aber an handfesten Aussagen darüber, wie diese Ziele erreicht werden sollen, kritisiert die NGO Fundasaun Mahein (FM). Die Mission der NGO liegt darin, den Sicherheitssektor durch die Partizipation der Bevölkerung an der Entwicklung von Gesetzen und Richtlinien zu stärken. FM fordert von Parteien Antworten auf neun sicherheitsrelevante Bereiche, die wir hier zusammengefasst wiedergeben:
1. Gewalt von Kampfsportgruppen: Im vergangenem Jahr legalisierte die Regierung drei Gruppen, die aber weiterhin gesetzeswidrig handeln. Der Polizei (PNTL) fehlt es an Ressourcen um diese Problematik zu begegnen. Die NGO schlägt daher die Einführung eines Neighborhood-Watch-Netzwerks, sowie mehr Kapazitäten für die Gemeindepolizei vor. Zudem fragt FM nach der Strategie der politischen Parteien im Umgang mit diesen Kampfsportgruppen und der daraus resultierenden Gewalt.
2. Das Strafjustizsystem: Die langwierige Verzögerung in der Bearbeitung von Fällen hat zur Folge, dass die grundlegende Abschreckungsfunktion des Justizsystems untergraben wird, die Straßenkriminalität zunimmt und die Strafverfolgung weiter überlastet wird. Eine friedliche und demokratische Rechtsgesellschaft kann ohne eine funktionierende Justiz nicht funktionieren. Fundasaun Mahein und andere zivilgesellschaftliche Gruppen fordern daher eine Überarbeitung des Justizsystems.
3. Jugendarbeitslosigkeit, Bildung und Freizeiteinrichtungen: Der große Mangel an Bildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten und sowie an Freizeiteinrichtungen führt zur Frustration der jüngeren Generation, welche sich in Gewalt etwa innerhalb des Kampfsportes äußert. Wenn die Zukunft der jüngeren Generation gefährdet ist, sind die Sicherheit und das Wohlergehen von Timor-Leste insgesamt gefährdet. FM fordert für diese Bereiche zum wiederholten Mal deutlich mehr staatliche Investitionen.
4. Korruption: Die Veruntreuung von öffentlichen Geldern führt dazu, dass weniger Ressourcen für die Sektoren zur Verfügung stehen, die eine stabile soziale Ordnung herstellen. Die Antikorruptionskommission (CAC) besitzt nur Ermittlungsbefugnis. Ein Schritt in die richtige Richten, so FM, wäre, der CAC auch die Befugnis zur Strafverfolgung zu geben.
5. Verschwenderische Staatsausgaben: FM stellt die Frage inwieweit staatliche Ausgaben sinnvoll getätigt werden. Investitionen in Megaprojekte, lebenslange Pensionen an bestimmte Gruppen und der Kauf von teurer militärischer Ausrüstung und Waffen haben zur Folge, dass die finanziellen Ressourcen für die eigene Bevölkerung gering sind. Die NGO verlangt daher eine zuvor festgelegte Politik, auf Basis derer das staatliche Budget verwaltet wird.
6. Eigennützige Politiker: FM beobachtete, dass politische Ämter aufgrund von Parteizugehörigkeit und Verbindungen vergeben und nicht aufgrund von Fachwissen und Fähigkeiten. Zudem wird meist nach Abtritt eines Regierungsbeamten sein Amt von dessen Freunden oder Familienmitgliedern neu besetzt. Folglich werden überwiegend persönliche Anliegen und nicht das nationale Interesse verfolgt. FM fordert dieses Fehlverhalten zu beseitigen.
7. Die Erschöpfung des Petroleum Fund: Timor-Leste einziges produktives Ölfeld ist nahezu ausgebeutet. Die starke Abhängigkeit des timoresischen Staates von den Einnahmen des Öl- und Gas Fonds bieten keine guten Zukunftsaussichten. Die Weltbank geht davon aus, dass sich dieser Fond bis 2034 vollkommen erschöpft haben wird. An dieser Stelle kommt eine Mitgliedschaft in ASEAN ins Spiel, von dem sich die timoresischen Politiker einen wirtschaftlichen Ausgleich und ausländische Investitionen versprechen. FM verlangt von den Parteien realistisch und genau die Optionen für diesen Wirtschaftswandel aufzuzeigen.
8. ASEAN-Beitritt, Kosten und Kriminalität: Ein ökonomischer Nutzen durch ASEAN wird nicht unverzüglich geschehen. Vielmehr wird in den Anfangsjahren die Mitgliedschaft recht kostspielig für das Budget von Timor-Leste sein. Der durch das ASEAN Bündnis entstehende freiere grenzüberschreitende Waren-, Personen- und Dienstleistungsverkehr besitzt jedoch auch Schattenseiten. Fundasaun Mahein fragt daher nach der Strategie, wie die Parteien gegen Drogenschmuggel, Menschenhandel und Geldwäsche vorgehen werden.
9. Die Kontrolle von Schusswaffen: Zum momentanem Zeitpunkt häufen sich Straftaten aufgrund von Gebrauch bzw. Missbrauch von Schusswaffen. Des Öfteren kam es zu Waffenschmuggel aus dem Ausland und zu einem Verschwinden von Militärwaffen bei der Polizei oder dem Sicherheitsdienst. Mindestens Hunderte von Waffen werden vom Staat nicht registriert, da es keine Lizenzierungssysteme gibt. Die NGO fordert daher eine verstärkte Kontrolle von Schusswaffen.
Die nächste fünfjährige Wahlperiode sei entscheidend für die Zukunft von Timor-Leste, denn es sei die letzte Möglichkeit für die 1975er Generation zu regieren. Noch immer zeigten geschichtlichen Widerstandsführer wenig Tendenz abzutreten, sodass der Weg für die jüngere Generation nach wie vor nicht gänzlich frei ist. Es fehle daher an Möglichkeiten für die jüngeren Politiker die timoresische Politik zu prägen und aktiv zu gestalten. Fundasaun Mahein fordern daher die bisherige politische Führung auf, die Zukunft von Timor-Leste in die Hände der jüngeren Generation zu übergeben.
Zur Analyse: Nine National Security Questions for Political Leaders to Address in the 2023 Election
Link zur Mission, Aufgabe und Ziele von Fundasaun Mahein.